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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin
Autoren: R Merle
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unglücklichen Kardinal de Bérulle mit eingespannt hatte.
    Das Manöver bestand darin, daß die beiden Gevatter jedesmal, wenn vor der Königinmutter von Richelieu gesprochen wurde, ganz
     betont schwiegen, traurig den Kopf senkten und mitleidig oder furchtsam seufzten, rechte Frömmlergrimassen, |34| die über den Feind viel Böses sagten, gerade indem sie nichts sagten. Auf Marias beschränkten und argwöhnischen Geist hatte
     das wiederholte Getue schließlich die gewünschte Wirkung, und sowie die Königinmutter schwankend und zweifelnd wurde, wechselten
     unsere Frömmler die Taktik und attackierten frontal.
    Daß Richelieu ein großer Minister sei, gar keine Frage, doch erwies er sich denn nicht als undankbar, wenn er sich vor Entscheidungen
     niemals mehr mit der Königinmutter beriet? Vergaß er, daß er es ihr verdankte, was er jetzt war? Zeigte er nicht unverhohlen,
     daß er sich von ihr keinerlei Aufklärung mehr erwartete? Er setzte sie herab! Er vernachlässigte sie! Er liebte einzig den
     König! Nur ihm galten sein Denken und Tun! Schlimmer noch, er stand zwischen ihr und Ludwig, hielt sie von ihm fern, wie in
     Dunkel und Ohnmacht verstoßen! War es nicht unerträglich kränkend, wie dieser Emporkömmling sie überall verdrängte, sie, die
     einmal Frankreich regiert hatte? Die Mutter des Königs! Deren Ratschläge Richelieu auf Knien hätte erbitten und befolgen müssen!
     Und jetzt tat Richelieu auch noch, als teile er die gerechte Abneigung der Königinmutter gegen Gastons Vermählung mit der
     Tochter des Herzogs von Nevers, doch in Wahrheit, und sie hätten den Beweis (den sie aber nicht zu liefern wußten), ermutigte
     er Gaston heimlich in diesem ungehörigen Plan.
    Leser, es war die reine Lüge, und eine sehr unreine Lüge! Der König wie Richelieu waren einer wie der andere, wenn auch aus
     anderen Gründen als Maria von Medici, gegen Gastons Vermählung mit der Tochter des Herzogs von Nevers, der ja kürzlich jener
     Herzog von Mantua geworden war, dem der Spanier Casale zu nehmen versuchte. Und damit, Leser, sind wir denn wieder bei unserem
     Ausgangspunkt, nämlich Herrn von Marillacs auf dieser Ratstagung geäußerten Worten.
    »Sire«, sagte er, »auch ich meine, daß Casale nicht so bedeutend ist, wie manche behaupten. Zudem sprechen gute und handfeste
     Gründe gegen unser erneutes Engagement. Die Armeen Eurer Majestät sind von der langen Belagerung La Rochelles erschöpft. Sind
     sie imstande, abermals eine so große Anstrengung zu leisten? Und erschöpft wie die Männer sind auch unsere Finanzen. Hinzu
     kommt, daß man mit einem Eingreifen nicht bis zum Frühjahr warten dürfte, denn bis dahin könnte Casale gefallen sein. Das
     hieße sofortigen Aufbruch! |35| Aber ein Feldzug mitten im Winter birgt zahllose Gefahren. Nach Savoyen muß man die Hochalpen überqueren, bis zu den Knien
     im Schnee. Könnte Seine Majestät, bei Ihrer fragilen Gesundheit, die Mühen und Gefahren einer solchen Unternehmung wagen?
     Und geschähe Ihr – was Gott verhüten wolle – das Schlimmste, ließe Sie eine völlig ungesicherte Erbfolge zurück. Und was wäre
     schließlich, wenn unser Heer anlangte zu Susa, und der Herzog von Savoyen in seiner unzuverlässigen Laune und Treue würde
     ihm und den nachfolgenden Proviantzügen den Durchlaß nach Casale verweigern?«
    Obwohl Ludwig sich nichts anmerken ließ, glaube ich, daß ihm die Anspielungen auf seine Gesundheit und seine problematische
     Thronfolge wenig behagten, denn er warf den Kopf auf und sprach mit kalter Höflichkeit in der Stimme:
    »Monsieur de Marillac, Ihr fragt, was ich täte, wenn der Herzog von Savoyen unser Bündnis brechen und mir die Versorgung meiner
     Armeen und den Marsch durch sein Land nach Casale verweigern würde?«
    »Ja, Sire«, sagte Monsieur de Marillac.
    »Nun, das gleiche wie Henri Quatre 1601: Ich würde den Herzog schlagen und seine Hauptstadt Susa samt Schloß besetzen. Dann
     hätte ich gutes Quartier, Proviant für meine Soldaten und freien Durchzug nach Casale.«
    Ludwig sprach mit einem Nachdruck, daß ich mir sagte, er müsse bereits, und nicht ohne Vergnügen, erwogen haben, mit diesem
     Feldzug in die Fußstapfen seines verehrten Vaters zu treten. Auch dachte ich, daß der Sieg unserer Frömmler noch längst nicht
     ausgemacht war, ja, daß der sogar ziemlich fraglich aussah. Dies schien auch die Königinmutter zu spüren, denn sie verlangte
     das Wort. Da sie im Verlauf ihrer unglücklichen
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