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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen
Autoren: Joe Abercrombie
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sie deiner Mildtätigkeit, Vater!«
    »Mildtätigkeit?« Orsos scharfe Stimme hallte durch den großen Saal. »Ich halte nicht viel von diesem Kram. Machen Sie es sich bequem, meine lieben Freunde, ich komme gleich zu Ihnen.«
    »Wenn das nicht die Schlächterin von Caprile ist«, murmelte Ario, »und ihr kleiner Benna.«
    »Euer Hoheit. Sie sehen gut aus.« Er sah aus wie ein schlaffer Sack, dachte Monza, aber das behielt sie für sich.
    »Sie auch, wie immer. Wenn alle Soldaten so aussähen wie Sie, dann würde ich es vielleicht selbst erwägen, ins Feld zu ziehen. Ein neues Schmuckstück?« Ario deute mit seiner juwelenbesetzten Hand nachlässig auf den Rubin an Monzas Finger.
    »Das war gerade zur Hand, als ich mich anzog.«
    »Wie gern wäre ich dabei gewesen. Wein?«
    »So früh am Morgen?«
    Er blickte mit schwerlidrigen Augen zu den Fenstern. »Was mich angeht, haben wir immer noch letzte Nacht.« Als sei es ein Heldenstück, lange aufzubleiben.
    »Ich nehme gern einen Schluck.« Benna, der sich, wenn es um Prahlerei ging, nie übertrumpfen ließ, schenkte sich bereits ein Glas ein. Wahrscheinlich würde er in einer Stunde sturzbetrunken sein und sich zum Narren machen, aber Monza hatte es satt, seine Mutter zu spielen. Sie schlenderte an dem breiten Kamin vorüber, dessen Sims von den geschnitzten Figuren von Juvens und Kanedias gestützt wurde, und ging auf Orsos Schreibtisch zu.
    »Unterschreiben Sie hier, hier und hier«, sagte der hagere Mann, dessen knochiger Finger über den Dokumenten schwebte.
    »Sie kennen noch Mauthis, oder nicht?« Orso warf dem Genannten einen bitteren Blick zu. »Der Mann, der mich an der Leine hält.«
    »Stets Ihr ergebener Diener, Euer Exzellenz. Das Bankhaus von Valint und Balk gewährt Ihnen diesen weiteren Kredit für ein Jahr; anschließend muss mein Institut bedauerlicherweise Zinsen berechnen.«
    Orso schnaubte. »Das bedauern Sie so sehr, wie die Pest die Toten beklagt, möchte ich wetten.« Er setzte einen schwungvollen Schnörkel unter seine letzte Unterschrift und ließ dann die Feder sinken. »Aber jeder beugt das Knie vor irgendeinem Meister, nicht wahr? Bitte lassen Sie Ihre Vorgesetzten unbedingt wissen, wie unendlich dankbar ich für ihr Entgegenkommen bin.«
    »Das werde ich tun.« Mauthis sammelte die Dokumente ein. »Damit wären unsere Geschäfte abgeschlossen, Euer Exzellenz. Ich muss mich unverzüglich verabschieden, um noch das Schiff zu erreichen, das mit der Abendflut nach Westport ausläuft …«
    »Nein, bitte bleiben Sie. Wir haben noch eine weitere Angelegenheit zu besprechen.«
    Mauthis’ tote Augen glitten zu Monza hinüber und dann wieder zu Orso zurück. »Wie Euer Exzellenz wünscht.«
    Der Herzog erhob sich geschmeidig. »Wenden wir uns glücklicheren Geschäften zu. Sie haben doch gute Nachrichten für mich, oder, Monzcarro?«
    »In der Tat, Euer Exzellenz.«
    »Ach, was täte ich nur ohne Sie?« Seit ihrem letzten Treffen hatte sich ein wenig Eisengrau in sein schwarzes Haar geschlichen, und in den Augenwinkeln zeigten sich vielleicht einige tiefere Fältchen als zuvor, aber er vermittelte wie immer den Eindruck absoluter Autorität. Er beugte sich zu ihr und küsste sie auf beide Wangen, dann flüsterte er ihr ins Ohr: »Ganmark kann zwar seine Soldaten recht ordentlich führen, aber für einen Mann, der Schwänze lutscht, hat er erbärmlich wenig Humor. Kommen Sie, berichten Sie mir an der frischen Luft von Ihren Siegen.« Einen Arm um ihre Schultern gelegt, führte er sie an dem abfällig grinsenden Prinz Ario vorbei auf die luftige Terrasse.
    Die Sonne stieg allmählich höher, und die Welt war voller Farben. Das Blut war aus dem Himmel gesickert und hatte ein strahlendes Blau zurückgelassen, über das einige weiße Wölkchen krochen. Unter ihnen, am Fuße des schwindelerregenden Abgrunds, schlängelte sich der Fluss am Fuße der Hügel entlang, durch das Herbstlaub aus blassgrünen, brennend orangefarbenen, gelb verblichenen und zornesroten Blättern, und das Licht glitzerte silbern auf dem dahineilenden Wasser. Im Osten verlor sich der Wald in einem Flickenteppich von Feldern – Flächen aus fahlem Grün, fetter schwarzer Erde, goldenem Korn. Wenn man den Blick noch weiter in die Ferne richtete, dann mündete der Fluss ins graue Meer, verzweigte sich in einem breiten Delta voller versprengter Inseln. Monza konnte winzige Türme dort erahnen, Gebäude, Brücken, Mauern. Das große Talins, nicht größer als ihr Daumennagel.
    Sie
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