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Ruf der Dämmerung (German Edition)

Ruf der Dämmerung (German Edition)

Titel: Ruf der Dämmerung (German Edition)
Autoren: Sarah Lark
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…«
    Viola senkte den Kopf über Kevins Wagen, als müsste sie seine Decke richten. Sie sah nicht, wie Ahlanija verschwand. Während ihrer Verschmelzung mit ihrer Seele hatte die Zeit scheinbar stillgestanden, aber jetzt hörte sie wieder die Stimmen der Jäger und ihr triumphierendes Gelächter nach dem gelungenen Coup. Zudem vernahm sie Huftritte. Die Kelpies rannten im Corral herum wie aufgeschreckte Pferde. Aber sie waren nicht verängstigt. Sie waren gierig nach Kraft …
    Bill und seine Helfer zogen sich bald darauf ins Haus zurück, um ihren Fang zu begießen. Viola schloss sich Patrick und Shawna an. Sie würden irgendwo etwas essen – aber nicht wieder im Roundwood Burger oder im Pub! Alle drei hatten das Bedürfnis, das Dorf und seine Bewohner heute hinter sich zu lassen.
    »Ich muss da mal raus!«, fasste es Shawna in Worte und Viola nickte dazu. Sie fühlte sich immer noch blass und zitterig nach der Begegnung mit Ahlanija, aber die anderen machten keine Bemerkungen darüber. Schließlich ging es ihnen selbst nicht gut – auch Patrick war nicht stolz darauf, die Pferde gefangen zu haben.
    »Ich kenn einen guten Inder«, sagte er. »In Enniskerry. Fahren wir dahin und vergessen wir das Ganze.«
    Shawna bekam die Pferde allerdings nicht so leicht aus dem Kopf. Sie bat Patrick, auf dem Weg nach Enniskerry noch einmal nach ihnen zu sehen, woraufhin er das Auto widerstrebend zum See lenkte.
    Die Kelpies hatten sich inzwischen beruhigt. Zum Teil fraßen sie Gras, zum Teil blickten sie zum See hinunter. Der graue Hengst richtete den Blick auf sie. Viola senkte die Augen.
    »Sie sind wunderschön!«, flüsterte Shawna andächtig und bewunderte die Silhouetten der Pferde in der Dämmerung.
    Patrick zog die Augenbrauen hoch. »Schön?«, fragte er. »Also mir jagen sie kalte Schauer über den Rücken. Hast du ihre Augen gesehen? Wie sie einen fixieren? Unheimlich!«
    »Der Hengst guckt irgendwie traurig …«, meinte Shawna.
    Viola hatte das Gefühl, unter Ahis Blick im Boden versinken zu müssen. Ob er sie für das hier verantwortlich machte? Aber verdammt, warum hatten sie sich fangen lassen und warum blieben sie hier?
    »Sie … dürften doch keine blauen Augen haben, oder?«, fragte sie, nur um etwas zu sagen. Warum konnten sie nicht weiterfahren? Viola hoffte, dass der Spuk morgen vorbei wäre. Wenn es ganz dunkel war, würden sich Ahi und die anderen zurückverwandeln und verschwinden.
    »Doch, sie …« Das war Shawna, die zu einem Vortrag ansetzte.
    Aber Patrick fiel ihr ins Wort. »Sie sind Cremellos, ich weiß, hast du mir schon mal erzählt. Aber es stimmt nicht. Ich hab’s gegoogelt. Wenn sie Cremellos wären, müssten sie cremeweiß sein. Aber guck dir den Hengst an: Der ist grau. Und die eine Stute ist noch dunkler. Das sind keine Cremellos und es sind auch keine Ponys aus den Bergen …«
    »Aber was sind sie dann?«, fragte Shawna mit nervösem Lachen.
    Patrick zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht. Und ehrlich gesagt möchte ich es auch gar nicht herausfinden. Fahren wir jetzt endlich? Ich möchte eine heilige Kuh essen oder was es sonst beim Inder gibt …«

22
    Die Kelpies waren am nächsten Tag nicht verschwunden, sondern standen nach wie vor in ihrem Corral. Viola und Shawna checkten das auf dem Weg vom Lovely View zum Campingplatz. Der Gedanke an die eingesperrten Tiere hatte beiden aus sehr unterschiedlichen Gründen den Schlaf geraubt …
    Dabei hatten sie und Patrick es am Abend vorher ganz erfolgreich geschafft, den Pferdefang zu verdrängen. Das indische Restaurant war mit Kissen, exotischen Lampen und Tüchern bunt und stimmungsvoll dekoriert, es gab Platten mit ungewöhnlichen Vorspeisen und eine große Auswahl vegetarischer Gerichte für Shawna. Auf mehr oder weniger heilige Kühe musste Patrick natürlich verzichten, dafür entschied er sich für ein extrascharfes Curry und spuckte anschließend Feuer. Die Mädchen lachten ihn genüsslich aus, und dann sprachen sie über Dublin, Patricks Studium und Shawnas Pläne, Roundwood so bald wie möglich zu verlassen. Auch Viola kam mit Berufsideen heraus. Auf jeden Fall etwas mit Computern. Und auf keinen Fall eine Musikerlaufbahn tief unten in einem irischen See! Weit weg vom Lough Dan entspannte Viola sich zusehends. Dies hier – das leckere Essen, das Herumalbern mit Freunden und das Gespräch über ganz normale Dinge – war die Wirklichkeit! Ihr Zusammensein mit Ahi war dagegen ein Traum – wunderschön, aber in Wahrheit
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