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Pünktchen und Anton

Pünktchen und Anton

Titel: Pünktchen und Anton
Autoren: Erich Kästner
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den Deckel hoch, spießte mit einer Gabel in die Kartoffeln, nickte befriedigt und meinte: »Es geht ihr aber schon viel besser.«
    »Wem?« fragte Pünktchen.
    »Meiner Mutter. Morgen, hat sie gesagt, will sie ein paar Stunden aufstehen. Und nächste Woche wird sie vielleicht wieder arbeiten. Sie ist Aufwartefrau, weißt du.«
    »Aha«, meinte Pünktchen. »Meine Mutter macht gar nichts. Augenblicklich hat sie Migräne.«
    Anton nahm zwei Eier, zerschlug sie an einem Topf, kippte die Schalen um, warf sie in den Kohlenkasten, goß etwas Wasser in den Topf, nahm eine Tüte, schüttete etwas Weißes hinter den Eiern und dem Wasser her, und dann quirlte er mit einem kleinen Quirl darin herum. »Du mein Schreck!« rief er. »Es werden Klümpchen.«
    Piefke spazierte zum Kohlenkasten und besuchte die Eierschalen.
    »Warum hast du Zucker hineingeschüttet?« fragte das Mädchen.
    »Das war doch Mehl«, antwortete Anton. »Ich mache Rührei, und wenn man Mehl und Wasser daranschüttet, werden die Portionen größer als sonst.«
    Pünktchen nickte. »Und wieviel Salz schüttet man an die Salzkartoffeln?« erkundigte sie sich. »Ein ganzes Pfund oder bloß ein halbes?«
    Anton lachte laut. »Viel, viel weniger!« sagte er.
    »Das könnte ja gut schmecken. Nur ein paar Messerspitzen voll natürlich.«
    »Natürlich«, sagte Pünktchen und sah ihm zu. Er nahm einen Tiegel, tat Margarine hinein und stellte den Tiegel über die zweite Gasflamme, dann schüttete er die gequirlten Eier in den Tiegel, daß es aufzischte.
    »Vergiß das Salz nicht, Anton!« befahl er sich selber, holte eine Prise Salz und streute sie über die gelbe Suppe im Tiegel. Als sie zu backen anfing, rührte er mit einem Löffel um. Es knisterte zutraulich.
    »Deswegen heißt es also Rührei«, erklärte das Mädchen.
    »Rühr mal 'n bißchen weiter«, bat der Junge und drückte ihr den Löffel in die Hand, und sie rührte in Stellvertretung. Er nahm den Kartoffeltopf, packte ihn mit zwei wollenen Lappen an den Henkeln und schüttete das kochende Wasser in den Ausguß. Die Kartoffeln verteilte er dann auf zwei Teller. »Bei Salzkartoffeln muß man furchtbar aufpassen, sonst wird Matsch daraus«, sagte er. Pünktchen hörte aber nicht zu. Sie rührte, daß ihr der Arm weh tat. Piefke spielte inzwischen mit den Eierschalen Fußball.
    Anton drehte den Gashahn zu, verteilte das Rührei gerecht auf die beiden Teller, wusch sich die Hände und band die große Schürze ab.
    »Wir konnten gestern abend nicht kommen«, meinte Pünktchen. »Meine Eltern hatten Gäste und blieben zu Hause.«
    »Ich dachte mir's schon«, sagte der Junge. »Moment, ich bin gleich wieder da.«
    Er nahm die beiden Teller und schob durch die Tür.
    Pünktchen war allein. Sie versuchte Piefke eine Eierschale auf den Kopf zu setzen. »Wenn du das lernst«, flüsterte sie, »darfst du im Zirkus auftreten.« Aber der Dackel schien etwas gegen den Zirkus zu haben. Er warf die Eierschale immer wieder herunter. »Denn nicht, oller Dussel«, sagte Pünktchen und sah sich um.
    Kinder, Kinder, war das eine kleine Küche! Daß Anton ein armer Junge war, hatte sie sich zwar gleich gedacht.
    Aber daß er eine so kleine Küche hatte, setzte sie denn doch in Erstaunen. Vom Fenster aus blickte man in einen grauen Hof. »Unsere Küche dagegen, was?« fragte sie den Dackel. Piefke wedelte mit dem Schwanz.
    Da kam Anton wieder und fragte: »Wollt ihr mit ins Schlafzimmer kommen, während wir essen?« Pünktchen nickte und nahm Piefke am Schlafittchen.
    »Sie sieht noch ziemlich krank aus«, sagte der Junge.
    »Aber tu mir den Gefallen und laß dir's nicht merken.«
    Es war ganz gut gewesen, daß er das Mädchen schonend vorbereitet hatte. Antons Mutter saß im Bett und sah sehr blaß und elend aus. Sie nickte Pünktchen freundlich zu und meinte: »Das ist schön, daß du gekommen bist.« Pünktchen machte einen Knicks und sagte: »Guten Appetit, Frau Anton. Sie sehen vorzüglich aus. Wie geht es der werten Gesundheit?«
    Der Junge lachte, stopfte seiner Mutter noch ein Kopfkissen hinter den Rücken und sagte: »Meine Mutter heißt doch nicht Anton. Anton heiße doch nur ich.«
    »Die Männer, die Männer«, sagte Pünktchen ganz verzweifelt und verdrehte die Augen. »Was man sich über diese Kerle ärgern muß, nicht wahr, gnädige Frau?«
    »Ich bin keine gnädige Frau«, erklärte Antons Mutter lächelnd, »ich bin Frau Gast.«
    »Gast«, wiederholte Pünktchen. »Richtig, es steht ja auch draußen an der
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