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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider
Autoren: Tilman Röhrig
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Band.«
Mit zunehmender Leidenschaft begann er zu stöhnen, zu seufzen, sank dabei leicht in die Knie, fuhr mit den Händen unter ihr Kleid, schob es nach oben und weiter nach oben, bis er unter ihren hängenden Brüsten den Beutel fand. Mit einem verstohlenen Blick an Lisbeth vorbei vergewisserte er sich, ob der Aufseher Verdacht geschöpft hätte. Doch keine Gefahr, der Lochwirt starrte unverwandt auf den immer noch entblößten, so prächtigen Hintern. Bermeter fühlte rasch nach dem Inhalt des Beutels, zählte die Würfel, war zufrieden, zählte die Gulden und fuhr hoch. »Verflucht, nur fünf. Wieso?«
»Ich hab’s eingeteilt. Mehr gibt es nicht.«
»Blödes Weib.« Zorn blitzte in den Augen, gleich erlosch er wieder. »Na gut, es wird auch so klappen. Und jetzt küss mich, und heul richtig los. Schließlich verlierst du morgen deinen Ehemann. Na, wird’s bald!« Lisbeth gab sich Mühe, doch ihm war es nicht genug, schließlich kniff er sie in die Brüste, quetschte die Warzen zwischen den Fingern, bis sie laut aufschrie. »So war es echt«, flüsterte er ihr ins Ohr und streifte das Kleid wieder über den Hintern. »Jetzt geh! Du weißt, wo wir uns treffen. Warte da, ich komme ganz bestimmt.«
Kein Rest. Gründlich wischte Bermeter mit Brot noch den letzten Fleischsaft vom Topfboden. Er blickte sich in der Wachstube des Aufsehers um, verharrte bei den Öllampen an der Wand, streifte das Bett neben dem Ofen, dann sann er vor sich hin.
Dem Lochwirt passte das Schweigen nicht. »Entweder du sagst was, oder ich leg dir die Fußkette an und sperr dich wieder runter. Ich hab keine Lust, mit einem Stummen hier die Nacht lang rumzuhocken.«
Bermeter grinste ihn über den Tisch an. »Hat dir der Arsch gefallen?«
»Was …?«
»Schon gut.« Er tippte die Kuppen der Zeigefinger gegeneinander. »Zwölf Schillinge hast du schon von mir. Ich könnte mir vorstellen, dass nicht alle deine Kunden sich das leisten können.«
»Die meisten haben nicht mal das Geld für den Bohneneintopf.«
Bermeter beugte sich vor. »Und du? Sei ehrlich, was verdienst du hier schon?«
»Hab mein Auskommen. Was geht es dich an?«
»Nichts, gar nichts.« Der Ton wurde dunkler. »Aber wir sind allein, wir können doch offen miteinander reden. Was ich sagen will, ich habe Geld. Und bis morgen ist noch viel Zeit.«
»Was willst du?«
»Spielen. Nicht an den Tod denken.« Ein schneller Griff ins zerschlissene Wams, und drei Würfel lagen auf der offenen Hand. »Nur ein wenig spielen. Das hilft mir durch die Nacht, und du kannst dir ein paar Schillinge dazuverdienen.« »Die einen wollen beten, die andern erzählen mir ihr ganzes Leben …« Der Lochwirt rückte den Hocker näher an den Tisch. »Warum nicht auch mal spielen.«
»Ich wusste es, du bist mein Mann.«
Fünf Schillinge setzte jeder ein. Die beinernen Würfel fielen, rollten und zeigten ihre Augen. In dicken Kreidestrichen notierte Bermeter die Punktzahlen auf die Holzplatte. Nach drei Spielen hatte der Lochwirt schon mehr als einen Gulden gewonnen. Er stand auf und brachte eine Flasche Branntwein. »Nimm’s nicht so schwer. Morgen kannst du eh nichts mitnehmen.«
Als wollte er den Verlust ertränken, schüttete Bermeter hastig den Schnaps in sich hinein. Sosehr er auch die Glücksbringer in den geschlossenen Handmulden schüttelte, sie beschwor, den Bock warf er nicht. Und wieder gingen zwölf Schillinge an den Gastgeber. Nach dem Gewinn von zwei weiteren Gulden hielt es den Lochwirt nicht mehr auf seinem Hocker. Im Stehen wollte er weiterwürfeln.
»Aber erst trinken wir noch einen Schluck.« Die Würfel in der Hand, wischte Bermeter fahrig seinen Becher vom Tisch. »Verflucht, auch das noch.« Er bückte sich danach, kaum wahrnehmbar glitten seine Finger in die Tasche, wieder heraus, und er hielt das Gefäß seinem Wärter hin. »So viel Pech hatte ich noch nie.«
Und das Glück wendete sich. Spiel um Spiel gewann Bermeter sein Geld zurück, dem Lochwirt perlte der Schweiß von der Stirn. »Das kann doch nicht sein.« Bermeter las die Würfel vom Tisch und schloss die Hand. »Du kannst den Reichtum wiederhaben. Mit einem einzigen Spiel.«
»Wie soll das gehen? Ich hab einen Gulden und du vier.«
»Wir sind doch ehrliche Spieler.« Die Faust schwebte über dem Münzenhaufen. »Mein Leben gegen diese vier Gulden. Gewinnst du, bist du reich und mir schlägt der Scharfrichter morgen den Kopf ab. Gewinne ich, lässt du mich raus, und du bist immer noch reich, weil du meine vier Gulden
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