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Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz

Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz

Titel: Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz
Autoren: Sharon Page
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es schien, als würde sich dieser Tag ewig Zeit lassen, bis er endlich kam. Und nun war sie verschuldet. Hoch verschuldet.
    „Ein Penny für deine Gedanken.“
    „Fünf Schilling wären da schon ein interessanteres Angebot“, antwortete sie ihrer Schwester in scherzhaftem Ton. Oder fünfhundert Pfund. Oder fünftausend, fügte sie in Gedanken hinzu.
    „Wie bitte?“ Venetia, deren Hand anmutig auf dem gewölbten Bauch ruhte, kam den Gartenpfad entlang. Sie blieb für einen Moment stehen, um ihr Gesicht an die kühlen Blütenblätter einer Rose zu halten.
    Unauffällig schob Maryanne das Manuskript beiseite. „Nichts“, murmelte sie, obwohl sie den vertrauten Druck in der Magengegend spürte.
    Fünftausend Pfund. Das war eine unglaublich große Summe, und sie konnte immer noch nicht verstehen, wofür sie all das Geld ausgegeben hatte. Aber da waren so viele bedürftige Frauen gewesen, so viele Kinder ohne Zukunft. Und Georgiana hatte sich im Laufe der Zeit weitaus mehr Geld von ihrem Verlag „geliehen“, als sie geglaubt hatte …
    Der Wind spielte mit den Blättern der Bäume und mit den Bändern ihrer Haube. Aber er spielte nicht mit Miss Plimptons Manuskript. Nein – er blies kräftig zwischen die Seiten, wehte sie auf den Steinweg und ließ sie auf ihre Schwester zuflattern.
    Zu Maryannes Glück konnte Venetia sich nicht mehr schnell bewegen und sich erst recht nicht bücken.
    „Du liebe Güte!“ Maryanne jagte den umherwehenden weißen Blättern hinterher und stellte ihre Füße in den leichten Schuhen auf zwei von ihnen. Dann kniete sie sich hin und hob sie auf.
    „Arbeitest du an einem neuen Buch?“
    „Ab und zu“, keuchte sie. Das war nicht gelogen. Sie arbeitete tatsächlich an dem Buch.
    Die harten Kanten der Steine schnitten sie in die Knie, als sie nach den Blättern griff. Sie raffte die Seiten so hastig zusammen, dass sie sie dabei zerknitterte. Früher hatte Venetia ihre Mutter und ihre Schwestern finanziell unterstützt, indem sie erotische Bilder malte, wozu sie das Talent von Rodesson, ihrem skandalumwitterten Vater, geerbt hatte. Doch das war lange her, und jetzt würde Venetia einen Anfall bekommen, wenn sie erfuhr, dass Maryanne erotische Romane herausgab, und zwar in Zusammenarbeit mit einer stadtbekannten Kurtisane. Romane der Leidenschaft, wie Georgiana die Werke zu nennen pflegte.
    Sie verkauften sich sehr gut. Gentlemen liebten die Bücher.
    Wenn sie ehrlich war, konnte Maryanne sie verstehen. Die Romane waren wie reife Kirschen – wenn man erst einmal eine gegessen hatte, verlangte man nach mehr.
    Sie wollte Venetia nicht aufregen. Aber sie konnte ihre Arbeit nicht aufgeben – nicht in der augenblicklich so schwierigen Lage.
    Als sie Tillie Plimptons Meisterwerk eingesammelt hatte und sich wieder vom Boden hochrappelte, sah sie, dass Venetia sich soeben vorsichtig auf der schmiedeeisernen Bank niederließ. „Darf ich mal hineinsehen?“ Ihre Schwester deutete auf das Manuskript.
    Maryanne senkte den Kopf. „Oh nein. Es ist noch nicht fertig.“
    Als würde sie das Argument ihrer Schwester verstehen, nickte Venetia, aber natürlich hatte sie keine Ahnung, worum es ging. Und Venetia würde kein Verständnis haben, wenn sie die Wahrheit erfuhr. Mit der Heirat von Marcus Wyndham, Earl of Trent, hatte Venetia ihre Familie gerettet. Infolge dieser Heirat verfügte Maryanne nun über eine Mitgift, deren Betrag Schauer über ihren Rücken jagte und ihre Knie zum Zittern brachte. Selbstverständlich durfte sie nichts von dem Geld ausgeben, obwohl sie es so verzweifelt brauchte.
    Ein großer Teil der Summe würde in ihrem persönlichen Besitz bleiben, wenn sie heiratete. Aber das erforderte, dass sie sich an einen der Heiratskandidaten band, mit denen sie bei Almack’s tanzte. Und Männer, die bei Almack’s tanzten, waren nicht die Sorte Männer, von denen man sich vorstellen konnte, dass sie sich im Theater mit wilder Hemmungslosigkeit der Liebe hingaben, wie sie es soeben in dem Manuskript gelesen hatte.
    „Du musst keine Angst davor haben, es mir zu zeigen. Schließlich wirst du eines Tages einen Herausgeber einen Blick darauf werfen lassen müssen.“
    Maryanne unterdrückte ein Kichern. Sie war eine Herausgeberin! Jedenfalls führte sie Georgianas Geschäft, weil Georgiana wieder einmal verschwunden war. Zweifellos hatte ihre Geschäftspartnerin die Jagd nach einem neuen Liebhaber aufgenommen, der wegen der Schnitzeljagd die Stadt verlassen hatte, und bei diesem Gedanken
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