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SALVA (Sturmflut) (German Edition)

SALVA (Sturmflut) (German Edition)

Titel: SALVA (Sturmflut) (German Edition)
Autoren: Nina Suslik
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Art, außer üblichen Entzugserscheinungen, die nach
ungefähr sechs Tagen auftraten. Nach sieben musste die Medikation aufgefrischt
werden, mehr als neun Tage ohne, bedeuteten den sicheren Tod. Obwohl das noch
nicht die ganze Wahrheit war. Jeder reagierte anders auf die dauerhafte
Einnahme. Sie schwächte den Körper langsam und mit den Jahren sah man fast
jedem den regelmäßigen Konsum deutlich an. Die stärkeren Menschen konnten
relativ normal weiter leben, die schwächeren wurden von der Medikation langsam
dahin gerafft. Es wurde nie als offizielle Todesursache angegeben, aber der
Grund für ihren frühen Tod wurde schon Monate vorher mehr als offensichtlich.
Diese Langzeitfolgen waren damals noch nicht bekannt oder es war der Regierung
egal, doch nach der erfolgreichen Eindämmung des Virus, machte man die Impfung
mit der Medikation zur Pflicht. Da der Grippevirus sehr resistent war, wollte
man so einem Erneuten Ausbruch auf jeden Fall verhindern. Die neu gegründeten
Vereinten Staaten feierten es als den ersten, grandiosen Erfolg einer neuen Ära
für Europa. Ein neuer, stärkerer Kontinent war aus dem Chaos geboren worden. Es
war der perfekte Vorwand, unter dem sie alle Bewohner Europas abhängig gemacht
hatten. Abhängig von ihren Entscheidungen und ihrer Allmacht. Jede Art von
Protest, jede Form von Kritik wurde damit unterbunden. Niemand wollte es
riskieren von der Medikation abgesetzt zu werden. Nach und nach, wurde Europa
wieder aufgebaut, nach einer neuen, zentralen Ordnung und abgeschnitten vom
Rest der Welt. All diese Ereignisse lagen schon so weit zurück, dass ich nur
aus Büchern und dem was mein Vater mir erzählt hatte ein Gesamtbild aus all den
Fragmenten zusammensetzten konnte. Viele Informationen wurden von der Regierung
gerne im Hintergrund gehalten. So wusste niemand mehr genau, warum sich unser
Kontinent isoliert hatte oder wo der Ursprung der Grippeviren lag. Auch was zu
der Bankenkrise geführt hatte, lag für die Bevölkerung völlig im Dunkeln, nur
eins war bekannt. Zu der Zeit, als all diese Ereignisse auf einander trafen,
befand sich die Welt im Umbruch. Überall fingen bewerte Systeme an zu
zerbröckeln. Alles musste sich verändern. Mit diesem Satz, erinnerte man uns
noch heute an die Notwendigkeit, die Demokratie, wie man sie damals
praktizierte, aufzugeben. Noch heute wurden wir nach den Notstandsgesetzen
regiert, denn offiziell war die Gefahr noch nicht vollständig gebannt, obwohl
all diese Ereignisse schon ein Jahrhundert länger zurück liegen, als die
ältesten Menschen auf dem Kontinent am Leben sind. Wir gingen an einem Gebäude
vorbei, an dem ein riesiger Screen befestigt war und auf ihm konnte man meine
Zeilen lesen. Ich blieb stehen und sah rauf. Auch Ihsan starrte auf den
Bildschirm. Er musste nicht fragen, er wusste, dass ich das getan hatte.
Plötzlich verschwand das Bild und der Screen wurde schwarz. Wenige Sekunden
später war darauf der Satz Alles musste sich ändern zu lesen. Noch einen
Moment später flimmerten wieder die aktuellen Tagesnachrichten über den
Bildschirm. Ich ging schweigend weiter.
    Von
außen wirkten die Städte Europas modern und prachtvoll, doch im Inneren war
alles auf Minimalismus eingestellt. Es wurden hauptsächlich Beton, Stein und Glas
als Rohstoffe zum Bau verwendet. Stahl, in jeder Form, war extrem kostbar. Man
hatte nur wenige elektronische Geräte zu Hause, da für ihre Herstellung
ebenfalls extrem kostspielige Materialien benötigt wurden. Der öffentliche
Verkehr war perfekt organisiert, da kaum jemand ein eigenes Fahrzeug besaß. Sie
wurden, genau wie vieles andere, mit Biomasse angetrieben. Tierische und
menschliche Überreste wurden zur Energiegewinnung genutzt. Deshalb gab es auch
keine Friedhöfe mehr. Nach deinem Tod gehörte dein Körper der Gesellschaft von
Europa. Bei der Produktion von einfach allem, musste ein geschlossener
Kreislauf garantiert werden, Rohstoffe durften nicht verschwendet werden.
    Wir
nahmen den gleichen Weg nach Hause wie immer. Der Wohnkomplex, in dem wir lebten
lag im südlichen Teil der Stadt. Es war eigentlich keine kurze Strecke. Wir
gingen sie immer zu Fuß, auch bei strömendem Regen. So konnten wir wenigstens
einigermaßen ungestört reden. Zwar befanden sich überall in der Stadt Kameras,
doch in den öffentlichen Verkehrsmitteln, wurde man erst recht überwacht.
Mittlerweile wussten wir ganz gut, wo sich die Kameras befanden. Sie hatten
sehr sensible Mikrofone, deshalb sparten wir in ihrer
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