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Riyala - Tochter der Edelsteinwelt 1: Kristallmagie: Fantasy (German Edition)

Riyala - Tochter der Edelsteinwelt 1: Kristallmagie: Fantasy (German Edition)

Titel: Riyala - Tochter der Edelsteinwelt 1: Kristallmagie: Fantasy (German Edition)
Autoren: Antje Ippensen
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in ihrer Absicht, auch nur eins ihrer sorgfältig gehüteten Geheimnisse preiszugeben.
    „Sorgen um dich?“, erwiderte die Mutter. „Nein, meine Tochter. Ich weiß, dass der alte Mann gut auf dich achtet. Er hütet dich wie einen Schatz und teilt sein Wissen mit dir. Meine Gedanken wandern vielmehr in die nahe Zukunft, die so furchtbar düster aussieht.“
    In der Kunst des Gedankenlesens hatte sich Riyala bislang kaum geübt – sie wollte gar nicht so genau wissen, was jeder dachte, und glaubte auch nicht daran, diese Fähigkeit zu besitzen – aber jetzt spürte sie nur allzu deutlich, was in der Matriarchin vorging. Aus deren von vielen Fältchen durchzogenem, aber immer noch hübschem Gesicht leuchteten die graugrünen Augen wie zwei Sterne. Das Haar fiel in dichten Wellen von dunklem Silber auf ihre zierlichen Schultern herab. Die Regentin von Co-Lha war hochgewachsen und hielt sich sehr gerade.
    Und durch ihre imposante Erscheinung hindurch wurden vor Riyalas geistigem Auge plötzlich die viele Jahrhunderte alten Traditionen des Landes sichtbar – so lange es Aufzeichnungen gab, hatte eine Frau das Land regiert, unterstützt von einem Mann, der in der Regel ihr Lebensgefährte war. Zu ihrem Gefährten wurde er durch das Große Vereinigungsritual, das die Vermählung der Großen Göttin symbolisierte und aus dem Mann den göttlichen Helden machte, den die Göttin sich erwählte.
    Im Laufe der Zeit hatte sich diese Regierungsform dahin entwickelt, dass beide, Matriarchin und Heros, gemeinsam die Verantwortung übernahmen und sich die Regentschaft gleichberechtigt teilten. – Grundlage allen Tuns war die Anbetung der Großen Muttergöttin; Jahreszeitenrituale hielten das Land im Gleichgewicht und die Menschen im Einklang mit der Natur – ja, so war es jedenfalls gewesen, ehe die Zeit der Dürre kam. Erst jetzt griffen Verwirrung, Anarchie und allgemeine Sinnlosigkeit um sich wie ein Steppenbrand. Niemand wusste, wodurch die Katastrophe ausgelöst worden war, nicht einmal die höchsten Zauberpriesterinnen von Co-Lha.
    War es da verwunderlich, dass Riyala in den Augen der Mutter eine verzweifelte Bitte um Hilfe las?
    Es lag ihr schon auf der Zunge, eine aufrichtige und beruhigende Antwort zu geben, zu erklären, dass sie alles in ihrer Macht Stehende tun wolle, um ihrem Land beizustehen ...
    Aber sie zögerte. Zu sehr genoss sie ihr jetziges Leben: die prickelnden Treffen mit Nigel, die Küsse im Mondlicht und die kleinen Dorffeste, auf denen sie wild und ausgelassen tanzten, sie und ihr Verehrer aus dem Volke, der sie nach wie vor für das Gauklermädchen Zalana hielt. Nigel staunte oft darüber, wie findig und geschickt seine Zalana darin war, Nahrungsmittel und Wasser aufzutreiben. Seit er und das „Gauklermädchen“ sich ineinander verliebt hatten, ging es dem Dorf Arjenez besser als zuvor, die Menschen waren kräftiger und konnten sich auch das halbverhungerte Gesindel von außerhalb besser vom Halse halten. Niemand unter den Dorfbewohnern ahnte, dass Zalanas „Mitbringsel“ sämtlich aus den Speisekammern der Mondburg stammten ...
    Und auch die Lehrzeiten beim Edelstein-Magister waren ungemein aufregend und verliehen Riyala ein wachsendes Machtgefühl, das ihr sehr gefiel. Zwar war ihr noch immer nicht ganz klar, welche Ziele der alte Mann verfolgte – wie alt mochte er überhaupt sein, und wer war er wirklich? Doch gerade diese Rätselhaftigkeit reizte sie umso mehr.
    Dies alles aufgeben und nur noch für die Pflichten gegenüber dem Land leben? Wie öde und bedrückend! Wo bliebe da ihr eigenes Vergnügen? Nein, all das hatte wohl noch etwas Zeit.

    In das lange Schweigen hinein sagte die Matriarchin leise: „Ich denke, du weißt sehr gut, weshalb ich dich hierher rufen ließ, meine Tochter.“
    Auf einmal bemerkte Riyala, wie erschöpft und verbraucht ihre Mutter aussah: Jedes einzelne Fältchen in ihrem zarten Gesicht sprach von unendlicher Müdigkeit.
    Rasch senkte Riyala den Blick und schaute auf das kostbare blau-silberne Tuch, das den Altar bedeckte. In verschlungenen Mustern waren die drei Lebensalter der Großen Göttin hineingewebt: Jungfrau, Mutter und Weise Alte Frau. Dieses Bild, von den Zauberpriesterinnen Co-Lhas kunstvoll gefertigt, besaß große spirituelle Bedeutung. Riyala jedoch dachte bei der Betrachtung nur mit Unbehagen daran, was sie selbst vor einem Jahr an genau dieser Stelle getan hatte: Anstatt zu meditieren und zu beten, hatte sie hier – ohne jegliche
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