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SALVA (Sturmflut) (German Edition)

SALVA (Sturmflut) (German Edition)

Titel: SALVA (Sturmflut) (German Edition)
Autoren: Nina Suslik
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und ging einfach. Ich hätte es niemals zugegeben, auch
Ihsan gegenüber nicht, aber an diesem Tag fühlte ich die gleichen Schmerzen,
wie früher, als mein Vater festgenommen wurde und wie zu der Zeit, als meine
Mutter starb. Es war ein erneuter Verlust mit dem ich nicht umgehen konnte.
Radu war noch da aber es fühlte sich nicht so an. Für mich war er einfach nicht
mehr der gleiche Mensch.
             „Lecker, mein Leibgericht!“ Radu griff
als erster zu und fing an zu essen. Auch Ihsan war Radus Anwesenheit sichtlich
unangenehm. Er hatte nicht nur einen gesunden Respekt vor ihm sondern auch ein
wenig Angst, das konnte ich ihm ansehen. Schon vom ersten Tag an, als sie sich
kennenlernten, hielt Ihsan immer Abstand zu meinem Stiefbruder. Radu hatte
seine Freunde und legte keinen Wert darauf, meine in sein Leben zu integrieren.
Es war schon erstaunlich, dass er mich damals hinein gelassen hatte. Radus
Blicke, seine ganze Körperhaltung hielt andere Leute meistens schon auf
respektvollem Abstand. Bei Frauen präsentierte er sich meistens mit etwas
weicherer Schale, trotzdem sah ich ihn nie jemanden mit nach Hause bringen.
Weder Männer noch Frauen. Als wir uns noch verstanden, hatte ich das nie
hinterfragt, jetzt fiel mir auf, wie viel an seinem Verhalten nicht normal war.
Er hielt andere auf Abstand, so wie ich. Meine Verluste waren dafür ein
offensichtlicher Grund. Jeder, der mich nur ein wenig kannte, wusste zumindest
so viel über mich. Was seine Motive waren verstand ich jedoch nicht. Ein
weiteres Teil in dem traurigen und bizarren „Mein-Stiefbruder-der-Fremde“-Puzzle.
    Der
Rest von uns fing auch an zu essen, doch keiner sprach ein Wort. Selbst Boris
wusste nicht, was er zu der überraschenden Jobwahl seines Sohnes sagen sollte,
deshalb hatte er sich bisher nur mit Schweigen dazu geäußert. Wenn Radu mit ihm
darüber gesprochen hatte, dann verheimlichte Boris das vor mir.
Selbstverständlich hatte ich ihn darüber ausgefragt und nichts als
Kopfschütteln und verständnislose Sätze bekommen. Ich spürte Radus Blick auf
mir, erwiderte diesen aber nicht. Weil ich nicht wollte, aber auch, weil ich
nicht konnte.
             „Wie war die Schule, Kleines?“ Die
ungewohnte Wärme von Radus Worten brachte mich völlig aus dem Konzept. Ich
starrte ihn an und wusste Nichts darauf zu sagen. Es war lange her, dass er
mich 'Kleines'genannt hatte. Mir war danach weiterhin zu schweigen,
aber ich wollte in Boris' Gegenwart nicht zu abweisend sein, immerhin waren wir
noch so etwas wie eine Familie.
             „Gut.“ Mehr viel mir nicht ein.
             „Nur gut?“ Ein Lächeln auf seinem
Gesicht.
             „Was willst du denn hören?“ Meine
Stimme war ruhig, doch meine Ablehnung deutlich zu hören.
             „Vielleicht geht es nicht darum was ich
hören will, sondern darum, dass du ein normales Gespräch mit mir führst?“ Auch
er blieb ruhig. Trotzdem war nicht zu überhören, dass er verärgert über meine
Aussage war.
             „Wenn es nicht darum geht, dann sag
doch einfach was du willst.“ Ich blieb nicht mehr ruhig. Er hatte diesen
Abstand zwischen uns geschaffen und nun wollte er mich zur Schuldigen erklären.
Ich wollte mich nicht darauf einlassen, aber es machte mich so wütend. Die
Emotionen kochten in mir und meine Hand versuchte den Löffel zu zerquetschen.
             „Ich will normal mit dir reden.“ Seine
Stimme war lauter und er sah mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten
konnte. Diese Situation wurde unerträglich für mich. Ich wollte etwas sagen
aber Nichts, was mir in den Sinn kam, würde es richtig ausdrücken.
             „Ich hab keinen Hunger mehr!“ Ich stand
auf, verließ die Küche und stürmte in mein Zimmer. Es dauerte nicht mal eine
Minute, da war Ihsan bei mir. Er sah mich besorgt an, während ich in meinem
Zimmer auf und ab marschierte und nicht wusste wohin mit mir.
             „Du musst es akzeptieren Milla. Radu
hat das Recht zu tun, was er will.“ Er sprach ganz ruhig und ich wusste, er
hatte Recht. Trotzdem fühlte ich mich furchtbar. Mein Magen wurde zu einem
einzigen, großen Knoten.
             „Dann hab ich das Recht ihn dafür zu
hassen.“
             „Du hasst ihn aber nicht.“ Damit hatte
Ihsan Recht, aber für meine Wut hatte ich keine anderen Worte.
             „Ich weiß... Ich dachte nur immer...
ich könnte ihm vertrauen. So wie dir.“ Ich
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