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Robocalypse: Roman (German Edition)

Robocalypse: Roman (German Edition)

Titel: Robocalypse: Roman (German Edition)
Autoren: Daniel H. Wilson
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Vulkangestein sieht er aus, perfekt geformt und glatt. Wie ein für alle Ewigkeiten hier vergrabenes Artefakt, älter als Mensch und Maschine.
    Klick.
    Unter der Oberfläche des Würfels ist ein schwaches Flackern zu erkennen. Ich drehe den Kopf zu Cherrah um. Sie zuckt mit den Achseln. Am Ende nur ein Lichtreflex?
    Klick.
    Ich halte inne. Der Boden glänzt. Um den Würfel herum schmilzt das Eis. Er denkt nach, gibt sich Mühe, zu einer Entscheidung zu gelangen. Dem Tod ins Auge zu sehen hat seine Schaltkreise in Gang gebracht.
    »Lass dir nur Zeit«, sage ich leise. »Will ja gut überlegt sein, Robbi.«
    Klick. Kawumm!
    Die Mündung des Flammenwerfers spuckt einen faustgroßen Feuerball in den Schnee. Hinter mir höre ich Leo lachen. Er ist gerne dabei, wenn es schlauen Robos an den Kragen geht. Verschafft ihm Genugtuung, sagt er. Welche Ehre lässt sich schon damit gewinnen, etwas zu töten, das sich seines Lebens nicht bewusst ist?
    Einen winzigen Moment tanzt die Spiegelung der Mündungsflamme auf der glatten schwarzen Oberfläche. Dann gehen bei dem Ding plötzlich sämtliche Lichter an. Symbole flackern über die dunkle Außenhülle. Knarrend und quietschend redet der Würfel in den unverständlichen Lauten der Robosprache auf uns ein.
    Interessant, denke ich. Unmittelbarer Kontakt zu Menschen war bei dem Kasten nie vorgesehen. Sonst würde er unsere Sprache beherrschen und längst die übliche Propaganda von sich geben, mit der auf »kulturellen Austausch« programmierte Roboter normalerweise versuchen, unsere menschlichen Köpfe und Herzen für sich zu gewinnen.
    Was ist das für ein Ding?
    Was auch immer es sein mag, es versucht, mit uns zu reden, und zwar mit geradezu panischer Dringlichkeit.
    Allerdings probieren wir erst gar nicht, irgendwas von dem Geplapper zu verstehen. Jedes einzelne Knarren und Quietschen enthält mehr Informationen als ein ganzes Lexikon. Außerdem können wir nur einen Bruchteil der Schallfrequenzen wahrnehmen, auf denen Robos kommunizieren.
    »Ach bitte, Daddy, lass es uns behalten, ja?«, bettelt Cherrah verschmitzt. »Bitte, bitte, bitte.«
    Ich lege den Daumen meines Handschuhs auf die Mündung des Feuerspuckers und ersticke die bedrohliche Flamme.
    »Also gut«, sage ich. »Nehmen wir das Ding mit nach Hause.«
    Wir machen den Würfel an Leos Bein-Exo fest und schleppen ihn zurück zum vordersten Kommandoposten. Um auf Nummer sicher zu gehen, bringe ich ihn in einem EMP-geschützten Zelt unter, das ich hundert Meter vom Posten entfernt aufschlagen lasse. Man weiß nie, wann Rob in Partylaune kommt. Das engmaschige Netz, das wir übers Zelt hängen, schirmt den Würfel gegen die Kommunikation mit anderen umherstreunenden Denkrobotern ab, die ihn dazu auffordern könnten, ein Tänzchen mit uns zu wagen.
    Endlich kann ich ein bisschen Zeit allein mit dem Ding verbringen.
    Es wiederholt ständig ein und dieselbe Lautfolge, begleitet vom immer gleichen Symbol. Ich gebe das Ganze in einen Handübersetzer ein, auch wenn ich im Grunde nicht mehr als nutzloses Robogefasel erwarte. Doch zu meiner Überraschung kommt bei der Sache durchaus etwas Nützliches heraus: Der Roboter versucht, mir zu sagen, dass seine Befehle lauten, seinen Tod um jeden Preis zu verhindern – selbst im Falle einer Gefangennahme.
    Der Kasten ist wichtig. Und er redet gern.
    Ich bleibe die ganze Nacht bei dem Apparat im Zelt hocken. Von seinem Robogerede verstehe ich nichts, doch zeigt er mir parallel dazu alle möglichen Bild- und Tonaufnahmen. Manchmal sind es mit menschlichen Gefangenen durchgeführte Verhöre. Manchmal sind es Befragungen, bei denen die Befragten glauben, sie sprächen mit einem Menschen. Meistens sind es jedoch einfach von Überwachungsmikrofonen aufgezeichnete Gespräche. Leute, die über den Krieg reden. Und bei allem läuft die Fakten-Check- und Lügendetektor-Software der Denkmaschinen nebenher mit, werden relevante Satellitenbilder eingespielt, Programme zur Objekterkennung aktiviert, Worte, Gesten und Gesichtsausdrücke analysiert.
    Der Würfel ist vollgestopft mit Informationen. Wie ein fossilartiges Gehirn, das ganze Menschenleben in sich aufgesogen und abgespeichert hat, eins nach dem anderen. Leben in Bild und Ton, die sich als Datensätze tausendfach in seinem rätselhaften Innern schichten.
    Mitten in der Nacht geht mir schließlich auf, dass ich einer mit größtmöglicher Genauigkeit festgehaltenen Geschichte der Roboterrevolte zuschaue.
    Das Ding ist eine verdammte Black
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