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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
Autoren: Karl May
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Häuptling, obgleich er gar nicht daran dachte, dieses Versprechen zu halten.
    »So sag, was du unter der Forderung verstehst, daß wir uns ergeben sollen!«
    »Ihr liefert uns alle eure Waffen ab.«
    »Die Pferde etwa auch?«
    »Nein. Die Krieger der Komantschen sind so reich an guten Pferden, daß sie die schlechten, die ihr habt, mit Verachtung von sich weisen.«
    »Und unser übriges Eigentum?«
    » Pshaw! Alles, was ihr besitzet, ist für uns so wertlos wie die dürren Grashalme, welche der Wind von dannen trägt. Wir wollen eure Waffen, weiter nichts!«
    »Aber dann können wir nicht jagen, um uns zu erhalten, und sind ganz wehrlos gegen Feinde, falls uns solche begegnen!«
    »Ihr behaltet ja eure Pferde, und das nächste Fort der Bleichgesichter liegt nicht weit von hier. Ihr könnt es schnell erreichen und dann dort alles, was ihr braucht, bekommen. Jetzt habe ich alles gesagt, was ich zu sagen hatte, um euch das Leben zu erhalten. Ich darf meine Krieger nicht länger warten lassen und werde mich entfernen. Sag also schnell, was du beschlossen hast und zu thun gedenkst!«
    Er stand auf und wendete sich ab, als ob er gehen wolle. Das machte die erfahrene und sonst so bedachtsame Majestät ängstlich und die andern Weißen ebenso. Der Mustang wurde aufgefordert, noch einige Augenblicke zu bleiben; der Anführer sammelte die Stimmen seiner Leute, und es ergab sich, daß sie alle ohne Ausnahme in ihrer gegenwärtigen Lage es für geraten hielten, ihr Leben und ihre Freiheit höher anzuschlagen, als den Besitz ihrer Gewehre, welche sie allerdings, wie der Häuptling gesagt hatte, schon im nächsten Fort durch andre ersetzen konnten. Sie glaubten seinen Versicherungen und dachten gar nicht daran, daß er auch nur den Gedanken hegen könne, sie ihrer Waffen nur zu berauben, um sie dann ganz ohne Gefahr hinmorden zu können. Als ihm ihr Entschluß mitgeteilt wurde, blitzte es in seinen Augen auf; er sagte aber in freundlichem Tone:
    »Die Bleichgesichter haben sehr klug gewählt; sie mögen ihre Gewehre, Pistolen, Revolver und Messer samt dem Pulver und den Patronen dort in der Nähe des Feuers niederlegen. Wenn wir dann das Feuer kleiner gemacht und diese Sachen geholt haben, werden wir fortreiten, und ihr könnt bleiben oder auch fortgehen, ganz wie es euch gefällt.«
    Er war überzeugt, nun gewonnenes Spiel zu haben und triumphierte in seinem Innern. Ebenso überzeugt waren die Weißen, das Beste erwählt zu haben, und sie wären unbedingt und rettungslos verloren gewesen, wenn nicht grade jetzt etwas passiert wäre, wodurch der hinterlistige Plan des Komantschen zu schanden gemacht wurde. Sie hörten nämlich das Geräusch eines herabstürzenden Gegenstandes beinahe gerade über sich, und fast in demselben Augenblicke schlug ein menschlicher Körper in ihrer unmittelbaren Nähe auf den Felsenboden nieder. Das Feuer leuchtete bis an die betreffende Stelle, und so sah man, daß es ein Indianer war.
    »Uff, uff!« rief der Häuptling erschrocken. »Dieser unvorsichtige Mann hat sich zu weit über die Kante des Estrecho gebeugt und ist herabgestürzt! Sein Körper muß –«
    Er sprach nicht weiter, denn es krachte neben ihm ein zweiter Indianer zu Boden, dem gleich darauf ein dritter noch folgte. Die Weißen wichen erschrocken zurück; der Mustang aber blieb in höchster Bestürzung stehen; er konnte sich den tödlichen Absturz dieser drei Roten nicht erklären, bis er auf den Gedanken kam:
    »Drei sind es, gleich drei! Einer hat das Gleichgewicht verloren und hat die andern beiden, die ihn halten wollten, mit herabgerissen. Wer von da oben herabstürzt, muß tot sein; es kann kein Leben mehr in ihm sein!«
    Er bückte sich nieder, um die Verunglückten zu be trachten. Die Weißen traten wieder hinzu und drängten sich zusammen, um dasselbe zu thun. Da rief hinter ihnen eine kräftige, sonore Stimme:
    »Macht Platz, Mesch’schurs, macht Platz! Ich habe die drei herabgeworfen, um den vierten, nämlich den Häuptling, zu bekommen!«
    Zwei kräftige Arme brachen sich Bahn durch die eng zusammenstehenden Männer, welche den neuen Ankömmling mit dem höchsten Erstaunen betrachteten. Wo kam er her? Durch das Feuer nicht, und am Felsen herunter wohl auch nicht. Konnte er fliegen? Er war ganz in Leder gekleidet, trug einen sehr breitrandigen Hut auf dem Kopfe und lange Stiefel an den Beinen, während zwei Gewehre über dem Rücken hingen.
    Der Häuptling hatte die Worte des Fremden auch gehört, und fuhr beim Klange
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