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Ruegen Ranen Rachedurst

Ruegen Ranen Rachedurst

Titel: Ruegen Ranen Rachedurst
Autoren: Albert Baeumer
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eine Bedienung – was auch immer.
    Die beiden waren schon beinahe an Georges Tisch vorbeigeeilt, als der Reporter sich gefasst hatte und sie wie durch ein Zauberwort dazu brachte, augenblicklich stehen zu bleiben.
    „ Herr Benecke?“, drang Georges Stimme deutlich durch den Raum.
    Die beiden verharrten und sahen den Reporter für ein paar Augenblicke irritiert an.
    George setzte gleich nach. „Sie sind doch Dr. Mark Benecke, der Kriminalbiologe aus dem Fernsehen, der Hitlers Schädel untersucht hat!“
    Der so Angesprochene zögerte eine Sekunde lang, ehe er freundlich entgegnete: „Ja, der bin ich, aber ich bin jetzt privat hier. Wenn Sie ein Handyfoto mit Ihnen und mir zusammen schießen wollen, können wir das jetzt schnell machen. Ich weiß ja, wie das ist, und ich selbst fotografiere mich ja auch gerne mit bekannten Leuten.“
    „ Hören Sie, Herr Benecke, ich hätte eigentlich ein anderes Anliegen“, versuchte George vergeblich den Redefluss seines Gegenübers zu stoppen.
    „ Aber mehr jetzt bitte nicht!“, fuhr dieser jedoch vollkommen unbeirrt fort, ohne sich von Georges Einwurf irritieren zu lassen. „Ein Foto, das muss reichen.“
    „ Um Fotos geht es – sehen Sie sich mal das hier an, Herr Benecke. Einen Augenblick …“
    „ Wenn Sie mir jetzt Bilder von schädlingsverseuchten Kellerräumen zeigen wollen, um mich zu fragen, was das für ‚Viecher’ sind und was man dagegen machen kann, sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Ich bin zwar Biologe, aber eben Kriminalbiologe und kein Kammerjäger …“
    Beneckes Sprechgeschwindigkeit verlangsamte sich zusehends. So wie bei einem der uralten Kassettenrekorder, dessen Batterie langsam zur Neige geht. In Fachkreisen nannte man ihn den „Maden-Doktor“, da er immer dann zurate gezogen wurde, wenn anhand der Besiedlung eines Tatorts mit Insekten und anderen Kleinlebewesen Rückschlüsse auf das Tatgeschehen gezogen werden sollten. Meistens kam er zum Einsatz, wenn die herkömmlichen Mittel der kriminalistischen Aufklärung bereits erschöpft waren und zu keinen verwertbaren Ergebnissen geführt hatten. Welche Fliegen- oder Madenart besiedelte wann und in welcher Folge einen verwesenden, menschlichen Körper – das waren genau die Fragen, um die es dabei meistens ging.
    Beneckes Blick blieb wie gebannt auf dem Schirm von Georges Laptop haften. „Was ist das denn da, schauen Sie Horrorvideos oder …“ Der Kriminalbiologe sprach nicht weiter. Auf seiner ansonsten vollkommen glatten Stirn zeigte sich jetzt eine deutlich sichtbare Furche. Er beugte sich etwas vor.
    „ Mark!“, murmelte seine Begleiterin und verdrehte die Augen.
    „ Warte mal, Lydia! Einen Moment!“, sagte Benecke stirnrunzelnd. „Das ist ja …“
    „ Ein Geköpfter“, stellte George sachlich fest. „Wurde vor ein paar Stunden bei den Ziegensteinen am Verbindungsweg zwischen Lancken-Granitz und Groß Stresow gefunden. Ich bin Reporter und komme gerade von dort.“
    „ Echt?“
    „ Man weiß bis jetzt noch so gut wie nichts über den Toten oder über den Tathergang. Ich denke …“
    „ Ah, nicht denken“, murmelte Benecke. „Denken schadet nur und hindert einen daran, objektive Feststellungen zu treffen.“ Er stützte die Hände auf den Tisch und beugte sich näher an das Bild heran. „Haben Sie noch mehr von diesen Aufnahmen?“
    „ Dutzende!“
    „ Zeigen Sie mal.“
    George klickte ein paar weitere Aufnahmen vom Tatort an. „Vielleicht haben Sie schon von den Ziegensteinen gehört?“
    „ Nein, was haben die denn mit Ziegen zu tun?“, fragte Benecke.
    „ Nun, das sind steinzeitliche Grabanlagen – und Sie können hier auf einigen der Bilder gut erkennen, dass der Tote wohl sehr auffällig platziert wurde. Er liegt genau auf dem länglichen Felsblock dort …“
    „ Wie auf einem Opferstein oder so ähnlich“, meinte Benecke nachdenklich.
    „ Hast du nicht gesagt, man soll nicht denken, bevor man nichts weiß?“, mischte sich nun Lydia ein, die auch einen Blick auf die Bilder warf. Sie war von Beruf Psychologin und gerade dabei, ihre Ausbildung zur Psychotherapeutin zu machen. Außerdem arbeitete sie im Gefängnis mit Sexualstraftätern und war in der Firma ihres Mannes angestellt. Durch ihre Arbeit hatte sie schon viele für andere Menschen schreckliche Tatortfotos gesehen. Das hatte ihr noch nie etwas ausgemacht, auch wenn das Bild auf dem Laptop die eher auffällig blutrünstige Kategorie von Tatortfotos darstellte. Im ersten Urlaub, der wirklich
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