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Rachel

Rachel

Titel: Rachel
Autoren: Linda Lael Miller
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hatte schon von Miss Rachel English gehört, denn für so ein Ereignis interessierte sich natürlich in und um Springwater herum jedermann. Besonders Emma, Treys Tochter, hatte die Ankunft der Lehrerin kaum noch erwarten können.
    Er hielt sie ganz fest, damit sie ihm nicht wegrutschte und mit dem Treibholz flussabwärts getrieben wurde, und setzte die neue Lehrerin dann auf der Springwater-Seite des Willow Greek sicher auf die Erde. Da stand sie nun mit ihrer Tasche in der einen Hand und der Pflanze, deren Wurzeln in einen feuchten Lappen geschlagen waren, in der anderen Hand und schaute ihn bittend an.
    »Die Bücher, Mr. Hargreaves«, sagte sie.
    »Trey«, erwiderte er - und das klang selbst in seinen Ohren in dieser Situation idiotisch. Er drehte den Schecken auf der Hinterhand und ritt in den Fluss zur Kutsche zurück.
    »Ich brauche auf dem Dach mehr Gewicht«, keuchte
    Guffy atemlos. »Würd e es dir etwas ausmachen raufzu klette rn , Trey? Aber von der anderen Seite, damit mir das verdammte Ding nicht doch noch ins Wasser kippt.«
    Jeder Narr konnte seh en, was hier getan werden mus ste, aber Trey überging die überflüssige Anordnung, denn ihm war klar, dass Guffy am Ende seiner Nervenkraft war. Schweigend bahnte er sich seinen Weg durch die Fluten zur anderen Seite der Kutsche, griff mit beiden Händen nach der Dachgepäckhalterung, richtete sich im Sattel seines Pferdes auf und schwang sich nach oben. Einen Moment lang schwankte die Kutsche bedenklich, wobei Trey sein Gewicht wie ein Hochseilartist ausbalancierte.
    Schließlich war das Gefährt wieder im Gleichgewicht und die Tiere beruhigten sich etwas. Der Schecke war inzwischen mit hängenden Zügeln zum Ufer getrottet, wo er sich das Wasser aus dem Fell schüttelte. Dabei taufte er Miss English und hieß sie damit im Wilden Westen willkommen.
    »Kannst du die Zügel übernehmen?«, rief Guffy über die Schulter gewandt Trey zu. »Ich werde dann versuchen, ob ich das Leittier dazu bringen kann, endlich in der richtigen Richtung zu ziehen.«
    Trey nickte und kletterte vorsichtig über das Gepäck nach vorne zum Kutschbock, wo er die Zügel des Achtergespanns übernahm und beobachtete, wie Guffy über den Rücken des einen Maultiers zum Rücken des nächsten und schließlich auf den Rücken des Leittieres kletterte, das links vorne eingespannt war.
    »Mr. Hargreaves!«, hört e er eine Stimme. »Mr. Hargrea ves!«.
    Wütend drehte Trey den Kopf zu der Lehrerin um, die die Hände trichterförmig um den Mund gelegt hatte. Er war genervt und hatte zu viel mit den Zügeln zu hm, um ihr zu antworten.
    »Die Bücher!«, rief sie und deutete mit der Hand auf die Kisten auf dem Dach. »Die Kisten verrutschen. Sie sollten lieber wieder zurückklettern und die Gurte straff ziehen, bevor die Bücher ins Wasser fallen. Sie haben versprochen, sie zu retten.«
    Wieder seufzte er, aber er antwortete ihr nicht. Sie war die schlimmste weibliche Nervensäge, die ihm je begegnet war. Der Mann, der diese Frau einmal heiraten würde, tat ihm jetzt schon in der Seele leid. Er zweifelte nicht dran, dass irgendein Mann sie heiraten würde - auch wenn sie noch so zickig war, denn in diesem Teil des Landes herrschte akuter Mangel an Frauen, besonders an so gut aussehenden wie Rachel English.
    Plötzlich griffen auf wundersame Weise die Räder der Kutsche und die acht Maultiere zogen alle in der gleichen Richtung und nicht mehr wie vorher in verschiedene, wobei Trey, dessen Aufmerksamkeit für einen Moment abgelenkt war, beinahe ins Wasser gestürzt wäre. Ganz langsam erreichte die Kutsche das Ufer und rollte über die matschige Böschung hoch ins Gras.
    Die Maultiere schüttelten das kalte Wasser aus dem Fell und schauten noch dümmer drein, als das Maultiere gewöhnlich schon tun.
    Miss English kam auf die Kutsche zu, aus der das Wasser floss. Weder der Schlamm noch spitze Steine oder schlüpfriges Gras hielten sie auf. Die Feder an ihrem Hut war zwar zerzaust, aber in der leichten Brise tanzte sie immer noch auf und ab. Es sah einfach lächerlich aus. Trotzdem entging es Trey nicht, dass Miss Rachel eine ausgesprochen weibliche Figur hatte. Irgendwie war ihm dieser Aspekt bisher entgangen, obwohl er sie doch erst vor wenigen Minuten in seinen Armen gehalten und zum Ufer getragen hatte. Das musste wohl an der ganzen Hektik gelegen haben.
    »Vermutlich muss ich Ihnen jetzt für Ihr Hilfe danken, Mr. Hargreaves«, meinte sie zögernd und drückte ihre Pflanze an die Brust,
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