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Rechtsdruck

Rechtsdruck

Titel: Rechtsdruck
Autoren: Matthias P. Gibert
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Wir sind Zeugen Ihres
Gespräches mit Frank Weiler vor zwei Stunden gewesen. Sah brutal aus, wie er Sie
da am Schlafittchen hatte. Und zu allem Überfluss haben wir alles gehört, was er
und Sie zu besprechen hatten. Jedes einzelne Wort ist auf Band gespeichert.«
    Wieder schluckte der Jurist und legte im Anschluss seine Hände in den
Schoß. Seine Haltung veränderte sich, er wirkte auf einmal angeschlagen. Offenbar
hatte Lenz ihn kalt erwischt.
    »Das glaube ich Ihnen nicht. Sie bluffen. Es war niemand in unserer
Nähe.«
    » Wir kriegen das hin, Frankie, du darfst jetzt nur nicht die Nerven
verlieren «, imitierte Hain Gebauers Worte an Weiler ein paar Stunden zuvor.
»Glockenklar und ohne jegliche Hintergrundgeräusche zu hören; jedes einzelne Wort
ist perfekt zu verstehen.«
    Lenz, der keine Ahnung hatte, worum es bei dem Streitgespräch zwischen
Gebauer und Weiler auf dem Parkplatz tatsächlich gegangen war, schickte einen weiteren
Testballon ab.
    »Das, was wir von Ihnen auf Band haben, wird jeder Richter auf der
Welt als Geständnis werten. Zusammen mit Frank Weilers Aussage sind Sie, um es mal
ganz vorsichtig auszudrücken, mächtig im Arsch, Herr Dr. Gebauer. Sie werden im
Gefängnis landen und sich dort mit Menschen auseinandersetzen müssen, die sich an
Ihre Sprüche und Ihre Forderungen aus der jüngeren Zeit erinnern. Natürlich sind
darunter auch Migranten. Denen können Sie dann persönlich klarmachen, wie Sie das
genau gemeint haben mit den Ghettos und den Straftätern aus dem Einwanderermilieu.
Die sind bestimmt ganz scharf darauf, sich im Einzelgespräch erklären zu lassen,
wie genau Sie die Islamische Republik Deutschland zu verhindern gedenken.«
    Aus der Stirn des Mannes hinter dem Schreibtisch traten kleine Schweißperlen.
Gebauer hatte noch immer die Hände im Schoß liegen und wippte mit den Füßen einen
stummen Rhythmus. Sein Brustkorb hob und senkte sich in rascher Folge. Lenz, der
viele Verhöre in seinem Leben hinter sich gebracht hatte, war überzeugt davon, dass
der Jurist genau den Dreck am Stecken hatte, den er ihm vorgehalten hatte, doch
Gebauer war viel zu sehr Politiker und Jurist, um sich geschlagen zu geben.
    »Sie wissen doch selbst, meine Herren«, konterte er, »dass Tonbandaufnahmen
vor Gericht von sehr zweifelhaftem Beweiswert sind. Das Bundesverfassungsgericht
hat …«
    Der Hauptkommissar traute seinen Ohren nicht. Gebauer widersprach seiner
Darstellung nicht, sondern berief sich, als säße er bereits einem Richter gegenüber,
auf Verfahrensfehler. Trotzdem war alles, was die Polizisten erreicht hatten, ohne
ein Geständnis von ihm für die Galerie.
    »… und deshalb sollten Sie sich gut überlegen, wie Sie weiter vorgehen
werden. Frank Weiler ist ein Kokainkonsument, was ihn vor Gericht zu einem unsicheren
Kantonisten macht.«
    Lenz hatte dem Mann nicht richtig zugehört. Ihm waren, während Gebauer
gesprochen hatte, ihre Möglichkeiten durch den Kopf gegangen. Wenn sie das Büro
ohne Gebauer in Handschellen verließen, war nicht der Jurist im Arsch, sondern Hain
und er. Ludger Brandt würde ihnen den Kopf abreißen. Sie waren weit gegangen, vermutlich
zu weit. In ihrem Lauf befand sich keine weitere Patrone, und bis jetzt hatten sie
Gebauer zwar angeschossen, aber nicht erlegt. Fieberhaft rasselten die Gedanken
durch sein Gehirn, doch er konnte den richtigen nicht ausmachen; wenn es diesen
einen, tödlichen Gedanken denn überhaupt gab. Wie in Trance hörte er, dass im Hintergrund
Hain seine Handschellen aus der Tasche zog und mit ihnen in der Hand auf den Schreibtisch
zuging.
    »Herr Dr. Gebauer, ich nehme Sie wegen des dringenden Tatverdachtes
der Anstiftung zum Mord an Gerold Schmitt fest. Bitte stehen Sie auf und drehen
sich um.«
    Lenz hob den Kopf und blickte nach oben, weil er einen Augenblick lang
dachte, zu träumen, doch sein Kollege war tatsächlich mit den Handschellen zwischen
den Fingern auf dem Weg zu Gebauer.

40
     
    Justus Gebauer sah zwar den Polizisten, der mit einem Paar Handschellen
auf ihn zukam, doch er konnte ihn nur schemenhaft erkennen. Vor seinem geistigen
Auge lief ein Film ab, ein Gefängnisfilm zu allem Unglück auch noch, und er, der
zukünftige Star der deutschen Politik, spielte die Hauptrolle darin. Es ging um
Gewalt im Gefängnisalltag, islamische Folterrituale und Schmerzen. Große Schmerzen.
Innerhalb von einer halben Stunde war er verglüht, war sein Stern erloschen.
    Die Entzauberung des Justus G. wäre ein passender
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