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Rembrandts Vermächtnis (German Edition)

Rembrandts Vermächtnis (German Edition)

Titel: Rembrandts Vermächtnis (German Edition)
Autoren: Alexandra Guggenheim
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da. Rebekka meint, dass ich immer gleich melancholisch werde, wenn ich an meine Frau denke, und sie hat recht. Alles wird anders, wenn demnächst wieder ein großer Auftrag kommt. Dann werde ich diesen Beutelschneidern von Gläubigern jeden Stuiver, den ich ihnen noch schulde, einzeln zurückzahlen. Sie können mich nicht zugrunde richten, nicht solange ich malen kann.“
    Es hätte Pastor Goltzius sicherlich befremdet, wenn er vernommen hätte, dass der größte und berühmteste Maler des Landes in finanzieller Not war und sich um Aufträge sorgte. Ich überlegte, wie dem Meister geholfen werden könnte. Noch war der Zeitpunkt nicht gekommen. Aber wenn ich erst einmal ein berühmter Maler wäre, würde ich meinem Lehrer nach Kräften beistehen.

    November 1668
    Eines Tages saßen Cornelia, Rebekka und ich in der Stube beim Nachtmahl. Der Meister war noch unterwegs, weil er etwas Geschäftliches in der Stadt zu erledigen hatte. Die Magd hatte Feuer im Kamin gemacht. Nun wetzte sie das Messer, holte Teller und Humpen aus dem Regal und tischte Brot, Käse und Bier auf. Cornelia lockte ihre Katze zu sich und gab ihr heimlich von dem Käse, damit Rebekka nichts bemerkte. Sie zwinkerte mir verschwörerisch zu, spitzte den Mund und legte den Finger auf die Lippen.
    Plötzlich hörten wir ein Poltern an der Tür. Der Meister war zurückgekehrt, sein Gesichtsausdruck wirkte gelöst und zufrieden. So aufgeräumt hatte ich ihn bisher nur erlebt, wenn er am Sonntagabend mit seiner Tochter Karten spielte und beide ihre Scherze machten.
    „Hast du mir etwas mitgebracht, Vater?“ Erwartungsvoll sprang Cornelia von ihrem Stuhl hoch. Blitzschnell griff sie in den Korb, den der Meister mitten auf den Tisch stellte.
    „Nein, wieder nichts für mich. Immer nur kaufst du etwas für deine Sammlung“, rief sie enttäuscht und zog einen silbernen Helm heraus, der über und über mit Ornamenten verziert war. Der Schlitz für die Augen war so schmal, dass nicht einmal ein Schwert dazwischen gepasst hätte. „Du hattest mir aber doch einen Ring versprochen, wenn ich vierzehn werde. Und mein Geburtstag ist schon mehr als einem Monat vorbei.“
    Cornelia biss sich auf die Lippen und zog schniefend die Nase hoch. Der Meister griff lächelnd in seine Gürteltasche und hielt ihr seine geschlossene Hand entgegen. Aufgeregt bog Cornelia die Finger auseinander.
    „Dann hast du also doch daran gedacht? Lass mich sehen. Oh, der ist aber schön.“
    Blitzschnell steckte sie sich einen goldenen Ring mit einem herzförmigen blauen Stein an den Finger, drehte ihre Hand im Lichtschein des Feuers und umarmte den Meister.
    „Danke, Vater. Es tut mir leid, dass ich so ungeduldig war. Und was ist jetzt mit dem Helm? Vielleicht sollte ich den auch einmal probieren.“
    Übermütig stülpte sie sich den Helm über den Kopf. Er war viel zu groß und rutschte bis zum Kinn hinunter. Lachend nahm sie ihn wieder ab und kam auf mich zu. Ich machte eine abwehrende Handbewegung, doch Cornelia war schneller.
    „Was meinst du, Vater, möchtest du Samuel nicht einmal so malen? Als furchtlosen Ritter?“
    Die alte Magd hatte dem Treiben bisher wortlos zugesehen, doch jetzt schüttelte sie entschieden den Kopf.
    „Mijnheer, was habt Ihr da nur wieder gekauft? Bestimmt habt Ihr ein Vermögen für dieses rostige Stück ausgegeben. Als ob Ihr nicht schon genug überflüssiges Zeug hättet. Wovon sollen wir denn jetzt die Miete für das Haus zahlen? Der Fleischer hat seit einem halben Jahr kein Geld mehr bekommen. Ich mag schon gar nicht mehr bei ihm anschreiben lassen. Selbst an Sonntagen reicht es bei uns nur für einen Gemüseeintopf oder gebratene Eier.“
    Verärgert blickte der Meister die Magd von oben herab an und verzog das Gesicht. Er ballte die Hand zur Faust und schlug sie mit solcher Kraft auf die Tischplatte, dass das Bier aus den Bechern schwappte.
    „Schluss damit, Rebekka. Ich kann dieses Gejammer nicht länger ertragen. Du verstehst eine Menge von Haushalt, und niemals habe ich mich da eingemischt. Aber was weißt du überhaupt von Dingen, die ein Maler für seine Arbeit braucht? Seit langem schon suche ich einen Helm, der so sorgfältig ziseliert ist, und der obendrein noch einen so günstigen Preis hat. Außerdem habe ich das sichere Gefühl, dass bald wieder ein großer Auftrag kommen wird. Dann kannst du demnächst jeden Tag Fleisch kaufen.“
    Rebekka zeigte sich unbeeindruckt von den Worten des Meisters und zuckte resigniert mit den Schultern.
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