Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Raum

Raum

Titel: Raum
Autoren: Emma Donoghue
Vom Netzwerk:
Klo höre ich Leute Spanisch reden, aber Ma sagt, das Wort dafür ist Chinesisch. Es gibt Hunderte von verschiedenen Arten, wie man fremd sprechen kann, das macht mich ganz schwindelig.
    Wir gucken uns noch ein Museum an, da sind lauter Gemälde, ein bisschen wie unsere Meisterwerke aus den Haferflocken, aber viel, viel größer, und außerdem kann man das Klebrige von der Farbe sehen. Es gefällt mir, durch den ganzen Raum zu gehen, wo sie drin sind, aber dann kommen noch mal ganz viele Räume. Ich lege mich auf die Bank, da kommt ein Mann in Uniform und macht kein freundliches Gesicht, deshalb laufe ich weg.
    Stiefpa kommt mit einem super Ding ins Selbstbestimmtes Wohnen, es ist ein Fahrrad, das sie eigentlich für Bronwyn aufgehoben haben, aber ich kriege es zuerst, weil ich größer bin. In den Speichen von den Rädern hat es so glänzende Gesichter. Ich muss einen Helm und Knieschoner und Armpolster anziehen, wenn ich damit im Park fahre, die sind für wenn ich runterfalle, aber ich falle nicht runter, ich habe nämlich Gleichgewicht, Stiefpa sagt, ich bin ein Naturtalent.
    Als wir das dritte Mal Fahrrad fahren, sagt Ma, ich brauch die Schoner nicht mehr anziehen, und in ein paar Wochen, macht sie auch die Stützräder ab, weil dann brauche ich die auch nicht mehr.
    Ma findet ein Konzert, das ist in einem Park, aber nicht in unserem nahen Park, es ist ein anderer, wir müssen in einem Bus fahren. Busfahren gefällt mir supergut. Wir können auf die Haarköpfe von allen möglichen Leuten unten auf der Straße runtergucken. Bei dem Konzert ist die Regel, dass die Musikpersonen den ganzen Krach machen, und wir dürfen keinen einzigen Mucks machen, außer Klatschen am Ende.
    Grandma sagt, Ma soll mich doch mal in den Zoo mitnehmen, aber Ma sagt, sie würde die Käfige nicht aushalten.
    Wir gehen in zwei verschiedene Kirchen. Mir gefällt die mit den ganz bunten Fenstern, aber die Orgel ist zu laut.
    Und außerdem gehen wir zu einem Stück, das ist, wenn Erwachsene sich verkleiden und wie Kinder spielen, und alle anderen gucken zu. Das ist in noch einem anderen Park und heißt Mittsommernachtstraum . Ich sitze auf dem Gras und habe die Finger vor dem Mund, damit er nicht vergisst, dass er zubleiben muss. Ein paar Feen zanken sich um einen kleinen Jungen, sie sagen so viele Wörter, dass alle zusammenpappen. Manchmal verschwinden die Feen und Personen mit nur schwarzen Sachen an tragen die Möbel hin und her. »Genau wie wir in Raum«, flüstere ich zu Ma, beinahe lacht sie.
    Aber da fangen die Personen, die neben uns sitzen, an zu rufen: »Wie nun, Geist« und »Heil dir, Titania«, ich werde wütend und sage Psst! . Und dann schreie ich sie sogar an, sie sollen still sein. Ma zieht mich an der Hand bis ganz zurück, wo ein Teil mit Bäumen kommt, und erklärt mir, das war Zuschauerbeteiligung, so was darf man, es ist ein Sonderfall.
    Als wir nach Hause ins Selbstbestimmtes Wohnen kommen, schreiben wir alles auf, was wir schon ausprobiert haben, es wird eine lange Liste. Und dann gibt es noch Sachen, die wir vielleicht mal ausprobieren, wenn wir mutiger sind:
     
    In einem Flugzeug fliegen
    Ein paar von Mas alten Freunden zum Essen einladen
    Ein Auto lenken
    Zum Nordpol fahren
    In die Schule (ich) und aufs College (Ma) gehen
    Eine Wohnung finden, die wirklich uns gehört und nicht im Selbstbestimmtes Wohnen ist
    Eine Erfindung machen
    Neue Freunde finden
    In einem anderen Land wohnen, was nicht Amerika ist
    Sich mit einem andern Kind in dessen Haus zum Spielen verabreden, zum Beispiel mit dem Jesuskind oder Johannes dem Täufer
    Schwimmen lernen
    Am Abend Tanzen gehen (Ma) und ich bleibe dann bei Stiefpa und Grandma auf der Luftmatratze
    Eine Arbeit haben
    Zum Mond fliegen
     
    Am wichtigsten ist: Einen Hund kriegen, der Lucky heißt , jeden Tag will ich los, aber Ma sagt, sie hat schon genug um die Ohren, vielleicht wenn ich sechs bin.
    »Wo ich dann einen Kuchen mit Kerzen kriege?«
    »Mit sechs Kerzen«, sagt sie. »Ich schwöre.«
    In der Nacht reibe ich in dem Bett, das gar nicht unser Bett ist, über die Decke, sie ist geschwollener als unser Zudeck. Als ich vier war, wusste ich noch gar nichts von der Welt, oder ich dachte, das sind nur Geschichten. Dann hat Ma mir in echt davon erzählt und danach wusste ich alles. Aber jetzt, wo ich die ganze Zeit in der Welt bin, weiß ich überhaupt nicht mehr viel, immer bin ich durcheinander.
    »Ma?«
    »Ja?«
    Sie riecht immer noch wie Ma, nur nicht ihre Brüste, die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher