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Regenbogen-Welt (German Edition)

Regenbogen-Welt (German Edition)

Titel: Regenbogen-Welt (German Edition)
Autoren: Alisha Bionda
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etwas von
einer heiligen Quelle gemurmelt, deren Wasser der Ursprung des Lebens sein
solle.
    Die steinernen Zinnen des Schlosses wirkten hoheitsvoll und
abweisend. Auch die Zugbrücke vermittelte keinen einladenden Eindruck.
    Shash fasste es in Worte: „Wo sind wir jetzt wieder gelandet?
Sieht nicht gerade Vertrauen erweckend aus.”
    Nun wagte auch Dahsani etwas zu sagen. „Ob das eine gute Idee
war, hierhin zu ...” Er verstummte mitten im Satz.
    Ein Coyote saß auf der Schwelle der Pforte. Gelassen blickte er
den Freunden entgegen. Seine mystisch-gelben Augen fixierten jede ihrer
Bewegungen. Barb trat auf ihn zu. Wie selbstverständlich. Furchtlos blickte sie
ihn an. „Bring uns zu ihr, Coyote”, sagte sie in einem Befehlston, der Dahsani
blass werden ließ.
    Der Coyote stutzte einen winzigen Augenblick, aber dann nickte er
und erwiderte: „Sie wartet schon auf euch.”
     

     
    Sie war für Saha eine herbe Enttäuschung. Flüchtig
betrachtet. Eine unscheinbare Frau in heller Lederkleidung aus Büffelleder. Ihr
langes, dunkles Haar war in zwei dicken Zöpfen geflochten. Um den Hals trug sie
auffallenden Silberschmuck, den türkisfarbene Edelsteine zierten. Doch das
hervorstechendste Merkmal an ihr war ihre Hautfarbe: Sie war weiß! Schneeweiß.
    Die Weiße Büffelfrau lächelte ihnen entgegen, wenngleich ihr
Blick nur Barb suchte. „Ich habe lange auf dich gewartet, Tochter!”, sagte sie
mit einer warmen, dunklen Stimme. Dann wanderte ihr Blick erstmals auch zu
Saha. „Und da ist ja auch deine weiße Schwester.” Ihr Gesichtsausdruck wurde
ernster. „Ihr müsst euch beeilen. Ihr habt nicht mehr viel Zeit. Nur einmal im
Jahr geht das rote Volk den Pfad des Lebens. Folgt dem Lauf des Blauen Flusses,
der in den Blauen See mündet. Dort werdet ihr die Quelle des Lebens – den
Ursprung – finden.“
    „Aber was sollen wir dann hier und verplempern kostbare Zeit?”,
wollte Dahsani gewohnt vorlaut wissen. Brachte aber auf den Punkt, was Saha
dachte.
    Die Weiße Büffelfrau zog eine Augenbraue hoch. Sie war ein derart
respektloses Verhalten nicht gewöhnt. Sie schenkte Barb wieder ihre Aufmerksamkeit.
Blickte ihr tief in die Augen und ließ etwas aus dem Ärmel gleiten. Etwas
Funkelndes, in dem sich das Licht brach. Einen Kristall.
    Den Heiligen Kristall, wie Uhura ehrfurchtsvoll flüsterte.
     

     
    Sie gingen nicht mehr den Weg zurück, den sie gekommen waren,
sondern folgten der Regenbogen-Brücke bis zur anderen Seite. Was die Freunde
empfing, waren wieder endlose Gänge des Labyrinths. Sie gönnten sich keine
Pause. Litten Hunger und Durst. Immer die Stimme der Weißen Büffelfrau im Ohr:
‘Ihr müsst euch beeilen ... beeilen ... beeilen ...’
    Barb hätte am liebsten geschrien. Die Zeit arbeitete gegen sie.
Sie schafften es nicht! Als sie den Freunden schon vorschlagen wollte,
aufzugeben, als sie ihre Hoffnung begraben wollte, den Pfad des Lebens jemals
zu beschreiten, rief Ishtar: „Seht nur!”
    Ein großes, dunkles Tier ließ sich in affenartiger
Geschwindigkeit aus dem Nichts auf sie herab. Seine acht Augen betrachteten die
potentiellen Opfer dabei aufmerksam. Saha wusste, dass die Hauptaugen Bilder,
die Nebenaugen Bewegungen wahrnahmen. Flink kam das Tier auf seinen acht
siebengliedrigen Beinen herangelaufen. Sein Vorder- und Hinterleib – durch
einen schmalen, röhrenförmigen Stiel verbunden – wies starke Behaarung auf.
Obwohl in seinen Adern blaues Blut floss, hatte es durchaus nichts
Aristokratisches, eher etwas Verschlagenes an sich. Doch das täuschte.
    „Azaa!”, rief Saha erfreut. „Sieh nur, Barb, das ist Azaa!”
    Barb rührte sich nicht. „Ich weiß nicht so recht”, meinte sie
zögernd. „Sie sieht zwar so aus, aber ...”
    Die Spinne kam näher und kicherte. „Was für hübsche
Sonntagsbrate. Mein Labyrinth – ohne mich loben zu wollen: Mein Meisterwerk –
hält euch gefangen. Ihr entkommt mir nicht.” Sie blieb nur einen Meter vor
ihnen stehen. Und da bemerkte es auch Saha.
    „Du bist nicht Azaa”, flüsterte sie enttäuscht. Sie blickte sich
um. „Das ist kein natürliches Labyrinth. Das ist ein Spinnennetz. Ein von dir
gewebtes Netz.”
    Die Spinne kicherte. „Du hast Recht. Ich bin Iktomi, die
Durchtriebene.”
    Saha hörte nur mit halbem Ohr zu. Sie wirbelte zu Barb und Ishtar
herum. „Das ist eine Falle”, rief sie.
    Ishtar nickte traurig. Dahsani öffnete den Mund, um seine
Empörung herauszubrüllen. Wohl auch als Ventil für seine Angst. Aber er
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