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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Helene Luise Köppel
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Andachten in ihren Ordenskapellen in der Bastide. „ Media vita in morte sumus – mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben“, sagte soeben der bereits ziemlich gebrechliche Bischof von Carcassonne, Jean de Chevry, nach Art der Kardinäle gekleidet – in seine Schärpe waren die „rocs d` échiquier“ eingestickt - , als Rixende den überraschten Blick eines großgewachsenen Dominikaners wahrnahm, der entgegen der Regel seinen Kopf nicht in Kontemplation gesenkt hielt. Der Mönch hatte sogar seine Kapuze abgenommen, die Arme vor der Brust verschränkt und musterte ungeniert die junge Frau, die sich über eine solche Frechheit nicht genug wundern konnte.
    Nach der Messe fragte sie Fabri nach ihm.
    „O, Ihr meint sicher Fulco von Saint-Georges, den Zweiten Inquisitor von Carcassonne.“
    Rixende erschrak. „Inquisitor?“
    „Noch vor kurzem war er Prior in Albi. Ein Ehrgeizling. Er war es, der die Gefangenen hierher gebracht hat.“
    „Ich habe seine dreisten Blicke auch beobachtet“, sagte Aimeric. „Doch macht Euch seinetwegen keine Sorgen, Rixende, seht einfach durch ihn hindurch, dann wird er rasch sein Interesse an Euch verlieren.“
    „Wartet nur erst ab, meine Liebe“, meinte Castel Fabri, „bis Ihr den Ersten Inquisitor, Nikolaus von Abbéville, kennengelernt habt! Er ist ein Ausbund an Arroganz, und seinen düsterfunkelnden Augen entgeht so schnell nichts. Allerdings befürchte ich, mit Saint-Georges an seiner Seite wird es noch schlimmer werden. Doch wohnen zum Glück auch die Franziskaner der Messe bei. Habt Ihr den braven Mönch gesehen, der ganz vorne in ihrer ersten Reihe stand? Den mit dem roten Haarkranz und den freundlichen Augen?“
    Rixende nickte.
    „Das war Bernhard Délicieux, ihr hiesiger Lektor, ein überaus gelehrter Mann von hoher Toleranz, der übrigens auch den Tieren eine Seele zugesteht. Er beherrscht die Kunst, in Worte zu fassen, was andere nur im Herzen fühlen, und die Dominikaner hassen ihn ob seiner Beliebtheit beim Volk. Wahrhaftig, es gibt in unserer Stadt keinen Klügeren“, sagte Fabri leise, als sie sich auf den Heimweg machten. „Doch jetzt genug von Carcassonnes Mönchen, lasst uns Benete befragen, was sie Gutes gekocht hat!“

4
    Mich hat der Herr in Gnaden so bedacht,
    dass euer Elend nimmer mich berühret ...
    Dante , Die Göttliche Komödie

    Aimeric Fabri nahm sich die Zeit, des Abends mit seiner Braut bei Kerzenschein im Innenhof zu sitzen, damit sie sich langsam kennenlernten. Sie erzählten einander von ihrer Vergangenheit, redeten über die Ereignisse in Stadt und Land, und Aimeric erklärte seiner Braut ausführlich die Gepflogenheiten des Tuchhandels. Oft konnte man sie noch spät in der Nacht lachen hören, weil sich Aimeric, der für seine Späße in ganz Carcassonne bekannt war, wieder einmal als Komödiant gebärdete. Dennoch, obwohl sie täglich vertrauter miteinander wurden und der junge Mann seiner Zukünftigen bald schmachtende Blicke zuwarf, blieb Rixende seltsam kühl. Vergeblich wartete sie auf das Erwachen ihrer Liebe zu Aimeric. Ihm irgendwelche Gefühle vorzugaukeln, ließ ihr Stolz nicht zu.
    Fabri, der die beiden heimlich beobachtete, war beunruhigt, und auch Mengarde schüttelte den Kopf, weil Rixende Aimeric wie einen ihrer Stiefbrüder behandelte und nicht wie ihren Bräutigam. Bei der Heiligen Sophie, dachte die Muhme, da musste es doch einen Unterschied geben, und gab es ihn nicht, war sicherlich etwas nicht in Ordnung.

    „Habt Ihr eine Weile Zeit für einen alten Mann, Rixende, oder seid Ihr zu sehr mit Euren Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt?“
    Rixende war nicht wenig verwundert, was Fabri so früh am Tag von ihr wollte. Kaum hatte er die Tür seiner Schreibstube hinter ihr geschlossen, kam er zur Sache.
    „Nun, meine Liebe, ich denke, es ist an der Zeit, dass ich mit Euch ein offenes Wort rede. Lasst mich dazu ein wenig ausholen. Euer Vater hat mich seinerzeit, als er sich von der Inquisition bedroht fühlte, gebeten, sein Vermögen zu verwalten. Es handelte sich“, Fabri räusperte sich, „um eine beträchtliche Summe Goldes, größtenteils die Mitgift Eurer Mutter. Die Barschaft hat gute Früchte getragen, wie ich meine, denn sie hat sich bis zum heutigen Tag nahezu verdreifacht. Euer Bruder und Ihr selbst könnt also zufrieden sein.“
    Rixende war überrascht. Sie hatte nicht gewusst, dass der Vater so begütert gewesen war, sie hatte sich um Geld überhaupt niemals Gedanken gemacht, denn sie war im Hause des
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