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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger
Autoren: Jules Verne
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Vorsitzender jenes Clubs war – unter Anderen alle Die, welche selbst nach diesem Amte strebten; und als der hitzigsten Einer ist hier der Schriftführer des Weldon-Institutes zu erwähnen.
    Es war das der ebenfalls sehr reiche Phil Evans, der Director der Walton Watch Company, einer gewaltigen Uhrenfabrik, welche tagtäglich fünfhundert Zeitmesser erzeugt und Producte liefert, die sich den besten der Schweiz an die Seite stellen können. Phil Evans hätte also für einen der glücklichsten Menschen der Welt selbst in den Vereinigten Staaten gelten können, wenn man von jener Stellung des Onkel Prudent absah. Wie letzterer, war auch er fünfundvierzig Jahre alt, von scheinbar unerschütterlicher Gesundheit, wie jener von unzweifelhafter Kühnheit, und sorgte er sich wenig darum, die gewissen Vorzüge des Junggesellenstandes gegen die oft zweifelhaften Vortheile der Ehe zu vertauschen. Wahrlich, das waren zwei Männer, wie geschaffen, einander zu verstehen, die sich doch nicht verstanden, und Beide, was wohl zu bemerken ist, von ungemein stark entwickeltem Charakter, der Eine, Onkel Prudent, hitzig, der Andere, Phil Evans, eiskalt bis zum höchsten Uebermaße.
    Und woher kam es, daß Phil Evans nicht zum Vorsitzenden des Clubs ernannt worden war? Die Stimmenzahl für Onkel Prudent und für ihn war die genau gleiche gewesen. Wohl zwanzig Mal wurde die Abstimmung wiederholt, aber auch zwanzig Mal ergab sich eine Majorität weder für den Einen noch für den Anderen. Das war eine peinliche Lage, welche wahrscheinlich die Lebenszeit der beiden Candidaten hätte überdauern können.
    Da schlug ein Mitglied des Clubs ein Mittel vor, die Stimmengleichheit aufzuheben. Es war Jem Cip, der Schatzmeister des Weldon-Institutes. Jem Cip war eingefleischter Vegetarianer, mit anderen Worten, ausschließlicher Gemüseesser, einer der Leute, die jede Fleischnahrung, wie alle gegohrenen Getränke verwarfen – halb Brahmanen und halb Muselmänner – der Rival eines Niepmann, Pietmann, Ward und Davie, welche der Secte dieser unschuldigen Thoren einen gewissen Namen gemacht haben.
    Bei vorliegender Gelegenheit wurde Jem Cip von einem anderen Mitglied des Clubs unterstützt, von William T. Forbes, dem Director einer großen Anstalt, in der Glucose durch Behandlung von Lumpen mit Schwefelsäure hergestellt wurde – ein Verfahren, nach dem man also Zucker aus alter Wäsche zu erzeugen vermag. Es war ein gut situirter Mann, dieser William T. Forbes, und Vater von zwei reizenden, bejahrteren Töchtern, der Miß Dorothee, genannt Doll, und der Miß Martha, genannt Mat, die in der besten Gesellschaft von Philadelphia den Ton angaben.
    Der von William T. Forbes nebst einigen Anderen unterstützte Vorschlag Jem Cip’s ging nun dahin, den Vorsitzenden des Clubs durch den Mittelpunkt zu bestimmen.
    Wahrlich, dieser Wahlmodus könnte in allen Fällen angewendet werden, wo es sich darum handelt, den Würdigsten zu erwählen, und sehr viele, höchst vernünftige Amerikaner dachten auch schon daran, denselben bei der Ernennung des Präsidenten der Vereinigten Staaten zur Anwendung zu bringen.
    Auf zwei tadellos weiße Tafeln wurde hierzu je eine schwarze Linie gezogen. Die Länge beider war mathematisch genau die gleiche, denn man hatte dieselbe mit ebenso viel Sorgfalt abgemessen, als handelte es sich dabei um die Grundlinien des ersten Dreiecks einer Triangulationsarbeit. Hierauf wurden beide Tafeln am nämlichen Tage inmitten des Sitzungssaales der Gesellschaft aufgestellt; die beiden Wettbewerber versahen sich jeder mit einer feinspitzigen Nadel und gingen wieder gleichzeitig auf die, Jedem durch das Loos zugefallene Tafel zu. Derjenige der beiden Rivalen aber, welcher seine Nadel am nächsten dem Mittelpunkte der Linie einstechen würde, sollte damit zum Vorsitzenden des Weldon-Institutes gewählt sein.
    Es versteht sich von selbst, daß hierbei jedes Hilfsmittel, jedes Umhertappen verboten und nur die Sicherheit des Blickes entscheidend war. Es galt, nach volksthümlichem Ausdruck, den Zirkel im Auge zu haben.
    Onkel Prudent stach seine Nadel ein und zu gleicher Zeit Phil Evans. Darauf wurde nachgemessen, welcher der beiden Concurrenten sich dem Mittelpunkte am meisten genähert hatte.
    Welches Wunder! Die beiden Männer hatten so vortreffliches Augenmaß entwickelt, daß die Messungen keinen schätzenswerthen Unterschied ergaben. War von ihnen auch nicht genau der mathematische Mittelpunkt getroffen worden, so erwies sich der Raum zwischen
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