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Rettende Engel (German Edition)

Rettende Engel (German Edition)

Titel: Rettende Engel (German Edition)
Autoren: Ingrid Glomp
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Straße auf und ab blickte.
    Es waren nur wenige Autos und Passanten unterwegs. Niemand beachtete sie, bis auf einen jungen Mann, der sie anstarrte und dabei fast gegen eine Laterne lief. Dass sie diese Wirkung auf Männer hatte, war Cori gewöhnt und sie achtete kaum noch darauf. Sie war eine auffallende Erscheinung, obwohl sie sich extrem schlicht kleidete: T-Shirt, Jeans und Sneakers – der amerikanische Dreiklang – waren in ihrem Beruf am praktischsten. Trat sie sozusagen offiziell als Journalistin auf, zum Beispiel bei einem wichtigen Interview wie an diesem Sonntag, dann wurde das Outfit um einen Blazer erweitert. Sie konnte auch auf noch seriöser oder mondäner machen, aber meistens wollte sie nicht. Schließlich gab es Wichtigeres.
    Es lag also nicht an ihrer Kleidung, wenn sie die Blicke auf sich zog. Was den meisten Menschen, Männern wie Frauen, sofort auffiel und noch lange im Gedächtnis blieb, waren ihr Gesicht und ihre Frisur: goldrotes, mittellanges Haar, ganz leicht gewellt und offen, aber meist hinter die Ohren geschoben, haselnussbraune Augen und dramatisch hohe Wagenknochen – eine Mischung aus Rita Hayworth und Marlene Dietrich, wie ein Filmstudent, der sie anhimmelte, es einmal formulierte.
     „Soweit alles klar, Carsten?“ Vor Begeisterung wurde ihre Stimme lauter.
    „Es gibt keinen Grund, so zu brüllen. Diese neue Erfindung – das Telefon – überträgt alles, was du sagst, von Frankfurt nach Hamburg. In voller Lautstärke.“
    Unbeirrt redete sie weiter: „Du weißt, ihr schuldet mir eine Titelgeschichte nach der Pleite von heute Morgen. Ich kann das. Denk an meine letzte große Geschichte. Okay, ist zwei Jahre her …“ Weiter kam sie nicht.
    „Ich weiß, ich weiß. Du bist mutig, das hast du gezeigt. Du hast kein Problem dein Leben zu riskieren.“ Wie Carsten das sagte, klang es nicht unbedingt positiv, denn sie hörte das „Aber“ laut und deutlich, noch ehe er es ausgesprochen hatte.
    „Die Story war der Knaller, oder?“ Wehmütig dachte Cori an ihre einzige Titelgeschichte in dem Hamburger Magazin zurück. „Ich war die Allererste …“ Damals in Tschetschenien, als sie sich unter die Kellnerinnen gemischt hatte bei einem Treffen zwischen einem tschetschenischen General und einem Oberst des russischen Geheimdienstes, als die beiden ausklügelten, wie sie aus dem Konflikt den größten Gewinn herausholen konnten – mit Waffen- und Drogendeals. Sie hatte sogar ein paar Fotos mit ihrem Handy gemacht und Tonaufnahmen mit einem winzigen Diktiergerät, das sie in der Nähe platziert hatte. Wenn man sie erwischt hätte …
    Mann, sie war gut. Und ihr Russisch war perfekt. Das konnte auch nicht jeder von sich sagen. Im Grunde hatten ihre Enthüllungen Geschichte gemacht, ja, den Lauf der Geschichte verändert. Es gab nichts Besseres.
    „Das ist nicht zwei, sondern fast drei Jahre her. Und du weißt, im News-Business ist das eine Ewigkeit. Was ich brauche, ist wieder so ein Scoop. Der Bankier und der Killer? Ich weiß nicht. Da müsste es noch einen Skandal, Korruption, irgendwas Greifbares im Hintergrund geben. Oder schreib endlich mal was Menschelndes. Wenn du das kannst.“ Carstens Stimme war hoch für einen Mann und kannte nur zwei Tonfälle: nörgelnd und weinerlich. So jedenfalls beschrieb Cori ihn immer. Für sie war er ein typischer Schreibtischtäter. Keine Ahnung von der Arbeit der Reporter draußen, wo das passierte, wovon er nur las. Da passte er bestens zu Brecht, seinem Chef.
    Wobei: Sie hatte sich in den letzten beiden Jahren darauf spezialisiert, riesige Datenmengen auszuwerten, aus dem Internet und von anderswo, was speziell in der Wirtschaft spannende und schockierende Zusammenhänge und Verflechtungen ans Licht brachte. Fand sie und einige Fachkollegen fanden das offenbar auch, die Redaktion des KIOSK jedoch weniger – und die breite Öffentlichkeit, sprich: der Mann auf der Straße, offenbar gar nicht. Wenn sie ehrlich war, juckte es sie auch, endlich mal wieder rauszukommen, auf Reisen zu gehen. Sie hatte gehofft, die Geschichte vom korrupten Senator und dem Callgirl über den Frauenhandel-Aspekt nach Moldawien weiterverfolgen zu können. Nun ja, jetzt würde sie über Breslauers Tod schreiben, wohl wieder so ein Wirtschaftsding, aber danach …
    Obwohl, vielleicht ließ sich auch bei dieser Geschichte was drehen.
    Was hatte Carsten gesagt? Skandal, Korruption? Das mit dem Menscheln wollte sie mal überhört haben.
    „Das versuche ich doch, dir zu
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