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Reptilia

Reptilia

Titel: Reptilia
Autoren: Thomas Thiemeyer
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sehen? Sie können doch sehen, oder?« Er machte eine schnelle Bewegung mit der Hand, auf die meine Augen sofort reagierten. »Verdammt soll ich sein, wenn hier noch alles mit rechten Dingen zugeht«, fügte er mit einem grimmigen Gesichtsausdruck hinzu. »Nun, der Irrtum mit Ihren Augen lässt sich leicht korrigieren.« Plötzlich sah ich in seinen Händen etwas aufblitzen. Es war die Klinge eines Hirschfängers, auf dessen polierter Schneide sich das Mondlicht spiegelte. Ich zweifelte nicht daran, dass Maloney mit dem Ding umgehen konnte, und so rührte ich mich nicht vom Fleck. »Wie ich sehe, haben Sie doch eine Waffe mitgenommen«, sagte ich, während ich das blitzende Stück Metall keine Sekunde aus den Augen ließ.
    »Ist so eine Angewohnheit von mir. Ganz unbewaffnet komme ich mir nackt vor.« Während er das sagte, wanderte sein Blick über den Sprengstoffteppich, auf der Suche nach dem Defekt. »Ich verstehe nicht, wie es Ihnen gelungen ist, meinen Plan zu durchkreuzen. Ich habe die Anlage vorher ausgiebig getestet. Sie können sich meine Enttäuschung vorstellen, als ich auf den Auslöser drückte und nichts geschah. Dabei hatte ich Sie beide so gut im Visier, Sie und Mokéle. Was hatten Sie sich denn zu erzählen, und warum hat das Biest Sie nicht gefressen? Sind Sie so eine Art Pferdeflüsterer? Na egal, ich werde schon noch dahinterkommen.« Er zog an dem Auslöserkabel und spürte augenblicklich, dass dort der Fehler lag. Mit kräftigen Bewegungen holte er das Kabel ein, bis er zu der Stelle kam, an der Mokéle es gekappt hatte.
    »Was in drei Teufels Namen ist das?«, fluchte er, während er die ausgefransten Enden betrachtete. »Sieht aus wie durchgebissen. Dieses verdammte Biest ist schlauer, als ich dachte. Na warten Sie, das werden wir gleich haben.« Er machte einen Schritt auf das Schlauchboot zu, um den Auslöser zu holen. Ganz offensichtlich wollte er die beiden Kabelenden wieder miteinander verbinden und einen zweiten Versuch starten. Als er in das Boot griff, war er für einen Augenblick unaufmerksam. Das war die Chance, auf die ich gewartet hatte. Was ich jetzt tat, grenzte an Selbstmord, aber ich sah keine andere Möglichkeit. Die Aussicht, wieder gefesselt zu werden und noch einmal als lebende Bombe missbraucht zu werden, war schlimmer als der Tod. Nie wieder wollte ich diese schrecklichen Minuten durchleiden müssen. Ich nahm Anlauf und stürzte mich mit vollem Schwung auf ihn, während ich versuchte, ihm das Messer aus der Hand zu schlagen. Der Versuch glückte nur teilweise. Unsere Körper schlugen gegeneinander, doch es gelang mir nicht, seine Hand zu packen. Stattdessen verloren wir das Gleichgewicht und krachten mit voller Wucht auf den metallenen Schwimmkörper, wobei ich unglücklicherweise unter ihm zu liegen kam. Als wir aufschlugen, presste sein Gewicht mir die Luft aus den Lungen. Es dauerte einen Moment, ehe ich wieder Luft bekam, doch diesen Augenblick nutzte Maloney zu seinem Vorteil. Mit der Schnelligkeit einer Viper hob er seinen Arm und stieß zu. Ich sah das Messer aufblitzen und drehte meinen Kopf gerade noch rechtzeitig zu Seite, als sich die Klinge mit einem grässlichen Geräusch in den Schwimmer bohrte. Maloney stieß einen Fluch aus, zog das Messer wieder heraus und hob es hoch über mir in die Luft, bereit, ein zweites Mal zuzustechen. Mit beiden Händen versuchte ich den Hieb abzuwehren, aber der Mann hatte übermenschliche Kräfte. Während sich seine andere Hand um meine Kehle schloss und zudrückte, senkte sich der furchtbare Stahl immer weiter herab. Er würde genau mein Auge treffen. Doch sosehr ich mich auch abstrampelte, ich war seinen Kräften nicht gewachsen. Es war nur noch eine Frage von Sekunden, bis sich die Klinge in meinen Schädel bohren würde.
    Ich glaubte ein Knacken zu hören und stieß einen letzten, verzweifelten Schrei aus.
    In diesem Moment ließ der Druck auf meine Kehle nach. Maloneys Augen bekamen einen starren Ausdruck, und er öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Zuerst dachte ich, mein Schrei hätte ihn wieder zur Besinnung gebracht, doch als ein roter Speichelfaden von seinen Lippen tropfte, erkannte ich, dass etwas Furchtbares geschehen war. Maloney wurde zusehends leichter. Sein zuckender Leib hob sich von mir. Und da sah ich es. Sein Körper baumelte wie eine Marionette am Ende eines grün gefleckten, muskulösen Halses, der ihn wie ein Baukran in die Höhe hob.
    Mokéle!
    Er war zurückgekehrt. Ich sah die funkelnden Augen des
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