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Prinz der Düsternis

Prinz der Düsternis

Titel: Prinz der Düsternis
Autoren: Horst Hoffmann
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verfinsterte sich noch mehr. Wieder sah er seine Männer an, diesmal jedoch nicht, als erhoffte er sich Schützenhilfe. Fast schien es so, als hätte er Angst, ihnen ihr Ziel zu eröffnen.
    »Am Schattenturm, Prinzessin!« sagte der Vogelreiter scharf, verbeugte sich vor Shezad in einer Geste der Demut und schritt mit hochrotem Kopf davon.
    Shezad sah ihm nach, die kleinen Augen geweitet. Einer der Krieger rief aus: »Am Schattenturm!«
    Die Prinzessin indes brachte kein Wort hervor. Mythor sah, wie die Vogelreiter ihre Tiere davontrieben und sich die Kunde wie ein Lauffeuer unter ihnen verbreitete. Hrobon würde alle Hände voll zu tun haben, seine Männer wieder zu beruhigen. Allein die Wirkung, die die Nachricht hatte, ließ Sadagar schaudern. Mythor wusste ebenso wenig wie der Steinmann über den Schattenturm, obgleich er sich daran erinnerte, Vogelreiter ein-, zweimal diesen Namen nennen gehört zu haben – doch gerade so, als sei es der Name eines schrecklichen Dämons.
    Die Prinzessin bemerkte den auf sie gerichteten fragenden Blick. Sie holte tief Luft und nickte Mythor zu. »Komm zu mir in die Sänfte, Pirat!« forderte sie ihn auf. »Und ihr anderen, benehmt euch wie Männer und rüstet zum Aufbruch!«
    »Du willst Hrobon folgen?« fragte Mythor, nachdem er Sadagar zu No-Ango zurückgeschickt und den Rücken des Diromos erklommen hatte.
    »Wenn es der Wille meines Vaters ist – ja«, antwortete Shezad. »Dann auch zum Schattenturm.«
    Sie brachte dieses Wort nur mit Mühe über die Lippen.
    *
    Es dauerte bei weitem nicht so lange, wie Sadagar im stillen gehofft hatte, bis Hrobon seine Männer soweit beruhigt hatte, dass sie in einigermaßen geordneter Formation aufbrechen konnten. Hrobon kümmerte sich nicht um ihn und No-Ango, der vor Sadagar auf dem Rücken des gewaltigen Laufvogels saß und die Zügel hielt. Spinnenglanz, das Diromo der Prinzessin, schritt fast majestätisch an ihnen vorbei, so als wüsste das Tier, wen es auf seinem Rücken trug. No-Ango und Sadagar reihten sich hinter ihm ein, denn Mythor war noch immer bei Shezad in der Sänfte.
    Hrobon ritt an der Spitze der Karawane. Seine Krieger redeten kaum noch. Jeder schien mit seinen eigenen bangen Gedanken beschäftigt.
    »Der Schattenturm«, murmelte Sadagar. »Mythor wird vermutlich längst wissen, was damit gemeint ist.« Der Steinmann rutschte unruhig auf dem Reittier hin und her. »Aber ganz egal, was es ist – Mythor sollte vorsichtiger sein. Hrobon wird die Demütigung nicht vergessen, die er vor all seinen Männern erfahren hat. Er hasst ihn jetzt noch mehr. Und was tut er so lange in der Sänfte? Mit seinen Weibergeschichten wird es noch ein schlimmes Ende nehmen, das sage ich dir, No-Ango!«
    Doch der Rafher schien kein allzu großes Interesse an Sadagars Befürchtungen zu haben. Er trug noch immer die Bemalung, ein sicheres Zeichen dafür, dass er auch weiterhin die Verbindung zu seinem Stamm suchte.
    Sadagar schwieg beleidigt, beugte sich so zur Seite, dass er am Rücken No-Angos vorbei nach vorn sehen konnte, und stieß pfeifend die Luft aus.
    Der Pilzwald schob sich vor der Karawane in die Höhe. Noch eine halbe Meile mochte es bis zu den ersten Riesengewächsen sein, von denen einige, das ließ sich jetzt schon erkennen, die großen Laufvögel noch an Höhe überragten. Andere Pflanzen schienen hier nicht mehr zu wachsen. Der Boden war unfruchtbar. Es war unheimlich still. Kein Wind ging, und die dunkle Wand in der Ferne schien alle Geräusche förmlich zu verschlucken. Nur dann und wann waren dumpfe, kurze Laute zu hören, die von den Pilzen herkamen. Es hörte sich fast so an, als ob irgend etwas aufplatzte. Dann herrschte wieder Ruhe. Weit und breit schien nichts wirklich zu leben.
    Sadagar seufzte, blickte zur Sänfte hinüber und ließ anschließend seinen Blick über den Himmel schweifen. Dort, wo die Sonne stehen sollte, waren nichts als graue, gelbe und rote Schleier.
    »Ich sehe noch keinen Staub«, sagte Sadagar trotzig.
    »Du willst von mir wissen, ob ich den Schattenturm kenne?« fragte No-Ango anstelle einer Antwort.
    Sadagar fühlte sich ertappt und knirschte mit den Zähnen. »Kannst du meine Gedanken lesen?« Er nahm den Blick nicht mehr von den Riesenpilzen. »Also, kennst du ihn?«
    »Ein jeder hat von ihm gehört.«
    »Ich nicht.«
    »Jeder hier kennt die Legenden, die sich um den Schattenturm ranken. Früher einmal soll dieses Bauwerk eine Bastion der Lichtwelt gewesen sein. Eines Tages aber verschwanden
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