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Prinzessin oder Erbse

Prinzessin oder Erbse

Titel: Prinzessin oder Erbse
Autoren: Voosen Jana
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knallengen, roten Jogginganzug getauscht, die soeben noch ihr Gesicht umspielenden, kastanienbraunen Haare zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebunden. Ihre braunen Augen leuchten, sie wirkt vergnügt und unheimlich fit. Wie immer.
    »Willst du nicht mal aufstehen?« Sie macht Anstalten, mir die Bettdecke wegzuziehen, die ich mit den Oberschenkeln umklammere.
    »Nö«, knurre ich, drehe mich auf die andere Seite und schließe die Augen. Vielleicht kann ich ja noch mal einsteigen bei der Preisverleihung.
    »Wie lange hast du denn gestern Nacht noch geschrieben? «
    »Du meinst wohl, heute Morgen? Bis halb sechs.«
    »Donnerwetter!« Ich öffne ein Auge und sehe, wie sie neugierig auf meinen Schreibtisch zugeht und einen ehrfürchtigen Blick auf den dort liegenden Stapel beschriebenen Papiers wirft. »Sag nicht, du bist…?« Mit der ihr eigenen Grazie dreht sie sich halb um die eigene Achse und sieht mich mit leuchtenden Augen an.
    »Fertig!« Mit einem Satz springt sie in mein Bett, um mich stürmisch zu umarmen. »Uff«, mache ich.
    »Stell dich nicht so an! Gratuliere!«
    »Ja, danke.« Sie mustert mich skeptisch.
    »Na, du bist ja begeistert.«
    »Ich bin müde. Wieso weckst du mich zu so nachtschlafender Zeit? Wie spät ist es eigentlich?«
    »Gleich halb zehn.« Gut gelaunt beginnt sie damit, meinen Nacken zu massieren. »Du bist total verspannt«,
kommentiert sie knetend, während ich irgendwo zwischen Schmerz und Wohlbehagen stöhne.
    »Und warum bist du um diese Uhrzeit schon so wach und gut drauf?«
    »Was heißt hier schon? Ich bin um sechs aufgestanden und habe bereits ›Yoga für Frühaufsteher‹ unterrichtet. Heute ist doch Montag.« Ach ja, stimmt. Ich werde nie begreifen, dass Menschen sich morgens um sieben zum Sport aufraffen. Auch wenn Julia immer behauptet, dass Yoga so viel mehr ist als nur Sport. »Yoga wäre genau das Richtige für dich. Das wirkt Wunder gegen diese Art von Verspannungen.« Ich grunze unwillig.
    »Sport ist Mord.«
    »Yoga ist so viel mehr als nur Sport«, erwidert sie, und ich grinse in mich hinein.
    »Ja doch, ich weiß! Nächste Woche komme ich mal mit.«
    »Wer’s glaubt«, unkt sie und beendet die Massage. Leider. »Stehst du jetzt auf?«
    »Warum sollte ich?« Mein Job im Call-Center einer Bank beginnt erst um zwölf. Das kommt mir sehr entgegen, weil ich häufig die Nächte durchschreibe. Ich werfe einen wehmütigen Blick auf den Papierstapel auf meinem Schreibtisch. Irgendwie ist es immer wie ein kleiner Tod, wenn man einen Roman abschließt. Ohne jetzt allzu pathetisch klingen zu wollen.
    »Weil du einen Termin bei deinem Agenten hast«, antwortet Julia achselzuckend. »Oder ist der nicht heute?«
    »Verdammt!« Mit einem Satz bin ich aus dem Bett und haste in Richtung Badezimmer. »Ich komme zu spät.«
    »Sag ich doch«, bestätigt Julia gelassen und folgt mir,
während ich bei meinem eigenen Anblick im Spiegel das dringende Bedürfnis verspüre, mich wieder unter der Bettdecke zu vergraben. Meine hellroten Locken stehen mir wie Putzwolle kreuz und quer vom Kopf ab und erinnern an ein frisch geborenes Rosettenmeerschweinchen. Mehr schlecht als recht bändige ich sie mit einer Haarspange, spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht, putze in Windeseile meine Zähne und lege dann ein notdürftiges Make-up auf.
    »Ich finde ja immer noch, du solltest mal braune Wimperntusche ausprobieren. Bei so hellen Augen ist schwarz einfach zu dominant«, fachsimpelt Julia. Als hätte ich keine anderen Sorgen.
    »Können wir darüber sprechen, wenn ich nicht gerade einen Termin mit meinem Agenten verpasse, der sowieso nicht allzu gut auf mich zu sprechen ist?«
    »Natürlich.« Ich werfe einen abschätzenden Blick in den Spiegel. Das muss reichen, für mehr ist keine Zeit. Julia folgt mir zurück in mein Zimmer, wo ich mich in Jeans, hochhackige Stiefel und einen olivgrünen Pullover mit V-Ausschnitt werfe. »Ich finde, dein Agent hat allen Grund, stolz auf dich zu sein«, meint sie und nimmt mein Manuskript in beide Hände. »Du bist fleißig, fantasievoll und stellst kaum Ansprüche. Was kann man sich mehr wünschen von einer Autorin?« Ich sehe sie mit einer Mischung aus Rührung und Verständnislosigkeit an.
    »Wie sollte man auch Ansprüche stellen, wenn keiner lesen will, was man schreibt?«, erkundige ich mich, bemüht, nicht allzu bitter zu klingen.
    »Ich will es lesen!« Sie strahlt mich an.
    »Lieb von dir.« Ich nehme ihr den Stapel aus der
Hand. »Aber jetzt nehme ich es
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