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Rollentausch (zum Glueck gezwungen)

Rollentausch (zum Glueck gezwungen)

Titel: Rollentausch (zum Glueck gezwungen)
Autoren: Julia von Finkenbach
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klingeln. Dann meldete er sich. "Ja?" fragte er mit dem Tonfall eines kriegsmüden Soldaten. Ich konnte mir die Schadenfreude nicht verkneifen.
    "Na, wie lief es?" fragte ich, obwohl ich die Antwort eigentlich schon kannte. Alex seufzte tief. Ich verdrehte die Augen. Jetzt kam er mit der Mitleidsnummer. Dummerweise klappte der Hundeblick nicht, wenn man sich nicht gegenüberstand.
    "Nicht so gut." sagte er schließlich. 'Nicht so gut' hieß bei Alex 'schlecht'. "Ich weiß nicht, was los war, ich hatte so gut gelernt..." Ich schluckte mein Lachen herunter, konnte mein Grinsen aber nicht mehr unterdrücken. "Das muss an dem Prüfer liegen, die anderen sind auch alle durchgefallen." fuhr er fort.
    "Tja." sagte ich, "Ich will ja nicht sagen, dass ich es Dir ja gesagt habe, aber...". Er füllte die Lücke in Gedanken selbst. "Beim nächsten Mal bist Du besser vorbereitet." ermutigte ich ihn. Auch wenn das bedeuten würde, dass ich ihn wieder dahin schleifen musste. "Wegen der Wette bist Du bitte heute Abend um sieben hier bei mir."
    "Ach Susanne..." sagte er mit weinerlicher Stimme, aber ich hatte nicht vor, ihn jetzt noch vom Haken zu lassen.
    "Keine Widerrede." sagte ich scharf und legte auf. Er würde kommen, daran bestand für mich kein Zweifel. Aber er würde wohl ein bisschen maulig sein. Das war nicht zu ändern. Immerhin wusste er inzwischen, dass es so nicht ging und dass er sich anstrengen musste. Das war zumindest ein kleiner Erfolg meiner Bemühungen.
    Aber es bedeutete auch, dass er sich jetzt vor allem über sich selbst ärgerte. Das konnte leicht in einer Abwärtsspirale enden, aus der er nur schwer wieder herauskam. Dann war er für Wochen praktisch zu nichts zu gebrauchen. Also musste ich seine Gedanken auf andere Bahnen lenken. Und wenn ich dabei eine kleine Fantasie - okay, es war inzwischen eher eine Manie - ausleben konnte, warum nicht?
    Es waren ein paar ungewöhnliche Stunden, bis Alex bei mir eintraf. Normalerweise hätte ich eine gewisse Vorfreude erwartet, aber die wollte sich nicht so recht einstellen. Es war eher eine komische Art der Erwartung. In Gedanken ging ich immer wieder durch, was meine versaute Kreativität in den letzten Wochen produziert hatte. Einige Ideen musste ich verwerfen, weil sie wohl ein wenig zu extrem waren. Schließlich wollte ich Alex morgen noch als Freund haben. Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, ob es ihm wohl genauso ging, wenn er sich auf eines unserer Treffen vorbereitete. Es war keine blinde Lust, die mich antrieb, sondern kühle Berechnung. Ich musste schließlich für zwei planen. Nicht nur ich sollte ja meinen Spaß haben, sondern Alex sollte es ebenfalls gefallen.
    Kurz vor sieben legte ich meine Arbeitskleidung an. Weißes Hemd, schwarzer Minirock, das Haar zum Pferdeschwanz zurückgebunden. Es war ein Outfit mit Tradition. Für Alex war es der Inbegriff der strengen Nachilfelehrerin, die ich am Anfang für ihn gewesen war. Bei unserem ersten mal hatte er es mir buchstäblich vom Leib gerissen. Einen kurzen Augenblick lang war ich versucht, meine Fantasie sein zu lassen und ihm einfach ein "Nimm mich." zuzuflüstern. Aber Alex war wohl kaum in der Stimmung, jetzt das dominante Alphamännchen geben zu können. Das brauchte Selbstvertrauen, und das fehlte ihm im Moment.
    Fünf Minuten nach sieben klingelte es an der Tür. Er war zu spät. Das gab schonmal eine kleine Strafe. Jetzt, wo unser Aufeinandertreffen unmittelbar bevorstand, schlüpfte ich fast wie von allein in meine Rolle. Und auf einmal war auch die Erregung da. Genau auf diesen Moment hatte ich gewartet. Aber es war nicht der Reiz des Unbekannten, der jetzt meine Nerven kitzelte. Statt dessen war es der Rausch der Allmacht. Es fühlt sich an wie eine Droge. Ich konnte durchaus verstehen, warum es Alex soviel Spaß machte, mich zu dominieren. Und dabei hatte ich noch nicht einmal Hand an ihn gelegt.
    Ich zwang meine Vorfreude herunter.  Es wäre ja auch etwas widersinnig, wenn ich meinen Gefühlen freien Lauf lassen würde - schließlich spielte ich die Rolle der kalten und beherrschten Domina. Den Ruf habe ich sowieso weg, weil ich in der Öffentlichkeit meist ziemlich zurückhaltend bin und einen gewissen Hang zur Detailverliebtheit habe. Alex machte es gerade deswegen soviel Spaß, mir die Kontrolle über mich selbst zu entziehen. Und mir machte es Spaß, die Kontrolle entzogen zu bekommen. Es war einfach eine Befreiung, zumindestens für ein paar Stunden mal nicht das Heft in der Hand zu
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