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Prolokratie: Demokratisch in die Pleite (German Edition)

Prolokratie: Demokratisch in die Pleite (German Edition)

Titel: Prolokratie: Demokratisch in die Pleite (German Edition)
Autoren: Christian Ortner
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Einwohnerkataster ausgewählt wurden. Undemokratisch fand das dort übrigens niemand.
    Zyniker würden vermutlich in diesem Zusammenhang auch noch darauf verweisen, dass per Zufall ermittelte Mandatare à la longue qualifizierter wären als jene, die in einer Parteiendemokratie üblicherweise Karriere machen und deshalb eher als eine Art Negativauslese beschrieben werden müssen.
    Egal, wie man diesen Prozess organisiert, am Ende muss sichergestellt werden, dass ein tollwütiges Parlament, das unmittelbar vor Wahlen Ausgaben beschließt, die nur der Wählerbestechung dienen, unvernünftig und verantwortungslos ist und kommende Generationen enteignet, von irgendjemandem, der dazu legitimiert wurde, gestoppt werden kann. Diese Person oder Institution wird diesen Job nur dann erledigen können, wenn er oder sie sich nicht jenem Volk direkt zur Wahl stellen muss, das dieses Parlament wählt. Denkbar wäre dafür, wenn das Zufallsprinzip oder Monarchen nicht erwünscht sind, auch eine Art von Weisenrat, der einmal demokratisch gewählt wird, sich aber aus sich selbst erneuert, indem seine Mitglieder sich bei Ausscheiden eines Weisen untereinander auf eine Nachfolger verständigen.
    Noch schwieriger wird das Problem zu lösen sein, dass in der zeitgenössischen Demokratie die Anzahl jener immer größer wird, die Nettoprofiteure dieses Systems sind, während der Anteil der Nettozahler immer kleiner wird. Was dazu führt, dass sich die Mehrheit der Gewinner dieser Umverteilungsmaschine immer neue und immer ruinösere Wohltaten auf Kosten der Minderheit herbeiwählt. Dagegen wird auch eine Veto-Instanz nicht ausreichend Schutz gewähren können.
    Eine eher radikale Lösung dieses Problems dachte in seinem Spätwerk »Verfassung der Freiheit« der aus Österreich stammende Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek an: » Es kann vernünftigerweise argumentiert werden, dass den Idealen der Demokratie besser gedient wäre, wenn alle Staatsangestellten oder alle Empfänger von öffentlichen Unterstützungen vom Wahlrecht ausgeschlossen wären. «
    Dafür wird freilich im 21. Jahrhundert keine demokratische Mehrheit mehr zu organisieren sein, die ja die Voraussetzung für einen derart radikalen Schritt wäre. Es ist schlicht und ergreifend die Zahl jener, die von der staatlichen Umverteilungs- und Subventionskrake in der einen oder anderen Form alimentiert werden, bereits viel zu groß geworden. Mit Sicherheit handelt es sich dabei um weit über 50 Prozent der Stimmberechtigten. Dass jene Gruppe mehrheitlich dafür stimmen würde, in Zukunft ihr Stimmrecht zu verlieren, ist ja wohl nicht zu erwarten.
    Schlüssig könnte freilich argumentiert werden, all jenen, die als Nettozahler substantielle Beiträge zur Wohlfahrt der Nettonehmer leisten, eine Art Zweitstimme zu geben, mit der sie die Zusammensetzung einer parlamentarischen Körperschaft, also einer Art »Ausgabenrat«, bestimmen können, die bei besonders kostspieligen Parlamentsbeschlüssen ein Veto- und Mitspracherecht hat.
    Aber selbst wenn derartiges politisch machbar wäre, löste es doch nicht das darunterliegende Strukturproblem, dass es ungesund und wenig wünschenswert ist, dass eine Minderheit von Leistungserbringern eine Mehrheit von Leistungsempfängern auf Dauer alimentiert. Wünschenswert wäre der umgekehrte Zustand. Der Nettozahler als Normalfall, der Nettoempfänger als Ausnahme.
    Das würde nur zu erreichen sein, indem staatliche Subventionen, Zuwendungen, Sozialleistungen und steuerliche Privilegien aller Art radikal gekürzt und gestrichen würden. Das ist wiederum demokratisch wohl erst zu organisieren, wenn der Staat völlig bankrott ist.
    Was übrigens eine blendende, wenn nicht gar die einzige Chance ist, einen demokratisch verfassten Staat ökonomisch ernsthaft und mit der notwendigen Nachhaltigkeit zu reformieren. Neuseeland in den 1980er Jahren und Schweden oder Finnland in den 1990ern belegen das bestens. Sir Adam Douglas, 1984 neuseeländischer Finanzminister und Vater der damaligen radikalliberal inspirierten und unglaublich erfolgreichen Reformen, hat auf die Frage eines Journalisten nach der wichtigsten Voraussetzung für derartige Reformen trocken geantwortet: » Sie müssen als Staat pleite sein – und zwar völlig pleite, sonst geht das nicht «
    Dass der Wähler offenkundig nur the hard way lernt, wenn überhaupt, hängt mit einer anderen Eigentümlichkeit des demokratischen Verfahrens zusammen. Wer ein Auto lenken will, wer eine
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