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Rosenrot ist mausetot - Kriminalroman

Rosenrot ist mausetot - Kriminalroman

Titel: Rosenrot ist mausetot - Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
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und Schlagzeug bestimmen den Klang, dazwischen wabern einige Synthesizertöne, die zum Schluss in elegischen Sphären verklingen. Ganz okay, aber nicht vom Hocker reissend.
    Nein, es musste der Text sein, der mich anzog. Adelina offenbar auch, denn sie ging kurz rein, um diesen Text in zwei Exemplaren auszudrucken, sodass wir ihn jetzt beim Hören im Schein des Feuers mitlesen konnten.
    Es handelt sich dabei um eine krude Mischung. In den drei erzählenden Strophen wird das Motiv von Goethes Heidenröslein aufgegriffen. Und abgewandelt. In Goethes Gedicht, erklärte ich Adelina, die nicht in den Genuss von so viel humanistischer Bildung gekommen war wie ich, «Sah ein Knab ein Röslein stehn, Röslein auf der Heiden …». Der Knabe will das Röslein brechen, dieses droht ihm, ihn dafür zu stechen – eine ziemlich unverblümte Entjungferungsgeschichte.
    Adelina wollte mehr darüber wissen, doch ich bat sie, diesen interessanten Seitenpfad später einzuschlagen, damit wir uns jetzt auf die Version von Rammstein konzentrieren könnten. Dort ist es nämlich ein Mädchen, das ein Röslein stehen sieht, und dieses blüht nicht in der ebenen Heide, sondern in lichten Höhen. Das Mädchen will das Röslein auch nicht selbst pflücken, sondern bittet ihren Liebsten, es ihr zu holen. Dieser erklimmt unter Qualen den Berg und pflückt das Röslein. Beim Abstieg stürzt er wegen eines ausbrechenden Steins in den tiefen Grund.
    In einem ersten Refrain wird das Mädchen beschrieben, das den so gefährlichen wie verhängnisvollen Auftrag gegeben hat. Der Refrain gipfelt in den Zeilen «Sie will es und so ist es Brauch, was sie will, bekommt sie auch.» Ob sie allerdings wirklich das Röslein gewollt hatte oder aber das tragische Ende des Abenteuers, bleibt offen.
    Im zweiten Refrain wird Rosenrot direkt angesprochen:
    Tiefe Brunnen muss man graben,
    Wenn man klares Wasser will,
    Rosenrot oh Rosenrot,
    Tiefe Wasser sind nicht still.
    Eine Rosenrot, die im übrigen Liedtext nicht auftaucht. Es war Adelina, die auf diesen Umstand hinwies und daraus folgerte, wenn es eine spezielle Beziehung zwischen der ermordeten Rosenrot und diesem Liedtext gegeben habe, müsse sie in diesem speziellen Textteil begründet liegen. Dies sei plausibel, fügte sie hinzu, weil nach ihrem eigenen Wissen Graziella Rosengarten als Gartengestalterin eine besondere Vorliebe für Brunnen gehabt habe. Das könne bedeuten, dass sie sich von den ersten beiden Refrainzeilen besonders angesprochen gefühlt habe.
    Ich konnte ihr nur zustimmen, wenngleich ich im Moment keine praktische Anwendung dieser Erkenntnis sehen konnte. Vielleicht war ja die letzte Zeile aufschlussreicher. Ich sprach sie ein paarmal lautlos aus, als es mir wieder einfiel. Genau darüber hatten Rosenrot und ich uns bei unserer ersten und einzigen Begegnung auf der Terrasse des Hirschen unterhalten. Davon erzählte ich der aufmerksam lauschenden Adelina.
    Irgendwie waren wir damals auf Wasser als für Graziella Rosengarten zentrales Element der Gartengestaltung gekommen. Immer wieder hatte sie Brunnen aller Art eingesetzt, denn fliessendes Wasser gehörte nach ihrer unerschütterlichen Überzeugung einfach zu einem anständigen Garten.
    Zwei- oder dreimal hatte sie sogar die Gelegenheit gehabt, nach eigenem Brunnenwasser graben zu lassen, jedes Mal mit Erfolg. Dabei hatte Rosenrot ihre Fähigkeit entdeckt, intuitiv und ganz ohne Wünschelruten-Brimborium zu fühlen, wo sich eine Tiefenbohrung nach klarem Wasser lohnte. Das, kommentierte Adelina, sei eine gute Erklärung für Rosenrots Beziehung zu den ersten beiden Zeilen des Refrains.
    Rosenrot hatte mir an jenem Sonntagmittag begeistert von einem Auftrag erzählt, der ihre Beziehung zu fliessendem Wasser in der Gartengestaltung in eine neue Sphäre katapultieren werde. Auf einem grossen Grundstück sollte eine vorhandene Quelle zur Gestaltung eines längeren künstlichen Bachs genutzt werden.
    Kleine Kunstbäche mit einem geschlossenen Wasserkreislauf hatte sie früher schon gestaltet; und dabei neue Qualitätsmassstäbe gesetzt, etwa beim Finden besonders leiser Pumpen oder extrem belastbarer Teichfolien. Doch eine Einschränkung war immer da gewesen: Sie konnte nur künstliche Bäche mit einer geringen Wassertiefe gestalten.
    Das würde nun anders werden. Der Garten, den sie zusammen mit Spross gestalten sollte, bot ihr, zusammen mit dem reichlich vorhandenen Geld des Auftraggebers, erstmals die Möglichkeit, einen Kunstbach so zu
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