Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roman

Roman

Titel: Roman
Autoren: Shari Low
Vom Netzwerk:
bisschen Hoffnung auf ein normales Leben. Was ist mit Red? Ist er sauer?«
    »Und wie! So als wäre ich absichtlich mit dem Panzer über seine Lieblingskamera gefahren.«
    Nach einer Weile verwandelte sich ihr Grinsen in Nachdenklichkeit.
    »Schätzchen, es ist absolut verständlich, dass du so mit der Sache umgehst.«
    »Wirklich? Alle anderen scheinen mich nämlich für völlig irre zu halten.«
    Sie schüttelte den Kopf, und eine Aura der Weisheit schien sie zu umgeben. Lieber Himmel, sie war nicht nur so gekleidet, sie entwickelte auch noch die psychologischen Fähigkeiten eines japanischen Senseis. Oder des kleinen Männchens mit der unglücklichen Stimme in Star Wars . Sprich weiter, Meister Yoda.
    »Lou, es geht da um Kontrolle, und ohne allzu tiefgründig zu werden … also, weißt du, man braucht keine Expertin zu sein, um dich zu verstehen. Du hast dein ganzes Leben damit zugebracht, dir eine Existenz aufzubauen, für die du allein verantwortlich bist. Du hast ein eigenes Haus, ein eigenes Auto, ein eigenes Unternehmen, und du hast das alles ganz allein erreicht.«
    »Abgesehen von einer kleinen kriminellen Unterstützung meiner Tante.«
    Dröhnendes Lachen schüttelte sie. »Mist, das hatte ich ganz vergessen! Deine Mum würde durchdrehen, wenn sie das wüsste. Aber es war ein echter Geniestreich, das musst du zugeben.«
    Sie machte eine kurze Pause. Vermutlich sinnierte sie kurz über das Wunder, dass sie nicht im Gefängnis gelandet war, dann fuhr sie fort: »Das Problem ist, dass du völlig unfähige Eltern hattest, deshalb immer auf dich selbst angewiesen warst und alles allein lösen musstest. Und du hast deine Sache großartig gemacht. Doch jetzt stehst du plötzlich vor einer Herausforderung, die du nicht mehr in der Hand hast, und das macht dich verrückt.«
    Wie, um alles in der Welt, konnte sie all das aus »Ich habe gerade eine kleine Nervenkrise« schließen? Und wie, um alles in der Welt, konnte sie so recht haben?
    Ihre Hand glitt über meine, und ich drückte sie.
    »Wir stehen das zusammen durch, Lou.«
    »Glaubst du?«
    Mein persönlicher Sensei nickte. »Wichtig ist, dass du versuchst, stark und optimistisch zu bleiben. Aber ich habe großes Verständnis dafür, dass du immer wieder in Panik gerätst. Das würde mir genauso gehen.«
    »Nein, das würde es nicht.«
    Ich schüttelte den Kopf. Bei Josie gab es keine Schwächen. Oder Ängste.
    »Doch, Lou, glaub mir. Der Gedanke, Michael und Avril, obwohl sie erwachsen sind, zurücklassen zu müssen, wäre für mich einfach …«
    Sie stockte und erschauerte. Offenbar gelang es ihr nicht mal, auch nur daran zu denken. Doch dann schaltete sie wieder in ihren Unbesiegbarmodus.
    Sie goss mir noch einmal Tee ein und ging dann auf die andere Seite des Tischs.
    »Weißt du, was du jetzt brauchst?« Sie griff nach einer Dose und schraubte den Deckel ab.
    Eine Therapie? Drogen? Eine Prise Glück?
    »Eine Karamellwaffel.«
    Obwohl ich wusste, dass eine Karamellwaffel alle Probleme der Welt lösen konnte, einschließlich Hunger, Korruption und Krieg, schüttelte ich den Kopf. An Essen konnte ich nun wirklich nicht denken.
    Es gab noch einen anderen Menschen, mit dem ich dringend sprechen musste. Und ich fürchtete, es würde der schwierigste Part sein.
    Zwei Stunden später geleitete mich der Kellner in eine ruhige Ecke des Carriage Club.
    »Ich kann gar nicht glauben, dass sie dich hier noch reinlassen«, sagte ich und versuchte mich in meiner knallengen schwarzen Caprihose, die jeden Moment am Po zu reißen drohte, hinzusetzen.
    Sobald ich das alles hinter mir hatte, musste ich unbedingt meine Schokoriegelrationen einschränken und wieder anfangen, Sport zu treiben. Mit dem Verband, den ich seit ungefähr sieben Monaten ständig am Rücken hatte, war das nicht möglich gewesen. Biopsie. Naht. Test. Biopsie. Naht. Test. Und jetzt hatte der Verband an meinem Rücken noch einen Zwilling in der Leistengegend – man hatte mir einen Lymphknoten zur Untersuchung entfernt.
    Hör auf, daran zu denken, hör auf! Reiß dich zusammen! Dreh jetzt nicht durch! Ruhe! Bleib ruhig!
    »Ich hab uns schon Cocktails bestellt«, sagte Ginger.
    Wo steckte sie das bloß hin? Allein mit dem Alkohol hatte sie jede Woche Tausende Kalorien zu viel. Und trotzdem zwängte sie sich noch immer in diese Killerjeans und das knappe Shirt.
    Aber an diesem Tag ging es nicht um Fashion. Ich kaute auf der Innenseite meines Gaumens und beschloss, bis nach dem Essen zu warten, ehe ich das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher