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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin
Autoren: R Merle
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Hals.
    Dem ausdrücklichen königlichen Wunsch gemäß, der ja die höflichste Form eines Befehls ist, wurden Catherine und ich am elften
     November in der Kirche von Surgères getraut. Eine kürzere Messe war in der Tat nicht denkbar, und nach dem
Ite, missa est
ging der König. Zugegen bei der Zeremonie waren die Herzöge, Minister und Marschälle.
    Zunächst überraschte es mich, daß auch Bassompierre gekommen war, weil er mir seit Anfang der Belagerung soviel Kälte und
     Distanz bezeigt hatte. Doch erklärte sich seine Anwesenheit bei meiner Trauung daraus, daß der König bis zu seiner Abreise
     in Bassompierres Haus zu Laleu zu Gast weilte. Offenbar wollte der Marschall, der unter dem Einfluß seiner Frau und der diabolischen
     Reifröcke die Politik des Königs und des Kardinals ja bekrittelt und demzufolge die Belagerung La Rochelles abgelehnt und
     deren Erfolg nicht gewünscht hatten, nunmehr gute Miene zum bösen Spiel machen und sich der königlichen Gnade sowohl durch
     seine generöse Gastfreundschaft wie durch seine Teilnahme an der Hochzeit neuerdings versichern. Somit also wurde er, weil
     die königliche Armee La Rochelle genommen hatte, wieder mein Freund. Ja, Leser, es ist traurig, aber wahr: Nichts ist so erfolgreich
     wie der Erfolg, wie die Engländer sagen.
    Weil Ludwig nicht, wie sein galanter Vater, von Liebschaft zu Liebschaft eilte und – wie es ehedem der Nuntius dem Papst in
     dezenten Worten vermeldete – überdies einige Schwierigkeiten gehabt hatte, »seine Ehe mit Anna von Österreich zu |18| vollziehen«, behauptete der Hofklatsch, wenn auch hinter vorgehaltener Hand, Ludwig habe nichts übrig für Frauen.
    Richtig ist, daß er seine Mutter, Maria von Medici, nicht liebte, denn sie war ihm, wie schon gesagt, seit je eine böse Stiefmutter
     gewesen, die ihn auf alle mögliche Weise erniedrigt, geschurigelt und gedemütigt hatte, ja zeitweilig sogar die Waffen gegen
     ihn erhob.
    Leider war Ludwig mit Anna von Österreich nicht viel besser dran, die ihr neues Vaterland gleich zu Anfang verriet, sich späterhin
     als Feindin ihres Gemahls erwies und an Komplotten gegen ihn beteiligte. Demgemäß wäre Ludwig, wenn er die Frauen allein nach
     seiner Mutter und seiner Gemahlin beurteilt hätte, durchaus entschuldigt gewesen, wäre er der charmantesten Hälfte der Menschheit
     durchweg mit Unbehagen und Argwohn begegnet.
    Doch dem war nicht so, wie es Jahre später auch die große Liebe bewies, die ihm die »feurigen blauen Augen« von Mademoiselle
     de Hautefort einflößen sollten, eine Leidenschaft, die wegen der ehernen Gottesfurcht des Königs allerdings platonisch blieb.
    Als ich, Ludwigs Wunsch entsprechend, am zwölften November mit Catherine d’Orbieu zu ihm nach Laleu kam, schien er mir keineswegs
     unbeeindruckt von der Anmut und Schönheit meiner Gemahlin. Und war er auch »kein großer Redner«, wie er als Kind einmal von
     sich gesagt hatte, begegnete er ihr doch mit liebenswürdiger Zuvorkommenheit und nannte sie »meine Cousine«, was nun freilich
     die protokollarische Anrede war, die der König einer Herzogin schuldete und die er nicht einmal Madame de Rohan vorenthielt,
     wenn er an sie schrieb, obwohl sie die hugenottische Rebellion in La Rochelle angeführt hatte.
    »Mein Freund«, sagte meine kleine Herzogin mit bebender Stimme, kaum daß sie wieder neben mir in der Karosse saß, »habt Ihr’s
     gehört? Der König hat mich ›meine Cousine‹ genannt, und mehrere Male! Ich weiß, Ihr werdet mir antworten, so sei das Protokoll!
     Aber ich dachte immer, das gelte nur für sehr alte Herzoginnen, die sehr alten Familien entstammen und am Hof leben! Und nun
     sagt der König zu mir kleinen Provinzlerin, aus Nantes gebürtig und erst fünfundzwanzig Jahre alt, ›meine Cousine‹! Ist das
     nicht unfaßlich? Lieber Gott, und da hieß es immer, er sei harsch und barsch! Aber er ist das |19| ganze Gegenteil! Ich werde im Leben nicht vergessen, wie gütig und huldvoll er mich an seinem Hof aufgenommen hat!«
    »Liebste«, sagte ich, »der König ist harsch und barsch, wenn es gilt, Komplotteure, Rebellen und Verräter zu strafen, und
     Gott weiß, wie viele es in diesem unglücklichen Lande gibt! Und kommt einer in die Bastille oder gar auf den Richtblock, dürft
     Ihr sicher sein, daß er es tausendfach verdient hat. Wer ihm aber treu und ergeben dient …«
    »So wie Ihr, mein Freund.«
    »… dem beweist Ludwig, daß er eine ebenso schöne wie seltene Tugend
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