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Rendezvous in Tokio

Rendezvous in Tokio

Titel: Rendezvous in Tokio
Autoren: Jina Bacarr
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und rutschte mit meinem Hintern auf der harten Holzbank hin und her, als wollte ich damit das Lilientattoo auf meiner linken Pobacke abreiben. Auf meiner letzten Reise nach Hongkong hatte ich den Sprung ins kalte Wasser gewagt und einen Tätowierer aufgesucht. Ich kicherte. Wie wohl Steve darauf reagierte, wenn er es sah? Die Kapseln in den Kapselhotels waren absolut privat, aber sie waren so winzig, dass man nur auf dem Rücken liegen konnte. Das war zwar interessant, aber für das, was ich im Sinn hatte, zu beengt. Schon zuvor hatte ich Steves braunen Rindsledergürtel beäugt und konnte nicht aufhören, mir vorzustellen, wie sich der Kuss des Leders auf meinem nackten Arsch anfühlte. So sehr stand ich eigentlich nicht auf Sadomasochismus, aber ich hatte mir wohl zu oft spät nachts japanische Spielshows angesehen, in denen auch spielerisches Bondage seinen Platz hatte und halbnackte Männer schwarze Latexpeitschen schwangen. Ich war neugierig. Wenn nicht sogar spitz drauf.
    Weil meine angeturnte Miene ihm nicht entging, lachte er. „Komm schon, ich werde dir das Japan zeigen, das die meisten Touristen nie zu sehen bekommen.“ Er nahm meine Hand, zog mich aus dem Nudelladen und quer über die Straße zu seinem parkenden Auto. Während wir gingen, redeten wir. „Wir fahren den Hügel hinauf zu einem Ra.buho.“
    „Klingt wie rabbit hole“, bemerkte ich. „Wie bei Alice, die durch den Zauberspiegel guckt?“ Kurz dachte ich über die Mythen nach, die ich über Tokio kannte, aber das kam mir nicht sehr plausibel vor. Welche Mangafantasie meinte er bloß? Das einzige Kaninchen, mit dem ich persönlich bekannt war, hatte einen rotierenden Schaft und Plastikperlen in seinem Innern, die ein knisterndes Geräusch machten, wenn ich es benutzte. An den Schaft waren winzige Hasenöhrchen befestigt, die meine Klit mit Vibrationen zu orgiastischen Höhen massierten.
    „Nein. Das ist das japanische Wort für Lovehotel.“
    „Lovehotel?“
    „Ja. Obwohl sie es auch oft Boutique oder Modehotel nennen. Früher, zurzeit des alten Japan, nannte man sie deai chaya .Teehäuser. Dort gingen die Liebenden hin, wenn sie ein Stelldichein hatten.“
    Steve erklärte mir, dass später Stundenhotels, in denen man ganz für sich war und sich sexuellen Freuden hingeben konnte, tsurekomiyado genannt wurden. Rendezvous-Hotels. Die Lovehotels, die heute so populär waren, gingen auf das Gesetz zur Ausgangssperre zurück, das in den Sechzigern erlassen wurde, erzählte er mir. Demnach wurden Frauen aus reinen Männerhotels nach neun Uhr abends verbannt. Für einen Geschäftsmann war es gängige Praxis, eine Hostess zu treffen und sie anschließend in ein westliches Hotel mitzunehmen.
    „Was passierte um neun Uhr?“, fragte ich und stellte mir einen japanischen Quickie vor.
    „Der Geschäftsmann wurde verlegen, weil er den Blicken und dem Grinsen der Mitarbeiter am Empfang und der anderen Paare ausgesetzt war, die wussten, warum er da war. Darum musste er eine andere Möglichkeit finden, um sein sexuelles Verlangen zu stillen – und. zugleich sein Geheimnis zu bewahren.“ Er grinste. Sein sexy Lächeln versprach mir eine ebenso sexy Antwort. „Und so wurde das Lovehotel geboren.“
    Man müsse dort nicht reservieren, versicherte Steve mir. Es war sowohl bei Singles als auch bei verheirateten Paaren beliebt. Lovehotels waren 24 Stunden am Tag geöffnet: Man konnte zum Mittagessen hin, nach der Arbeit, vor der Spätvorstellung im Kino – jederzeit, wenn man in Stimmung war, sich ein paar Stunden lang seinen erotischen Fantasien und sexuellen Kicks hinzugeben.
    Ich stieg in sein Auto. Mich faszinierte, wie viel er über dieses einzigartige, japanische Phänomen wusste. Schon vorher hatte ich gehört, dass Japan in sexueller Hinsicht ein wahrer Supermarkt war, in dem man alles bekam, aber ich hätte nie gedacht, dass sich mir die Gelegenheit bot, es aus erster Hand zu erleben.
    Wir fuhren zum anderen Ende der Stadt. In der Nähe des Bahnhofs gab es ein schäbiges Viertel. Eine Gegend, in der sich kleine Holzhäuser mit abgetrennten Hintergärten erstreckten. Ich fragte mich, warum er mich hierherbrachte, bis ich den Schriftzug sah: das Wort Hotel blinkte in blauer Neonschrift, umgeben von roten und grünen Sternen auf einem hohen Betonklotz. Es sah eher nach einem Gefängniszellenblock aus und nicht nach einem Lustpalast. Eine unangenehme Nässe zwischen meinen Schenkeln machte mich zappelig. Worauf hatte ich mich bloß
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