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Riskante Weihnachten

Riskante Weihnachten

Titel: Riskante Weihnachten
Autoren: Stefanie Ross
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»Vermutlich suchen sie uns schon. Wo sind wir hier? Wie ist die Lage?«
    »Fehlt nur noch, dass du die Augenbraue hochziehst und ›Bericht‹ forderst«, knurrte Joss, grinste dann aber. Andi versuchte schwach ein Lächeln. Er wusste, dass Joss auf seinen Bruder Mark anspielte, dessen Befehlston legendär war. Er hätte es eindeutig schlechter treffen können, zusammen würden sie hier irgendwie rauskommen.
    »Kannst du haben, wenn du weiter sinnloses Zeug quatschst.«
    Joss hob eine Augenbraue und sah dabei seinem Bruder überraschend ähnlich, obwohl sonst niemand auf die Idee käme, dass die beiden verwandt waren. Mark sah durch und durch europäisch aus, während Joss problemlos als Afghane durchging. »Irgendwo im südlichen Teil der Stadt. Das Ding hier war vermutlich früher ein Stall, ziemlich massiv, ein Zugang, außen zwei Wachen, im Hauptgebäude noch mehr. Bewaffnung AK-47 und tschechische Revolver, Verhältnis irgendwo bei zehn zu eins«, fasste der DEA-Agent zusammen.
    »Verdammt.«
    »Tja, dazu noch die Tatsache, dass du dich keine zehn Meter auf den Beinen halten kannst und es eine Frage der Zeit ist, bis sie einen Amerikaner und einen deutschen Soldaten an die Taliban verkaufen. Wir haben Glück, sie ahnen nicht, dass du Offizier bei den Spezialeinheiten bist. Sonst wärst du schon auf dem Weg sonst wohin. Eine Heizung gibt’s hier nicht, wir können froh sein, wenn du die Nacht überstehst. Hast du noch irgendwas, das uns helfen kann?«
    »Ein Messer im Stiefel. Mehr nicht. Wir waren fast auf dem Weg nach Hause.« Andi blickte zu dem schmalen Fenster hoch, das nicht nur außerhalb ihrer Reichweite war, sondern durch das auch höchstens ein Kleinkind gepasst hätte, und versuchte die Tageszeit einzuschätzen. »Unser Flieger wäre jetzt schon auf dem Weg nach Hamburg. So ein verfluchtes Pech.«
    Mitfühlend legte Joss ihm eine Hand auf die Schulter. »Stimmt, trink und ruh dich aus. Ich überleg mir was.«
    Ehe er protestieren konnte, hielt Joss ihm die Wasserflasche an die Lippen. Andi trank durstig und spürte, wie die Schwäche gewann. Vielleicht hatte Joss recht, noch war er nicht in der Verfassung zu kämpfen, aber der Zeitpunkt würde kommen. Es war ein verdammt merkwürdiger Zufall, dass sie sich unter solchen Umständen trafen. Bilder aus der Weihnachtsgeschichte kamen ihm in den Sinn, die Krippe und die Hirten. Ehe er jedoch weiter darüber nachdenken konnte, fielen ihm die Augen zu.

5
    Mit dem Ergebnis hatte Mike gerechnet, aber der gleichgültige Ton des Oberst, der den Stützpunkt der Bundeswehr in Kunduz leitete, brachte ihn an den Rand seiner Beherrschung. Er stützte die Hände auf den massiven Schreibtisch, der in einem grotesken Widerspruch zur ansonsten spartanischen Ausstattung stand. »Muss ich Sie daran erinnern, dass wir nicht Ihrer direkten Befehlsgewalt unterstehen? Ich schlage mit allem Respekt vor, dass wir mit Oberst Dencker reden und ihm die Entscheidung überlassen.«
    »Hier entscheide ich, und ich sehe keine Notwendigkeit mit Ihrem Vorgesetzten zu reden. Sie können sich jetzt entfernen, morgen früh nehmen Sie und Ihr Zug den nächsten Flieger nach Deutschland.«
    Alleine das Wort »Zug« statt »Team« – das war zwar formell richtig, aber genauso ein Schwachsinn wie die offizielle Bezeichnung »Fernmeldespezialist« für Matz, ihr Computergenie. Auch wenn Andi ihn oft genug ermahnt hatte, dass er mit Wut und Ärger nicht weiterkam, konnte Mike sich nicht länger zurückhalten. Er gab endgültig jede Förmlichkeit auf. »Ohne unseren Boss werden wir hier nicht wegfliegen, und wenn Sie uns schon nicht unterstützen, dann kommen Sie uns wenigstens nicht in die Quere.«
    Oberst Hartmann sprang auf. »Sie können die Zeit bis zum Abflug auch in Handschellen im Gewahrsam der Feldjäger verbringen.«
    Zum ersten Mal ergriff der Adjutant des Obersts, ein blonder Hauptmann, das Wort. »Ich glaube, wir können alle eine Pause gebrauchen, vor allem Oberleutnant König hat die Folgen der Explosion offenbar noch nicht verwunden. Wir sollten abwarten, was die nächsten Stunden bringen.«
    Etwas beherrschter fuhr sich Mike über die schmerzende Schläfe. Er würde Andi nicht helfen können, wenn der Oberst seine Drohung wahr machte. »Im Moment können wir sowieso nur warten, aber das ändert nichts daran, dass ich einen startbereiten Hubschrauber brauche, wenn ich erfahre, wo sie Andi festhalten.«
    »Und den werden Sie nicht bekommen. Das habe ich Ihnen erklärt. Sie können
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