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Sam Aus Dem Meer

Sam Aus Dem Meer

Titel: Sam Aus Dem Meer
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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Fehler, zu viel zu planen. Wenn sie vor ihm stand, dann würden ihr schon die richtigen Worte einfallen. Dieser Gedanke beruhigte sie ein wenig. Laine beschleunigte ihre Schritte und spürte den Sand unter ihren Turnschuhen nachgeben. Wann immer es ging, lief sie dort, wo der Sand nass und fest war, damit sie flotter vorankam. Sie musste vorsichtig sein, wenn sie die Höhle betrat. Wahrscheinlich erschrak er sehr, wenn plötzlich nachts jemand neben ihm auftauchte. Sie würde ihn am besten vom Höhleneingang aus rufen …
    Sie hüpfte über einige Felsbrocken, die sie schon von ihren letzten Besuchen kannte, und war dankbar für das halbwegs helle Mondlicht. Sie brauchte die Taschenlampe nicht und konnte die Batterien schonen. Nach einer guten Stunde stand sie vor der kleinen Grotte und lauschte hinein.
    „Sam?“, rief sie zunächst leise. „Sam? Nicht erschrecken, ich bin’s, Laine.“ Sie schaltete die Taschenlampe ein. Der starke Lichtstrahl fiel in die Höhle.
    „Sam?“
    Keine Antwort. Laine ging langsam hinein und achtete darauf, nicht in die von der Flut frisch gefüllten Wasserrinnen zu treten. Sie ließ den Lichtstrahl über die Felswände huschen. Dann entdeckte sie das Bündel aus Stoffen, das sie schon mal am Tag dort gesehen hatte.
    „Sam?“, rief sie wieder leise. Sie bückte sich und besah das Bündel. Sie fand einige T-Shirts, unter anderem auch das, was er am Vortag getragen hatte, einige Boxer Shorts, keine Schuhe.
    Sie leuchtete in der Höhle umher. Er war nicht da. War sie zu spät gekommen? Hatte sie ihn mit ihrem aufdringlichen Benehmen verjagt? Sie untersuchte den Sandboden, ob sie noch irgendeinen Hinweis auf seinem Verbleib entdecken konnte. Vielleicht hatte er ihr einen Brief hinterlassen. Laine spürte, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Wäre sie doch nur früher noch mal zu ihm gegangen oder hätte sie doch den Kuss einfach sein lassen, so lange Sam noch so scheu war!
    „Scheiße“, flüsterte sie. „Was bin ich nur für eine dumme Kuh.“
    Die Flut hatte den Sand teilweise geglättet, auch um die kleinen Seen herum. Laine sah ihre eigenen Schuhabdrücke im Sand. Sie leuchtete zu der größten Wasserrinne, die gleichzeitig am tiefsten in der Höhle lag. Dort hatte Sam irgendwas zu tun gehabt, als sie mit dem Essen zu ihm gekommen war. Sie leuchtete hinein. Kleine Felsen, ein paar Muscheln. Mit über einem Meter Tiefe und fast sechs Metern Breite bildete die Wasserrinne schon einen beachtlichen See in der Höhle. Sie schwenkte die Lampe zur Wand. Ein Stück des Felsens setzte sich als Vorsprung unter Wasser fort und ließ eine kleine Wasserhöhle entstehen. Laine ließ den Lichtstrahl gleiten. Sie sah keinen Zettel an der Wand oder an einem Felsen, keine in den Sand geschriebene Nachricht.
    Sie seufzte traurig und ging um den See herum. Da sah sie eine Fußspur. Nackte Füße, die zum Wasser führten. Ihr Herz machte einen Satz und begann dann wild zu schlagen. Sie trat näher, um die Spuren zu untersuchen. Sam musste nach der Flut in das Wasser gestiegen sein, denn der Sand war am Rand leicht aufgewühlt, als wäre jemand hineingerutscht. Aufgeregt untersuchte sie die Spuren genauer. Ein Handabdruck, er hatte sich abgestützt. Das konnte noch nicht lange her sein. Sie leuchtete ins Wasser und hinüber zu dem Felsvorsprung. Etwas Helles blitzte auf und verschwand wieder, als das Licht weiterglitt. Laine stöhnte gequält auf. Sie hatte es nur einen Sekundenbruchteil gesehen und wusste doch, was es war.
    Nein, dachte Laine, nein, bitte lieber Gott, das darfst du nicht, das kannst du nicht machen . Sie taumelte und fiel auf die Knie. Ihr war schwindelig vom Schock. Sie hatte ein menschliches Gesicht im Wasser gesehen. Und sie wusste, dass es Sam war. Irgendwie musste er sich unter dem Felsvorsprung festgeklemmt haben und …
    … ertrunken, dann ist er qualvoll ertrunken, weil ich nicht da war, um ihm zu helfen …
    Sie wimmerte leise. Sie musste die Polizei rufen, einen Krankenwagen ... oder ihren Dad. Sie griff nach der Taschenlampe. Sie wollte Sam nicht noch mal unter dem Felsen liegen sehen, aber irgendwie war es auch unerträglich, ihn nicht anzusehen. Ihre Hand zitterte, als sie ins Wasser leuchtete. Sie stöhnte auf. Es war Sam. Sie konnte nur sein Gesicht und einen Teil seiner Hand erkennen. Der Rest seines Körpers klemmte offensichtlich unter dem Felsen. Sams Mund war leicht geöffnet, die Augen geschlossen.
    Laine konnte sich nicht erinnern, jemals einen
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