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Prophetengift: Roman

Prophetengift: Roman

Titel: Prophetengift: Roman
Autoren: Nick Nolan
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ich, er würde Ihre Racheengel schneller wittern als ein, zwei alte Freunde.«
    Olivier schüttelte den Kopf. »Sebastian würde uns nie kommen sehen, weil Gott der Einzige ist, der die Absichten unserer Herzen kennt.«
    »Und Satan«, rief Dyson ihm in Erinnerung.
    »Den Teufel kann man täuschen.« Olivier warf einen Blick auf seine Uhr, durchquerte den Raum, drehte das Licht heller, trat in die Eingangshalle hinaus und öffnete die Haustür des Chateaus. »Es tut mir leid, aber ich muss dringend telefonieren. Mit Europa.« Er wandte sich an Dyson. »Sind Sie dabei?«
    »Nein.« Dyson stand vom Sofa auf und ging – ein wenig schwankend – in Richtung Eingangshalle. »Aber ich lasse es Sie wissen, wenn ich meine Meinung ändere.«
    »Ich fürchte, Sie lassen sich eine großartige Chance entgehen«, sagte Olivier und trat nahe an Dyson heran. »Aber Sie sind ein sehr intelligenter Mann, und ich glaube, Sie werden bald erkennen, dass wir schlicht zwei Seiten derselben Medaille sind.« Er warf Dyson ein verführerisches Lächeln zu.
    Dyson wich zurück. »Hören Sie, der Typ ist ein Schwindler und ein Arschloch. Aber mehr ist nicht an ihm dran. Wenn ich wirklich vom Gegenteil überzeugt wäre, würde ich Amber vielleicht erlauben, sich Ihnen anzuschließen – aber nur, weil wir glauben, dass der Jüngste Tag möglichst bald kommen sollte. Heute noch.«
    »Aber Sie melden sich, wenn Sie Ihre Meinung ändern? Ich würde wirklich sehr gern . mit Ihnen zusammenarbeiten. Und mit Ihrer Frau.«
    »Ja, klar.« Dyson bekam die Intimität in Oliviers Blick mit und schaute weg.
    Dyson marschierte in die Nacht hinaus, während Olivier auf der Türschwelle stehen blieb und zusah, wie er resolut den Zufahrtsweg hinauflief.
    Als er endlich allein war, sagte Olivier den letzten Teil der Bibelstelle auf, die er als Junge auswendig gelernt hatte – die entscheidenden Zeilen, die er Dyson unterschlagen hatte: »Und wer überwindet und hält meine Werke bis ans Ende, dem will ich Macht geben über die Heiden, und er soll sie weiden mit eisernem Stabe, und wie die Gefäße eines Töpfers soll er sie zerschmeißen.« Olivier schloss die schwere Holztür und verriegelte sie. »Macht will ich ihm geben, wie ich Macht empfing von meinem Vater«, sagte er, während er die Treppe zu seinem Arbeitszimmer erklomm. »Und ich will ihm geben den Morgenstern.«

3
    Mittwochmorgen
     
    »Ich kann das nicht mehr«, verkündete Sebastian seiner Mutter.
    »Aber du warst großartig bei der Versammlung gestern Abend«, wandte Kitty ein. »Die Erträge waren einzigartig.«
    »Davon spreche ich doch nicht. Das ist das Leichteste daran.« Sebastian sah sie böse an. »Ich weiß, dass du gerade dieselben E-Mails bekommen hast, die ich auch bekommen habe. Ich habe diese Leute satt, Kitty! So etwas von satt!«
    »Die sind ebenso dumm wie verrückt. Sie werden ihre Drohungen nie wahr machen – wenn man so etwas Drohungen nennen kann. Ich begreife nicht, wieso du dich von einem Haufen wirrer Bibelzitate so aus der Fassung bringen lassen kannst.«
    »Ich habe ein wirklich schlechtes Gefühl bei diesen Leuten.« Sebastian sprach leise und Unheil verkündend. »Die haben irgendwas vor, die verschicken nicht nur Mails. Ich kann es deutlich fühlen, aber noch weiß ich nicht, was los ist.«
    Kitty machte eine wegwerfende, flatternde Handbewegung. »Du musst lernen, diese Dinge loszulassen. Du warst schon immer so ein nervöses Kind.«
    »Ich bin kein Kind, Kitty. Ich bin fast zwanzig Jahre alt. Und hast du vergessen, dass diese militanten Christen Ärzte ermordet und Abtreibungskliniken in die Luft gejagt haben? Wenn die mich für irgendeinen falschen Propheten oder den Antichristen
halten, kannst du dir ja vorstellen, was sie mit mir machen würden.«
    »Wieso, führst du neuerdings Abtreibungen durch?«, fragte Kitty mit einem leisen Lachen. »Oder hast du zu viele verursacht?«
    »Das ist nicht witzig. Du weißt, wie vorsichtig ich jetzt immer bin.«
    »Ich versuche nur, etwas zur Auflockerung der Situation beizutragen.« Kitty suchte nach ihren Zigaretten, fischte eine aus der Packung, steckte sie sich zwischen die Lippen und zündete sie an. »Leite die neuen Mails einfach an Agent Singer weiter«, sagte sie. Die Silben wurden mit kleinen Rauchwölkchen hervorgestoßen. »Ich bin sicher, er wird dir empfehlen, sie genauso wenig zu beachten wie die übrigen.«
    »Das FBI lacht doch über mich.« Sebastian verschränkte die Arme vor der Brust und begann vor
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