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Rotes Pferd mit schwarzer Mähne

Rotes Pferd mit schwarzer Mähne

Titel: Rotes Pferd mit schwarzer Mähne
Autoren: Walter Farley
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Arbeitspferde gehabt und viele Kühe, die ihre Kälber auf seiner Farm bekommen haben. Er wird wissen, was zu tun ist.
    Unwillkürlich ging er schneller, je mehr er sich der Farm näherte. Nun, da er über alles nachgedacht hatte, entschloß er sich, auf Onkel Wilmers Erfahrungen zu vertrauen. Anfangs glaubte er, Erleichterung zu verspüren, aber das dauerte nicht lange. Er hatte vor sich selbst und vor Jimmy Creech versagt. Es mangelte ihm an Selbstvertrauen, er suchte nach einer hilfreichen Hand. So hatte er es nicht geplant, denn Jimmy hatte Queen seinen Händen anvertraut, nicht denen Onkel Wilmers.
    Als er die Farm erreicht hatte, sah er Queen auf der Weide grasen. Er rief sie an. Sie hob sofort den Kopf, wieherte herüber und graste dann weiter.
    Tom ging in den Stall und holte das lange Seil, um mit Queen an der Longe zu arbeiten. Der Onkel rief vom Hühnerstall herüber, was er vorhabe? Tom schwenkte das Seil, ohne zu antworten. Der Onkel wußte ganz genau, was er im Sinn hatte, aber er wiederholte jeden Tag dieselbe Frage. Tom befestigte das lange Seil an Queens Halfter und ging rückwärts, bis sich die Leine straffte. Onkel Wilmer stand wenige Schritte hinter ihm. «Geh weiter weg!» schrie Tom. Jeden Tag mußte er seinem Onkel dasselbe sagen.
    Queen hörte auf zu grasen, als Tom die Leine schüttelte. Beim ersten Zungenschnalzen setzte sie sich in Bewegung. Er drehte sich im Stehen um seine eigene Achse, die Augen auf den schwerfälligen, gerundeten Körper der Stute gerichtet. Längere Zeit ließ er sie gemächlich herumtrotten, bevor er sie wieder anhielt, zu ihr ging und das Seil löste. Sie graste sofort weiter.
    Der Onkel nörgelte eben: «Ihr hättet der Stute nicht die Eisen abnehmen lassen sollen», als die Nachbarin rief, jemand solle ans Telefon kommen.
    Jimmy Creech hatte sie ja gerade entfernen lassen, weil er es für weitaus gesünder hielt, daß Queen auf dem weichen Wiesenboden ohne Eisen herumging. Tom war sicher, daß Onkel Wilmer das sehr wohl wußte. Er konnte sich nicht erklären, weshalb er alles kritisierte.
    «Es dauert bestimmt noch einen Monat, bis sie ihr Fohlen bekommt», quengelte Onkel Wilmer weiter. «Du solltest auf mich hören und sie nachts draußen lassen, damit sie nicht das teure Stroh im Stall niedertrampelt!»
    Tom schüttelte den Kopf.
    Nach einigen Minuten des Schweigens knurrte der Onkel: «Vor allem solltest du ihr jetzt auch keinen Hafer mehr geben, er ist teuer, Gras wächst umsonst!» Er verstummte, denn Tante Emma schrie von weitem: «Tante Tillie ist wieder krank, und wir sollen über Nacht zu ihr kommen!»
    «Was sagt sie da?» fragte Onkel Wilmer.
    Tom wiederholte die Worte seiner Tante.
    Der Onkel brummte: «Die wird immer krank, wenn sie sich Gesellschaft wünscht.»
    Im Grunde hatte er recht, Tom hatte es in seinen auf der Farm verbrachten Ferien mehrmals erlebt. Tante Tillie war alt und litt unter der Einsamkeit.
    Die Tante stand jetzt vor ihnen. «Wir fahren sofort los! Macht euch fertig, ihr zwei!»
    Tom protestierte, er wollte die Stute nicht allein lassen. Aber Tante Emma entschied: «Tante Tillie ist krank — du kommst mit!»
    «Du kannst die Tante mit allem versorgen, was sie benötigt!» widersprach Tom ruhig. «Aber wer ist bei der Stute, wenn sie etwas braucht? Das wirst du sicher verstehen.»
    «Wilmer hat dir doch gesagt, daß die Stute erst in einem Monat fohlen wird!» sagte sie unwirsch.
    «Aber ich bin überzeugt, daß sie früher dran ist», gab Tom unbeirrt zurück.
    Beider Augen begegneten sich, Tom hielt ihrem Blick stand. Erst nach einem Weilchen fuhr die Tante fort: «Mach du dich fertig, Wilmer! Wenn es Menschen gibt, denen ein Pferd wichtiger ist als eine Anverwandte...» Brüsk wandte sie sich ab. Der Mann warf dem Jungen einen bewundernden Blick zu, ehe er seiner Frau ins Haus folgte.
    Tom hatte alle seine Arbeiten getan, Queen war gefüttert und getränkt und schlief in ihrer Box im weichen Stroh. Jetzt blieb ihm nur übrig, bis zum Morgen zu warten und zu hoffen, daß Queen nicht gerade fohlen würde, solange er ganz allein auf der Farm war. Er wusch sein Abendbrotgeschirr ab. Dabei kam ihm der tröstliche Gedanke, daß Jimmy Creech sicher nicht jedem die kostbare Stute anvertraut hätte. Er mußte sich zusammenreißen und sich des Vertrauens würdig erweisen.
    Vorgestern hatte er einen Brief von Georg bekommen:

    Lieber Tom,
    Jimmy ist zu einigen seiner alten Kollegen gegangen, um ein Schwätzchen mit ihnen zu halten. Sie
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