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Samtheiß

Samtheiß

Titel: Samtheiß
Autoren: Unknown
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immer mehr geben wollte als bloß eine Symphonie innerhalb und außerhalb des Schlafzimmers. Aber das ist so schwer.
    Du hättest einfach deine Arme und Schultern nicht um mich legen sollen, als wäre ich dein Erstgeborenes. Du hättest mir keine Zärtlichkeit und Leidenschaft zeigen sollen.
    War das nur Wollust? Ich habe nicht geschlafen, als du mein Gesicht immer weiter berührt und gestreichelt hast, als wäre ich aus Glas und du hättest Angst, ich könnte zerbrechen. Ich habe nur so getan, weil ich nicht wollte, daß du den Kokon zerstörst, den ich um mich gesponnen hatte. Ich ließ mich von dir berühren und wünschte mir, du würdest nie aufhören.
    Vor drei Stunden habe ich meine Pflanzen trotzdem umgetopft. Ich habe drei Zucchini-Quiches gebacken, die mich 30 $ kosteten, aber nach heute morgen kann ich mir echt nicht vorstellen, draußen in der Hitze auf den Zementstufen zu sitzen und Quiche an völlig fremde Leute zu verkaufen. Und ich werde bestimmt nicht den ganzen Tag in diesem heißen Haus herumsitzen und Trübsal blasen.
    »Wollen wir essen gehen?« frage ich eine Freundin. Sie hat kein Geld. »Ich zahle, komm einfach mit, okay?« Sie versteht, daß ich nicht wirklich hungrig bin, einfach irgend etwas essen will, gegen die innere Leere und um aus dieser Straße wegzukommen.
    Die Straße füllte sich schon mit Leuten, die allen möglichen Schrott aus Dachstuben und Schränken und Kellern hervorgekramt hatten, den sie nicht zur Heilsarmee schleppen wollten. Es roch schon nach Barbecue und Popcorn und der Discjockey testete seine Boxen.
    Es war sehr heiß und die Sonne brannte auf das Pflaster, die Hitze durchdrang die Schuhsohlen. Ich trage meine engsten Jeans und finde, daß ich heute nachmittag auf dem Weg zur Haltestelle besonders hübsch bin. Ich gebe mir viel Mühe, gut auszusehen. Nicht für dich oder die Allgemeinheit, sondern für mich. Da kommst du wieder daher, stolzierst auf mich zu mit diesem kleinen Schoßhund, der neben deinen großen Füßen herdackelt, aber diesmal sehe ich an deinem Arm nichts als schwarzes weiches Haar und einen aufgerollten rotkarierten Hemdsärmel. Ein ganzer Wald von schwarzen Haaren auf deiner Brust starrt mich an, und obwohl meine Knie nachgeben wollen, grabe ich meine Fersen tiefer in das Leder und stehe perfekt wie eine Tänzerin. Du lächelst mich an, bevor wir einander gegenüberstehen, und dann machst du eine deiner typischen Kehrtwendungen. Läufst einfach neben mir her, ohne dazu aufgefordert worden zu sein.
    »Hallo«, sage ich und passe auf, daß meine Gangart, die ich so sorgfältig einstudiert habe, seit ich dich das erstemal bemerkte, nicht aus dem Takt gerät.
    »Herr im Himmel, siehst du heute gut aus. Rosa und Rot sind eindeutig deine Farben.«
    Ich lächle, weil ich weiß, daß ich gut aussehe, und obwohl ich kaum atmen kann, weil ich den Bauch einziehe, damit er so flach wie möglich ist, will ich nicht, daß du meinen Körper allzusehr anstarrst. Du hast schon viel zu viel von ihm gesehen. Stop, das nehme ich zurück. Ich will, daß du fasziniert bist, und du dich gut daran erinnerst, wie alles unter diesem Stoff aussieht, und wie es sich anfühlt, denn du wirst mir niemals wieder so nahe kommen. Weder bei Tag noch bei Nacht. Ich gehe auf den Bordstein zu.
    »Wohin willst du?« fragst du und zeigst echtes Interesse. Und weil du glauben sollst, daß ich eine vielbeschäftigte Frau bin und diese kleine Episode mich nicht im geringsten aus dem Gleichgewicht gebracht hat, sage ich: »Ich bin zum Essen verabredet.« Ich wollte dir wirklich sagen, daß dich das einen feuchten Dreck angeht, aber nein, ich bin nicht nur höflich, sondern auch ehrlich.
    Wir gingen sechs harte, heiße Querstraßen weit, und als wir endlich bei den Stufen der U-Bahn ankamen, beugtest du dich zu mir herunter, als ob du mich küssen wolltest, und ich starrte auf deine weichen, braunen und gespitzten Lippen, als wären sie voller Ausschlag und drehte den Kopf weg. Heute morgen hast du dieses Mädchen geküßt.
    »Darf ich dich später anrufen?« fragtest du.
    »Wenn du Lust hast«, sagte ich und verschwand die Treppe hinunter.
    Als ich nach Hause kam, war es fast zehn Uhr, und die Straße war voller Jugendlicher, die Rollschuh liefen, Skateboard fuhren und zu der lauten Discomusik tanzten, die von beiden Enden der Straße herdröhnte. Kinder rannten herum und mit hellen Schreien der Begeisterung unter einem aufgedrehten, wassersprühenden Hydranten durch, während die
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