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Ringwelt 06: Flatlander

Ringwelt 06: Flatlander

Titel: Ringwelt 06: Flatlander
Autoren: Larry Niven
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Besuchern oder Störungen.«
    »Und es gab keinerlei Besucher für irgendeines der Appartements auf Owen Jennisons Etage?«
    »Nein, Sir. Keine.«
    »Ihre Mieter legen ein sehr einsiedlerisches Verhalten an den Tag.«
    »Das mag sein, Sir.«
    »Ich vermute, Sie verfügen über einen Computer, der entscheiden kann, wer zu den Mietern gehört und wer nicht?«
    »Selbstverständlich.«
    »Also saß Owen Jennison sechs Wochen allein in seinem Appartement. Und in der ganzen Zeit wurde er vollkommen ignoriert.«
    Miller bemühte sich darum, kühl zu klingen, doch seine Nervosität war zu hoch. »Wir bemühen uns, die Privatsphäre unserer Mieter zu achten. Falls Mister Jennison Hilfe irgendwelcher Art gewollt hätte, mußte er nur das Haustelefon zur Hand nehmen. Er hätte mich oder die Apotheke oder den Supermarkt anrufen können.«
    »Schön. Ich danke Ihnen, Mister Miller. Das wäre fürs erste alles. Ich wollte wissen, wie es möglich ist, daß Owen Jennison sechs Wochen lang auf seinen Tod wartet, ohne daß es irgendjemandem auffällt.«
    Miller schluckte mühsam. »Er ist die ganze Zeit über gestorben?«
    »Jepp.«
    »Woher sollten wir das wissen? Wie konnten wir das ahnen? Ich verstehe überhaupt nicht, wie Sie uns daraus einen Vorwurf machen können!«
    »Das tue ich doch gar nicht«, entgegnete ich und ließ ihn stehen. Miller war dicht genug gewesen, und so hatte ich mit meiner imaginären Faust nach ihm geschlagen.
    Jetzt schämte ich mich dafür. Der Mann hatte vollkommen recht. Owen hätte jede nur erdenkliche Hilfe haben können – hätte er sie gewollt.
    Ich stand draußen auf der Straße und blickte zu dem gezackten blauen Himmelsstreifen hinauf, der zwischen den Spitzen der Hochhäuser zu sehen war. Ein Taxi schwebte in Sicht, und ich piepste es mit meinem Klicker an. Es sank zu mir herab.
     
    Ich kehrte ins ARM-Hauptquartier zurück. Nicht an meine Arbeit – ich hätte unmöglich arbeiten können, nicht unter diesen Umständen –, aber ich wollte mit Julie reden.
    Julie. Eine hochgewachsene Frau Ende zwanzig mit grünen Augen und langem Haar, das ihr in roten und goldenen Strähnen über die Schultern fiel. Sie hatte zwei braune, große Zangennarben über dem rechten Knie, doch die waren gegenwärtig nicht zu sehen. Ich blickte durch das Spiegelglas in ihr Büro und beobachtete sie bei ihrer Arbeit.
    Sie lag mit geschlossenen Augen in einer Konturliege und rauchte. Hin und wieder legte sie die Stirn in konzentrierte Falten; ab und an schlug sie die Augen auf und warf einen Blick auf die Uhr, um sogleich wieder in ihrer Konzentration zu versinken.
    Ich unterbrach sie nicht. Ich wußte, wie wichtig das war, was sie gerade tat.
    Julie. Sie war nicht schön. Ihre Augen standen ein wenig zu weit auseinander, ihr Kinn war zu kantig, ihr Mund zu breit. Doch es spielte keine Rolle. Weil Julie Gedanken lesen konnte.
    Sie war die ideale Zuhörerin. Sie war alles, was ein Mann brauchte. Vor einem Jahr, am Tag, nachdem ich den ersten Menschen getötet hatte, befand ich mich in einer schrecklich destruktiven Stimmung. Irgendwie hatte Julie es fertig gebracht, meinen Mißmut in ein manisches Hochgefühl zu verwandeln. Wir waren durch einen überwachten Anarchiepark gelaufen und hatten eine gewaltige Rechnung zusammenkommen lassen. Fünf Meilen weit waren wir gelaufen, ohne irgendein Ziel vor Augen, und hatten dem Rollsteig den Rücken zugekehrt. Am Ende waren wir beide vollkommen erschöpft gewesen, zu müde zum Denken … Vor zwei Wochen war es eine warme, kuschlige, behagliche Nacht gewesen. Zwei Menschen, die miteinander glücklich waren, nicht mehr und nicht weniger. Julie war alles, was ein Mann brauchte, überall und zu jeder Zeit.
    Ihr männlicher Harem war sicherlich der größte in der Geschichte der Menschheit. Um die Gedanken eines männlichen ARM lesen zu können, mußte Julie ihn lieben. Glücklicherweise hatte sie Platz für viele. Sie verlangte nicht von uns, daß wir treu waren. Gut die Hälfte von uns war sogar verheiratet. Doch zwischen Julie und jedem ihrer Männer mußte Liebe sein, sonst war sie nicht imstande, ihn zu schützen.
    Sie schützte uns in eben diesem Augenblick. Alle fünfzehn Minuten stellte sie den Kontakt zu einem anderen ARM-Agenten her. PSI-Kräfte sind berüchtigt für ihre Unzuverlässigkeit, doch Julie bildete die Ausnahme von der Regel. Wenn einer von uns in ein Loch fiel, dann war Julie stets da, um uns herauszuholen … vorausgesetzt, daß sie nicht von irgendeinem
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