Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reise um den Mond

Reise um den Mond

Titel: Reise um den Mond
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
wird die Hälfte der Erdbewohner bald nach dem Mond auswandern!«
    Diese Unterhaltung unter den Officieren der Susquehanna dauerte bis ungefähr ein Uhr Morgens. Was für schwindelhafte Systeme, was für Umsturztheorien von diesen Verwegenen aufgestellt wurden, läßt sich nicht sagen. Seit Barbicane’s Unternehmen schien den Amerikanern nichts unmöglich zu sein. Sie machten schon das Project, nicht blos eine Commission von Gelehrten, sondern eine ganze Colonie zu den Selenitengestaden zu entsenden, und ein ganzes Heer mit Infanterie, Artillerie und Cavallerie, um die Mondwelt zu erobern.
    Um ein Uhr Morgens war das Herauswinden der Sonde noch nicht fertig; es waren achtzehntausend Fuß draußen, was noch einige Stunden Arbeit erforderte. Gemäß dem Befehl des Commandanten waren die Feuer angezündet, und der Dampfdruck begann. Die Susquehanna war zum Auslaufen bereit.
    In diesem Moment – ein Uhr siebenzehn Minuten – war der Lieutenant Bronsfield im Begriff, von seinem Posten abgelöst, sich in seine Cabine zu begeben, als ganz unerwartet ein fernes Pfeifen seine Aufmerksamkeit erregte.
    Er glaubte nebst seinen Kameraden Anfangs, das Pfeifen rühre von einem Entweichen des Dampfes her; aber als sie die Köpfe emporrichteten, konnten sie sich überzeugen, daß der Ton aus den entferntesten Luftschichten her kam.
    Sie hatten nicht Zeit, sich gegenseitig zu fragen, als das Pfeifen unendlich stark wurde, und plötzlich vor ihren bestürzten Blicken ein enormer Bolid zum Vorschein kam, der bei der reißenden Schnelligkeit seines Falles durch seine Reibung der atmosphärischen Luftschichten in vollen Flammen war.
    Diese feurige Masse nahm vor ihren Augen an Größe zu, schlug mit donnergleichem Getöse wider das Bugspriet der Corvette, zerschmetterte es dicht am Vordersteven und versank mit betäubendem Tosen in die Tiefe der Fluthen!
    Einige Fuß näher hätte es die Susquehanna mit Mann und Maus zertrümmert.
    In diesem Augenblick erschien halb angekleidet der Kapitän Blomsberry auf dem Vordercastell, wohin seine Officiere vorangeeilt waren.
    »Mit Erlaubniß, meine Herren, was ist vorgegangen?« fragte er. Und der Cadet, der für alle das Wort ergriff, rief:
    »Commandant, ›sie‹ sind zurückgekehrt!«
Einundzwanzigstes Capitel.
Ein Mißgeschick Maston’s.
    An Bord der Susquehanna herrschte große Aufregung. Officiere und Matrosen vergaßen die fürchterliche Gefahr, worin sie soeben geschwebt hatten, die Möglichkeit zerschmettert und versenkt zu werden. Sie dachten nur an das beklagenswerthe Ende dieser Reise. So kostete also die kühnste Unternehmung alter und neuer Zeit den verwegenen Abenteuerern, welche sie gewagt hatten, das Leben.
    »Sie kommen zurück«, hatte der junge Cadet gesagt, und alle hatten ihn verstanden. Niemand war in Zweifel, daß dieser Bolid das Projectil des Gun-Clubs sei. In Betreff des Schicksals der in demselben enthaltenen Reisenden waren die Meinungen getheilt.
    »Sie sind todt! sagte der Eine.
    – Sie sind noch bei Leben, sagte der Andere. Die tiefe Wassermasse hat den Fall abgeschwächt.
    – Aber die Luft ist ihnen ausgegangen, fuhr dieser fort, und sie mußten ersticken!
    – Verbrennen! entgegnete Jener. Das Projectil war, als es durch die Luft fuhr, nur eine glühende Masse.
    – Gleichviel, ob lebend oder todt, wir müssen sie herauf holen«, äußerten sie einstimmig.
    Inzwischen hatte der Kapitän Blomsberry seine Officiere versammelt und hielt, mit ihrer Erlaubniß, eine Berathung. Es handelte sich darum, augenblicklich Maßregeln zu ergreifen. Am Dringendsten war, das Projectil herauszuholen; ein schwieriges, doch nicht unmögliches Werk. Aber es fehlte der Corvette an den nöthigen Maschinen, die kräftig und genau sein mußten. Man beschloß, im nächsten Hafen zu landen und dem Gun-Club das Herabfallen des Projectils zu melden.
    Dieser Beschluß wurde einstimmig gefaßt, und man berieth über die Wahl des Hafens. Die nahe Küste bot keinen Landungsplatz unterm 27° der Breite. Weiter hinauf, oberhalb der Halbinsel Monterey, fand sich die bedeutende Stadt, wonach dieselbe benannt; aber da sie in einer öden Gegend lag, war sie ohne telegraphische Verbindung mit dem Inneren, und doch konnte nur durch den elektrischen Draht die wichtige Mittheilung schnell genug befördert werden.
    Einige Grade oberhalb fand sich die Bai S. Francisco. Ueber die Hauptstadt des Goldlandes schien der Verkehr mit dem Centrum der Union leicht. Binnen zwei Tagen konnte die Susquehanna mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher