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Prophetengift: Roman

Prophetengift: Roman

Titel: Prophetengift: Roman
Autoren: Nick Nolan
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hoben sich unschuldig in der Mitte, wenn er eine hoffnungsvolle Botschaft übermittelte. Der Blick der schwerlidrigen Augen war durchdringend und intensiv. Die weißen, gleichmäßigen Zähne wirkten fast zu groß für den Mund – einen Mund mit vollen Lippen, die regelmäßig durch ein sinnliches Hervorschnellen der rosa Zunge befeuchtet wurden. Aber jede feminine Andeutung wurde durch die starke, aristokratische Nase und die Bartstoppeln ausgeglichen. Er war ein wahrer Adonis, Gesichtszüge und Körper von Gott sorgfältig ausgewählt und zusammengefügt.
    »Ich ... tut mir leid«, warf Dyson ein. »Da komme ich nicht mehr mit.«
    Olivier zwinkerte ihm zu. »Wie ich gerade sagte, Sebastians Absicht ist es, die Rolle des Herrn in einer Welt einzunehmen, die vergessen hat, wer Gott ist.« Er blieb vor der Reihe hoher Bleiglasfenster stehen und schaute hinaus auf das Zwielicht und den Ozean. »In der Offenbarung wird das Erscheinen solcher falscher Propheten vorhergesagt«, sagte er zu der Glasscheibe, »und sein Kommen könnte den Beginn der Endzeit signalisieren.«
    Dyson lachte. »Ich glaube, damit geben Sie diesem Kerl viel zu viel Ehre, aber Ihre Ansichten interessieren mich. Also ... was ist mit dieser Jezebel, die Sie vorhin erwähnten?«
    Oliver drehte sich zu ihm um. »Kitty Black.« Er betonte jede Silbe des Namens. »Diese Frau, Sebastians Mutter, könnte der Hure Jezebel gar nicht ähnlicher sein, die in der Offenbarung als die verborgene Macht hinter dem dunklen Thron bezeichnet wird.«
    »Kann schon sein«, sagte Dyson. »Da ist was dran. Aber Sie haben mir immer noch nicht verraten, wie Ihr Plan aussieht oder was Sie von mir wollen.«
    »Eigentlich will ich Sie beide, Sie und Ihre Frau«, erklärte Olivier. »Die Blog-Einträge, mit denen sie Sebastian geißelt, sind von schneidend klarer, leidenschaftlicher Rhetorik. Aber soweit ich es verstanden habe, ist sie nicht gewillt, ohne vorherige Einwilligung ihres Mannes persönlich mit irgendjemandem in Kontakt zu treten.«
    »Das ist wahr.« Dyson lächelte schwach. »Amber tut nur das, was ich ihr sage. Und sie ist nicht daran interessiert, mit irgendjemandem außer mir zusammenzuarbeiten.«
    »Vielleicht wird sie interessiert sein, wenn sie erfährt, was meine Motivation ist.«
    Dyson dachte nach. »Was genau wissen Sie über meine Frau?«
    »Nur, dass Sie Sebastian einmal nahestand. Sie hatten eine kurze Beziehung.«
    »Das hatten viele Frauen. Und Männer.« Dyson schnitt eine Grimasse.
    Olivier lächelte. »Aber was Ihre Frau von denen unterscheidet, ist ihr starker Glaube an Gott und die einzig wahre Kirche. Und sie hat nicht nur einen besonders ingrimmigen Zorn auf Sebastian, sondern auch vertrauliche Informationen über ihn.«
    »Aber warum sollten wir uns mit Ihnen einlassen?«
    »Meine Familie hat eine ruhmreiche Geschichte«, entgegnete Olivier stolz. »Wir sind die Hüter einer langen Tradition.«
    Dyson warf ihm einen skeptischen Blick zu. »Und welcher?«
    »Wir sind eine sehr, sehr alte Familie. Wir stammen aus einem Ort namens Thyatira, der jetzt in der Türkei liegt.«
    »Den Namen habe ich schon mal gehört.« Dyson warf einen kurzen Blick auf Olivier. »Ist Thyatira nicht eine der sieben prophetischen Gemeinden aus der Offenbarung?«
    »Sie sind ein intelligenter Mann und ein wahrer Bibelkundiger.« Olivier grinste. »Ich mag Sie.«
    »Danke.« Dyson spürte, wie seine Wangen rot aufflammten.
    Olivier durchquerte den Raum und trat zu der schaurigen massiven Anrichte, auf der drei geschliffene Kristallkaraffen praugten. »Kennen Sie Offenbarung 1, Vers 18–28?«, fragte er. Seine sonore Stimme hallte von den kahlen Wänden und dem kahlen Fußboden wider.
    »Kannte ich mal, aber das ist schon eine Weile her.«
    Olivier zog den Kristallstöpsel aus einer der Karaffen und füllte zwei Highball-Gläser halb mit einer gelblich-grünen Flüssigkeit. Ein Glas reichte er Dyson, stieß mit ihm an und nahm einen Schluck.
    »Was ist das?«, fragte Dyson und spähte misstrauisch in sein Glas.
    »Eine Familientradition.«
    Dyson schnüffelte an der Substanz und stellte das Glas auf den Tisch neben sich. »Ich trinke nicht.«
    »Jesus unser Retter hat getrunken«, sagte Olivier. »Die Gabe des Weins gehört zu den großen Freuden des Lebens.« Er erhob sein Glas. »Bitte, genießen Sie es mit mir.«
    Dyson hob den Chartreuse zum Mund, im Wissen, dass er im Begriff war, drei Wochen Nüchternheit wegzuwerfen. Dann nahm er einen Schluck. »Himmel,
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