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Robinson Crusoe

Robinson Crusoe

Titel: Robinson Crusoe
Autoren: Daniel Defoe
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daß Frieden und Genügen die Begleiter mittlerer Verhältnisse sind; daß Mäßigkeit, Ruhe, Gesundheit, Geselligkeit, alle angenehmen Zerstreuungen und alle wünschenswerten Vergnügungen die Segnungen sind, die der mittlere Lebensstand im Gefolge hat; daß auf diese Art die Menschen still und gemächlich durch die Welt und in Seelenruhe wieder aus ihr hinausgehen, nicht übermäßig geplagt von Hand- oder Kopfarbeit, nicht versklavt an die Fron ums tägliche Brot oder gehetzt von schwierigen Verhältnissen, die der Seele den Frieden und dem Körper die Ruhe rauben, noch besessen von der Leidenschaft des Neides oder heimlich brennendem Ehrgeiz nach großen Dingen; nein, in angenehmen Verhältnissen gleiten sie sowohl durch die Welt, genießen mit Verstand das Süße des Lebens ohne das Bittere, fühlen, daß sie glücklich sind, und lernen durch die Erfahrung jeden Tages immer besser, es zu sein.
    Danach drang er ernstlich und aufs liebevollste in mich, doch nicht den Naseweis zu spielen und mich nicht selber in Nöte zu stürzen, gegen die von Natur und durch die Lebensverhältnisse, in die ich geboren, vorgesorgt sei. Ich habe es nicht nötig, mir mein Brot zu suchen; er wolle für mich sorgen und mir zu der Lebensweise behilflich sein, die er mir soeben anempfohlen; und wenn ich nicht höchst glücklich und zufrieden würde in der Welt, so könne es nur mein Verhängnis oder meine eigene Schuld sein, die es verhindere; er habe seine Pflicht erfüllt und mich vor Schritten gewarnt, von denen er wisse, daß sie nur zum Unheil wären, und wasche seine Hände in Unschuld; kurz, er wolle mir alles Liebe antun, wenn ich seinem Rat folgte und daheim bliebe, hingegen keine Hand rühren, um mir im Unglück zu helfen, wenn ich in die Fremde zöge. Zum Schluß stellte er mir meinen älteren Bruder zum Exempel vor, dem er ebenso ernstlich vom Kriegshandwerk in den Niederlanden abgeraten, den aber trotz allem Zureden seine jugendliche Begier ins Feld getrieben habe, wo er getötet worden; und obwohl er nicht aufhören würde, für mich zu beten, so fürchte er doch, Gott werde mir keinen Segen geben, wenn ich diesen tollen Schritt täte, und ich würde dereinst Muße genug haben, über meinen Eigensinn nachzudenken, wenn niemand mehr da sein werde, mich zu retten.
    Ich sah bei diesem Beschluß seiner Rede, die wahrhaft prophetisch war, obschon ich annehme, daß mein Vater selbst sich dessen nicht bewußt war, ich sah, sage ich, wie ihm die Tränen reichlich übers Gesicht liefen, zumal als er von meinem gefallenen Bruder sprach. Und als er darauf kam, daß ich Muße genug zur Reue, aber keinen Beistand haben würde, war er so bewegt, daß er seine Rede abbrach und zu mir sagte, sein Herz sei so voll, daß er nicht weiter zu mir sprechen könne.
    Diese Rede ging mir aufrichtig ans Herz - wie hatte es auch anders sein können? -, und ich nahm mir vor, gar nicht mehr ans Reisen zu denken, sondern nach meines Vaters Wunsch im Nest zu bleiben. Aber, o weh, in ein paar Tagen war alles wieder verschwitzt, und ein paar Wochen später beschloß ich, um ferneren Ermahnungen meines Vaters aus dem Wege zu gehen, kurzerhand ihm davonzulaufen. Gleichwohl trieb ich's hiermit nicht so hastig, wie mir's die erste Hitze eingab, sondern nahm meine Mutter zu einer Stunde, wo sie mir milder schien als gewöhnlich, beiseite und sagte ihr, wie meine Gedanken so ganz und gar danach stünden, die Welt zu sehen, daß ich keine Ausdauer für irgend etwas anderes hätte und daß mein Vater daher besser täte, mir seine Einwilligung zu geben, als mich zu zwingen, ohne sie davonzugehen; daß ich jetzt achtzehn Jahre und somit zu alt sei für einen Handlungslehrling oder Advokatengehilfen, daß ich gewiß sei, meine Lehrzeit nicht auszuhalten, sondern meinem Meister noch vorher davonzulaufen und zur See zu gehen, und daß ich, wenn sie meinen Vater bestimmen wolle, mir nur eine einzige Reise in die Fremde zu vergönnen, nie wieder weggehen wolle und verspräche, durch verdoppelten Fleiß die vertane Zeit wieder einzuholen, falls mir dann die Reiselust vergangen sei.
    Dies brachte meine Mutter in Aufregung; sie sagte, sie wüßte, daß es ganz nutzlos sei, mit meinem Vater über derlei zu reden; er wisse viel zu gut, was zu meinem Besten sei, als daß er zu etwas für mich so Unheilvollem seine Zustimmung geben würde, und sie verstehe gar nicht, wie ich an so etwas denken könne nach einer solchen Unterredung, wie ich sie mit ihm gehabt habe, und nach all
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