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Sakrament der Lust

Sakrament der Lust

Titel: Sakrament der Lust
Autoren: Leah Moorfeld
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bietet er mir an, statt als Priester, als Seelsorger weiter im Dienste der Kirche zu arbeiten. Ich werde laisiert, was bedeutet, dass ich von meinen Rechten und Pflichten als Priester entbunden werde. Ich muss also nicht mehr enthaltsam leben, damit wäre meine private Situation aus dem öffentlichen Interesse heraus und ich könnte gleichzeitig das fortsetzen, was mir am meisten bedeutet.»
    Ich forsche in seinem Gesicht, wie er zu dieser Entscheidung steht, aber er verbirgt seine Emotion geschickt vor mir, bis seine Augen plötzlich von einem Strahlen erfasst werden.
    «Das ist gut, oder?», frage ich noch immer unsicher.
    «Natürlich fällt es mir nicht leicht, das Amt des Priesters aufzugeben, aber dafür gewinne ich so viel...! Durch die Laisierung ist mir wieder eine kirchliche Hochzeit möglich, ich darf weiter meine Fächer an der Schule unterrichten und im Dienste der Kirche für Menschen in Not da sein.»
    Seine Augen scheinen in meinen zu versinken.
    «Jana!», flüstert er mit einer Zärtlichkeit, die Diamanten zum schmelzen bringen könnte.
    Ein Finger streift eine der langen Haarsträhnen hinter mein Ohr.
    «Willst du dein Leben mit mir teilen, Jana Herbst?»
    «Ja, ich will!», flüstere ich und in meinen Augen sammelt sich Feuchtigkeit vor lauter Rührung.

Höhenflug
    «Mom, wann sind wir endlich da? Man könnte glauben, Australien liegt am anderen Ende der Welt!», motzt Lisa und blickt ungeduldig auf das Meer an Wolken unter dem Flugzeugflügel.
    Julian und ich lachen herzhaft auf.
    «Du weißt, da liegst du nicht ganz falsch, mein Schatz! Aber in etwa einer Stunde sollten wir in Sydney landen!»
    «Wenigstens hast du aufgehört zu zittern, Mom. Das war ja nicht auszuhalten am Anfang!»
    «Es blieb mir ja nichts anderes übrig! Nach vierzehn Stunden Flugzeit können die Muskeln ihren gesteigerten Tonus einfach nicht mehr aufrecht erhalten.»
    «Jana, ich bin wirklich unglaublich stolz auf dich, dass du deine Flugangst so bekämpft hast. Und du solltest auch stolz auf deine Mutter sein, Lisa. Was sie gemacht hat, ist so, wie wenn du Angst vor großen Höhen hast und dann gleich zum Bungee Jumping auf den Fernsehturm steigst. Ich meine, viel weiter als Australien hätte sie kaum fliegen können. Das muss man sich erst einmal trauen, wenn man Flugangst hat.»
    «Ja ja, schon gut Herr Priester Siebert!», mault Lisa.
    «Ich sehe, ihr versteht euch mal wieder prächtig!», lache ich, denn den ganzen Flug über musste ich immer wieder kleine Kabbeleien der beiden ertragen. Dennoch habe ich den Eindruck, dass sich die zwei sehr mögen und zumindest Lisa das hinter ihren Sticheleien zu verbergen versucht.
    «Darf man schwanger eigentlich mit dem Flugzeug fliegen, Mom?»
    «Ja, am Anfang schon, Lisa! Ich bin ja erst im dritten Monat!»
    «Ich teile aber nicht mein Zimmer mit dem kleinen Windelpinkler, klar!»
    «Natürlich nicht, Lisa! Du weißt doch, dass die Handwerker schon mit dem Anbau beginnen, während wir in Australien sind», antworte ich.
    «Und habt ihr euch schon Namen überlegt?»
    «Ja!», antworten Julian und ich gleichzeitig.
    «Jan oder Julia, je nachdem, was es wird!», füge ich hinzu.
    «Mann seid ihr kreativ!», entgegnet Lisa voller Ironie.
    «Was hättest du denn für Vorschläge?», will Julian wissen.
    «Ach, keine Ahnung! Vielleicht Mike oder Rosalie!»
    «Wie deine Freunde, was?», sage ich, «Na ja, da haben wir ja noch sechs Monate Zeit, um uns auf einen Namen zu einigen.»
    «Warum warst du eigentlich letzte Woche ständig beim Arzt, Priester? Hast du dich mal wieder mit einer finsteren Gestalt geprügelt?»
    Julian atmet tief durch und ich weiß, dass ihm dieses Thema überhaupt nicht behagt.
    «Ich habe mir ein Tattoo entfernen lassen!», antwortet er wahrheitsgemäß.
    «Ein Tattoo? Wieso? Wo du nun kein echter Priester mehr bist, schadet ein Tattoo doch nicht!»
    «Es war ein sehr hässliches Tattoo und hatte eine noch hässlichere Entstehungsgeschichte.»
    «Oh!»
    Das bringt sogar Lisa in Verlegenheit und sie blickt lange Zeit schweigend aus dem Fenster.
    «Julian!», sagt Lisa, als sie aus ihren Gedanken erwacht.
    «Ja?»
    «Eigentlich bist du ziemlich cool!»
    «Danke!»
     
    Meine Eltern können kaum glauben, dass ich es nach so langer Zeit endlich einmal geschafft habe, sie zu besuchen. Noch dazu komme ich mit Lisa und einem Mann an meiner Seite, der ihnen auf Anhieb sympathisch ist – wie könnte es auch anders sein bei Julians Ausstrahlung. Sie haben sich ein
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