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Propaganda

Propaganda

Titel: Propaganda
Autoren: Edward Bernays
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Publikationen haben erstaunlich hohe Auflagen. Vom Nationalen Viehzüchtermagazin werden nachweislich 155.978 Exemplare gedruckt; Der Nordamerikanische Ingenieur kommt auf eine Auflage von 20.328, und die New World auf geschätzte 67.000 Stück. Die Mehrheit der genannten Periodika – willkürlich aus einer Liste von 22.128 Titeln ausgewählt – wird in einer Auflage von mehr als 10.000 gedruckt.
    Schon auf den ersten Blick sticht die Menge und Verschiedenartigkeit dieser Publikationen ins Auge. Und doch kann die Liste nur einen vagen Eindruck von der Vielfalt der Gruppierungen in unserer Gesellschaft geben, die Informationen streuen, um die Meinungen der Gruppenmitglieder zu bestimmen.
    Hier eine Liste von Kongressen und Tagungen, die in einer einzigen Ausgabe der Zeitschrift World Convention Dates für die Stadt Cleveland, Ohio, angekündigt wurden – nur ein Bruchteil der 5.500 angesetzten Kongresse und Zusammenkünfte ist aufgezählt.
    Es tagten: die selbstständigen Fotograveure Amerikas, die Natur- und Reisejournalisten, der Malteserorden, die Walther-Liga, der Nationale Strickwarenverband, der Josephsorden, der Sphinx-Orden, der Verband der Hypothekenbanken, der Internationale Verband der Öffentlichen Arbeitgeber, der Kiwanis-Club von Ohio, die Vereinigung der Fotograveure Amerikas, die Autohersteller von Cleveland und der Amerikanische Verband der Heizungs- und Ventilationstechnik-Ingenieure.
    Auch diese Gruppen hielten 1928 Kongresse ab:
    Der Prothesenherstellerverband, der nationale Bund der Zirkus-Fans Amerikas, die amerikanische Liga für Naturheilverfahren, der Verband der amerikanischen Tontaubenschützen, der texanische Folklore-Verband, die Hotelangestellten, der Verband der Fuchszüchter, der Verband Insektenvernichtung und Desinfektion, die Hersteller und Füller von Eierkartons, die amerikanischen Limonadenabfüller und der nationale Verband der Sauerkonserven-Verpacker und nicht zuletzt das berühmte Schildkrötenrennen. Alle Veranstaltungen muss man sich inklusive Bankett und Festreden vorstellen.
    Bisher hat noch niemand versucht, alle offiziellen Verbände und Organisationen aufzulisten. Die Zahl würde in die Tausende gehen, und immer noch würden viele Gruppen fehlen – all diejenigen, die zwar nicht formal organisiert, dafür aber umso lebendiger und aktiver sind. Auch im Bridge Club eines Stadtviertels werden Ideen ausgetauscht und Meinungen geprägt. Örtliche Meinungsführer machen ihre Autorität ebenso in Bürgerversammlungen und bei Amateurtheatergruppen geltend. Und womöglich gehören Tausende von Frauen unbewusst einer Art gemeinsamen Schwesternschaft an, die in Modefragen dem Diktat einer einzigen Anführerin folgt.
    Die Zeitschrift Life drückte diesen Gedanken auf satirische Weise aus, als sie einem Briten, der von der scheinbar klassen- und kastenlosen Gesellschaft Amerikas angetan war, Folgendes entgegnete:
    »Nein, wir haben keine Klassen und Kasten. Abgesehen von den oberen Vierhundert, den Anzugträgern, den Schnapsschmugglern, den Wall Street-Baronen, den Kriminellen, den Töchtern der amerikanischen Revolution, dem Ku-Klux-Klan, den Kolonialdamen, den Freimaurern, den Kiwaniern und Rotariern, dem Kolumbus-Orden, den Elks, den Zensoren, den Cognoscenti, den Mormonen, den »Helden wie Lindbergh«, den Abstinenzlern, den Politikern, den Anhängern Menckens, den Naiven, den Einwanderern, den Radiomachern und – den Reichen und Armen.«
    Man muss allerdings bedenken, dass all diese Gruppen einander überlappen. Ein und derselbe John Johnes ist Rotarier, Mitglied einer Kirchengemeinde, gehört einer Burschenschaft und einer politischen Partei an, einem Wohltätigkeitsverein, einem Berufsverband, der örtlichen Handelskammer, einer Liga pro oder kontra Prohibition, einer Liga für oder gegen die Senkung der Zölle und einem Golfclub. Die Meinungen, die er bei den Rotariern übernimmt, verbreitet er vielleicht in den anderen Gruppen, wo er größeren Einfluss hat.
    Dieses unsichtbare Geflecht aus Gruppierungen und Verbindungen ist der Mechanismus, der im Auftrag der Demokratie ein gemeinschaftliches Bewusstsein der Massen ausgebildet und ihr Denken vereinfacht hat. Die Existenz einer solchen Struktur zu beklagen, hieße, die Gesellschaft als Ganze zu verwerfen. Es wäre unsinnig, ihre Existenz anzuerkennen, gleichzeitig aber zu erwarten, dass man sich ihrer nicht bedient.
    Der Historiker Emil Ludwig schreibt über Napoleon, dass er »stets vor Anzeichen einer Verschiebung in
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