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Radioactive -Die Verstossenen

Radioactive -Die Verstossenen

Titel: Radioactive -Die Verstossenen
Autoren: Maya Shepherd
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starte in meinen ersten Tag als D518. Der braune Streifen an der Wand wirkt beengend auf mich und ich bezweifle, dass ich mich je mit der Farbe werde anfreunden können. Verstohlen blicke ich zu den anderen Bewohnern in ihren einheitlich brauen Anzügen.
    Fast jede Generation ist vertreten, egal ob nun die 500er, wie mich, oder die 400er und 300er. Sogar wenige 200er sind noch zu erkennen. Nur die 100er fehlen. Kurz nach meiner Geburt war bereits ihr Abschied. Es muss ein schönes Fest gewesen sein, denn viele sprechen noch heute davon mit Begeisterung. Bei den 200ern ist es erst in drei Jahren so weit, dann erreichen sie das sechzigste Lebensjahr. Das ist das Jahr, indem wir Abschied von der Sicherheitszone und der Erde nehmen.
    Das Atrium zeigt heute einen Regenschauer an der aufgewühlten Nordsee. Wild peitscht der Wind gegen die reißenden Wellen, sodass die weiße Gischt nur so spritzt. Es ist ein beeindruckendes Schauspiel und zieht mich für wenige Sekunden in seinen Bann. Das Meer lehnt sich gegen den Wind auf. Es lässt sich nicht unterdrücken, sondern beweist seine Stärke. Schnell schüttele ich den Kopf. Etwas stimmt nicht mit mir. Ständig diese Gedanken, die ich nicht denken dürfte, die falsch sind. Auflehnung ist niemals gut. Vielleicht ist es ganz gut, dass ich in die Essensvergabe eingeteilt wurde, dort werde ich hoffentlich nicht viel nachdenken müssen.
    Über den grauen Flur erreiche ich den großen Speisesaal für gemeinsame Essen. Solche sind eine Ausnahme. Es gibt sie nur zu besonderen Gelegenheiten wie die Verabschiedung einer Generation, die Höhergruppierungen oder die Paarungsphase. Heute ist nichts dergleichen. Am Eingang wartet bereits ein etwas älterer Mann auf mich. Neben ihm steht D523. Ihre Lippen sind eigenartig verzogen, fast wie ein Lächeln, doch wirkt sie dabei wenig freundlich. Ihre rechte Augenbraue schnellt nach oben, als ich mich vorstelle.
    „D518 meldet sich zum Dienst.“
    „D375 empfängt D518.“, erwidert er formal. Danach lockern sich seine gestrafften Schultern etwas und in freundlicherem Ton fährt er fort: „Schön, dass ihr hier seid. Dann kommt mal mit, damit ich euch eure Aufgaben erklären kann.“
    Wir steuern durch den großen Saal auf eine Flügeltür aus dunkelgrauem Metall zu. Sie gleitet von alleine auf, daran erkennt man schon, dass unsere Aufgabe nicht gerade zu den Wichtigen gehören kann. Denn Gebiete von höherem Wert wären durch Sicherheitscodes abgeriegelt. In die Nahrungsverteilung hingegen hat offensichtlich jeder Zutritt.
    Hinter der Tür verbirgt sich ein Raum voller Tische und Computer, ganz anders als ich es mir vorgestellt hätte. Ich hatte Maschinen erwartet, die Cerealienwürfel produzieren, stattdessen stehe ich vor bestimmt zwanzig Computertischen. Zwei in der vorletzten Reihe sind noch frei, zu denen D375 uns nun führt.
    „Setzt euch.“, fordert er uns mit einladender Hand auf. Mein Blick bleibt an seinen Augen hängen. Sie sind genauso lichtblau wie alle, doch etwas ist anders. Ich schaue genauer hin und da entdecke ich einen kleinen grünen Fleck direkt neben der linken Iris.
    „Ist irgendetwas?“, will er von mir wissen, doch da schüttele ich schnell den Kopf. Ich muss wirklich aufpassen, wie ich mich benehme. D523 blickt mich neugierig an. Hat sie meine Reaktion bemerkt?
    Wir setzen uns auf die zugewiesenen Plätze und melden uns durch unsere Fingerabdrücke an dem PC an. Zur Bestätigung ertönt das vertraute „Zugriff gewährt“ und die Computer fahren hoch. Es öffnet sich ein Programm mit vielen kleinen Fenstern, in jedem steht eine Bezeichnung.
    „Jeder von uns bekommt pro Tag zwanzig Bezeichnungen, um deren Versorgung wir uns kümmern müssen. Die Bezeichnungen wechseln täglich, sodass wir uns jeden Tag neu einarbeiten müssen. Das Programm gibt die optimale Versorgungsmenge bereits vor, doch unsere Aufgabe ist es, diese auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.“, erklärt D375 und hält inne. Ein Programm auf seine Richtigkeit überprüfen? Wie ist das möglich? Ich dachte, das System macht keine Fehler.
    „Die Störungen entstehen nicht im Programm, sondern in der Benutzung. Sobald es Zeit für die Essensausgabe ist, erscheinen dort, wo nun die Bezeichnungen stehen, Kameraaufnahmen der Mitglieder. Eure Aufgabe ist es zu schauen, ob sie auch wirklich ihren eigenen Arm unter den Scanner halten.“
    Ich runzele verwirrt die Stirn. Warum sollte jemand einen fremden Arm unter den Scanner halten?
    „Ihr schaut
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