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Ratgeber Übergewicht

Ratgeber Übergewicht

Titel: Ratgeber Übergewicht
Autoren: Volker Pudel
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fühlen sich als Außenseiter, trauen sich oft nicht mehr in die Öffentlichkeit und leben innerlich allein mit ihrem Kummer, der sie oft das Essen als Trost empfinden lässt. Übergewicht hat mit Willensschwäche oder „Naschhaftigkeit“ nichts zu tun. Genetische Disposition in Wechselwirkung mit unseren „modernen“ Lebensverhältnissen macht es den Betroffenen schwer, dagegen erfolgreich anzugehen. Es ist auch wirklich schwer, wie die Mehrheit der Deutschen beweist, die inzwischen übergewichtig ist.
    Häufig werden, auch von Angehörigen, die Übergewichtigen „auf die Probe“ gestellt. Man bietet ihnen noch ein Stück Kuchen an, schenkt ihnen ein Verdauungsschnäpschen ein oder zwingt ihnen zum Dessert noch eine Mousse au Chocolat auf. Setzt sie also dem Konflikt zwischen Höflichkeit und Standhaftigkeit aus. Dahinter steckt manchmal auch die Absicht zu beweisen, dass die „Dicken“ doch viel essen und trinken. Das sollte man sein lassen. Liebe Gäste dürfen nicht so verführt werden.
    Wenn Betroffene selbst ihr Gewichtsproblem ansprechen, dann sind Sie am besten „ganz Ohr“ und hören zu. Sparen Sie sich die üblichen „guten Ratschläge“, denn sie helfen nicht. Setzen Sie lieber in Ruhe das Gespräch über die Inhalte Ihres Gesprächsteilnehmers fort. Erfahren Sie, welche Sorgen und Wünsche geäußert werden. Versuchen Sie, Ihren übergewichtigen Angehörigen zu verstehen. Sagen Sie ihm, dass Sie ihm – wenn er es möchte – auch gerne helfen wollen. Aber drängen Sie sich nicht auf. Lassen Sie ihm Zeit, auf Ihr Angebot zurück zu kommen. Das kann eine Weile dauern.
    Wenn er Ihre Hilfe in Anspruch nehmen möchte, dann besprechen Sie mit ihm, welche Hilfestellung er erwartet. Vielleicht möchte er beraten werden, welche Diät gut ist, was er außer Diät noch unternehmen kann, oder er möchte gerne, dass Sie einmal mit ihm einen Spaziergang machen oder ihn beim nächsten Kleiderkauf beraten. Diese „Beraterrolle“, die Ihnen zuteil wird, beweist bereits, dass Ihr Angehöriger Vertrauen zu Ihnen hat. Das ist eine gute Basis, um gemeinsame Gespräche zu führen, in denen das Lebensproblem Übergewicht das Thema ist. So können verschiedene Aspekte besprochen werden, die Übergewichtige üblicherweise für sich behalten, weil es ihnen peinlich ist, darüber zu reden: die Heißhungerattacken bei Langeweile; die Scheu, in die Stadt zu gehen; die Peinlichkeit, seine Lebensmittel an der Supermarktkasse auszubreiten; die Furcht, kein passendes Kleid im Geschäft zu finden etc.
    Diese den Übergewichtigen belastenden Probleme sollten Sie nicht bagatellisieren („Aber das ist doch nicht schlimm!“), sondern verständnisvoll anhören und verstehen wollen. Schließlich wird sich auch die Gelegenheit ergeben, darüber zu sprechen, was in Zukunft geschehen könnte. Auch hier sollten Sie zunächst erfahren, was sich Ihr Angehöriger gedacht hat, welche Möglichkeiten er überlegt und welche Chancen er sich ausrechnet. Das kann dann anschließend gemeinsam besprochen werden.
    Entschließt er sich, eine professionelle Therapie zu beginnen, können Sie ihm sehr helfen, wenn Sie den Part als Mit-Therapeut übernehmen. Die wichtigste Aufgabe besteht darin, Mut zu machen, Motivation zu stärken und Durchhaltevermögen zu sichern. Vor allem, wenn kleine Rückschläge erlebt werden, die nicht als Misserfolge, sondern „trainingsbedingter Stillstand“ besprochen werden sollten. Aber auch Bestätigung und Lob sind Aufgaben des Mit-Therapeuten, wenn Verhaltensänderungen gelingen. Als Mitradler oder Mitwanderer können Sie das Training zu mehr körperlicher Bewegung zu einem sozialen Ereignis gestalten.
    Sie müssen überzeugt sein, dass Übergewicht nicht durch schuldhaftes Versagen verursacht wird. Übergewicht ist eine Krankheit, die nur durch einen anderen Lebensstil „geheilt“ werden kann. Die Betroffenen leiden erheblich unter ihrem Gewicht – auch wenn sie darüber nicht offen sprechen, denn so lange in der öffentlichen Meinung das Vorurteil herrscht, dass Übergewicht selbst verschuldet ist, dass Übergewichtige unmäßig essen, dass Übergewichtige sich nicht kontrollieren können, so lange ist es den Betroffenen peinlich, über ihr Gewicht zu sprechen. Sie fühlen sich selbst schuldig.
    Im Gespräch können Sie dazu beitragen, diesen eigenen Schuldvorwurf zu relativieren. Die meisten Übergewichtigen haben eine lange Diätgeschichte hinter sich, die ihnen nicht geholfen hat – im Gegenteil. Die
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