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Rubinsteins Versteigerung

Rubinsteins Versteigerung

Titel: Rubinsteins Versteigerung
Autoren: Rafael Seligmann
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einverstanden sind, denn jeder müsste dann über zwanzig Mark spenden.« Polzig hat sich sichtlich erholt, seine Stimme ist fest, das Gesicht hat wieder Farbe bekommen, nur seine Augen schweifen noch ziellos durchs Zimmer.
    »Es besteht überhaupt kein Grund zu einer Spendensammlung, Herr Polzig. Seit eineinhalb Jahren zahlen wir monatlich zwei Mark Mitgliedsbeitrag, das sind jährlich circa 500 Mark. Ausgaben haben wir keine, also müssten in der Gruppenkasse 700 Mark sein, davon sollten wir unverzüglich 500 Mark nach Israel überweisen.«
    »Ich werde den Vorstand bitten, darüber in seiner nächsten Sitzung zu entscheiden.«
    »Was hat das mit dem Vorstand zu tun? Das Geld gehört uns allen!«
    »Rubinstein, ich verbitte mir deine Disziplinlosigkeit! Du lässt niemanden ausreden, beschimpfst jeden und meinst, alle müssen machen, was du verlangst. Du kannst der Gruppe nicht deinen Willen aufzwingen. Du hast einen Vorschlag gemacht. Gut, ich bin dafür, dass die dazu Befugten darüber beraten und entscheiden. Du allein kannst nicht über das Geld der Gruppe entscheiden.«
    »Verzeihung, Herr Polzig, ich meine, ehe wir den Vorschlag einer sofortigen zionistischen Handlung im Vorstanderörtern, sollten wir zunächst seine Voraussetzungen prüfen. Haben wir tatsächlich 700 Mark in der Gruppenkasse, wie Jonathan behauptet, oder sind es weniger, so dass wir überhaupt nicht in der Lage sind, 500 Mark nach Israel zu überweisen. Kurz gesagt, wie hoch ist der gegenwärtige Kassenstand?« Peter trieft geradezu vor Verantwortungsbewusstsein.
    »Ich werde auch diese Frage in der nächsten Vorstandssitzung erörtern lassen.«
    »Nichts werden Sie in der Vorstandssitzung erörtern lassen! Auf der Stelle will ich wissen, wie viel Geld wir in der Kasse haben«, schreie ich.
    »Wenn du noch einmal in diesem Ton mit mir sprichst, werde ich dich aus der ›Sinai‹ ausschließen«, brüllt Polzig zurück.
    »Verzeihung, aber mit Drohungen und Beleidigungen kommen wir hier wirklich nicht weiter. Ich habe lediglich nach dem Kassenstand gefragt. Und eine derart simple Frage sollte sich doch ohne Vorstandssitzung beantworten lassen«, meint Peter ungerührt.
    »Genau, auch ich möchte wissen, wie viel Geld wir in der Kasse haben«, ruft Carlo.
    Die übrigen Typen werden allmählich ebenfalls unruhig, beginnen mit ihren Nachbarn zu reden.
    »Wie viel Geld haben wir, Henry?«, fragt Polzig schließlich.
    »Ich müsste erst in meinen Unterlagen nachsehen«, antwortet Henry Nelkenbaum.
    »Es geht hier nicht um Heller und Pfennig, haben wir 500 Mark oder nicht?«
    »Das kann ich ohne Unterlagen nicht sagen. Bis zum nächsten Mal könnte ich versuchen, einen Kassensturz zu machen.«
    »Du sollst keine Kasse stürzen, du sollst sagen, wie viel Geld wir haben. Ohne Wenn und Aber. Ohne faule Ausreden, Unterlagen und Unterschlagen, und zwar sofort!«
    »Du bist kein Polizist, Rubinstein, du hast niemanden zu verhören!« Polzig wird rot.
    »Herr Polzig, es geht hier nicht um ein Verhör, wir wollen lediglich wissen, ob wir genügend Geld in der Kasse haben oder nicht. Und ich meine, ein Schatzmeister sollte tatsächlich in der Lage sein, eine derart einfache Frage ohne Umstände aus dem Stegreif zu beantworten.« Weshalb hat Peter keine Mühe, ruhig zu bleiben, während ich fast durchdrehe?
    »Henry, sag endlich, wie viel Geld wir haben, sonst passiert was«, tobt Carlo.
    »Ich weiß nicht genau.« Nelkenbaum sitzt steil aufgerichtet auf der Vorderkante seines Sessels.
    »Dann sag es ungenau, aber sofort!«
    »Liebe Freunde, so geht es nicht weiter. Wir wollen heute Abend über die Einwanderung nach Israel diskutieren und keine Kassenberichte hören.«
    »Nicht wir, Sie! Sie wollen nur diskutieren. Wir wollen endlich konkrete Maßnahmen ergreifen. Als ersten Schritt wollen wir 500 Mark spenden. Dazu müssen wir wissen, ob wir auch genügend Geld in der Kasse haben.«
    »Rubinstein!«
    »Herr Polzig, tun Sie mir den Gefallen und versuchen Sie nicht dauernd abzulenken, indem Sie mir mit Rausschmissdrohen. Damit bewirken Sie auch keine Aliya nach Israel. Wir wollen handeln! Fallen Sie uns nicht dauernd in den Arm, sondern helfen Sie uns. Sorgen Sie dafür, dass wir endlich wissen, wie viel Geld in der Kasse ist.«
    »Henry, vielleicht versuchst du uns zu sagen, wie viel Geld wir in der Kasse haben.« Warum denn nicht gleich, Itzig?
    »Wir haben keine 500 Mark in der Kasse.«
    »Wie viel denn?«
    »Das geht dich einen Dreck an, Jonathan. Ich bin
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