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PR2572-Homunks Botschaft

PR2572-Homunks Botschaft

Titel: PR2572-Homunks Botschaft
Autoren: Arndt Ellmer
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sah sich um, identifizierte die Möbel als seine eigenen und den Raum
als sein Wohnzimmer. Zaghaft ging er ein paar Schritte in Richtung Tür.
Unter seinen Sohlen schmatzte es.
Unrat – und darin ... Zeug, das sich bewegte. Zuerst dachte er an
außer-avedische Lebensformen, aber es waren nur Maden, die sich in den
stinkenden Überresten breitgemacht hatten. Dicke, fette Maden. Mit ihnen
als Köder hätte er ziemlich große Fische aus den zahlreichen
Armen des Ashawar-Deltas ziehen können.
Beim Gedanken an Nahrung und Essen wurde ihm übel. Es lag am Gestank, der
ihm von seinen Schuhen in die Nase stieg. Er nahm das nächstbeste Stück
Stoff und benutzte es als Fußabstreifer.
Zwei Spreizschritte später stand er vor der Wand mit der Servoeinheit.
Er berührte das Servofeld, aber die Bereitschafts-LED blieb schwarz. Keine
Energie ... Nun, das hätte ihn angesichts der defekten Beleuchtung nicht
wundern dürfen. Zu allem Verdruss dunkelte der Holokubus ab und erlosch.
Im Finstern tastete Moor sich an der Wand entlang bis zum Notschalter. Umständlich
fingerte er an der Schutzkappe. Klemmte sie, oder lag es an der Hektik, mit
der er an ihr riss? Noch immer zitterte er am ganzen Körper.
»Geh schon ab!«, zischte er. »Hat sich denn alles gegen mich
verschworen?«
Endlich gab sie nach. Sie rutschte ihm durch die Finger, streifte ihn an der
Wange und klapperte irgendwo hinter seinem Rücken über den Boden.
Mit einem Seufzen legte Jason Moor den Schalter um. Ein leises Summen erklang,
dann aktivierten sich die spärlich verteilten Elemente der Notbeleuchtung.
Schummrig orangefarbenes Licht kroch durch den Raum. Immerhin fiel der Effekt
erhellender aus, als der des Kubus es gewesen war.
Moor sah die wahllos über die Sitzmöbel und die Couch verteilten Klamotten,
allesamt schmutzig und schmierig. Auch die Polster strotzten vor Dreck, ebenso
die Tischplatte, der Boden, die Wände. In dem Dreck lagen auch Programmfolien
und glitzernde Datenkristalle. Teils waren die Folien zerknittert und angerissen.
Meine Güte! Wie sieht es hier aus? War ich das?
Er drehte sich um und starrte zu der Servoeinheit. Die winzige Diode auf halber
Höhe flackerte und leuchtete dann stabil. Sie empfing Energie aus dem gebäudeeigenen
Notfallsystem.
»Servo?«
Statt einer Antwort tauchte eine Meldung in der transparenten Frontplatte auf.
SYSTEM AUSSER BETRIEB!
Langsam dämmerte es Moor, dass das Problem größer war als der
Schmutz und die fehlende Energieversorgung seiner Wohnung.
*
    Das Surren des Reinigungsroboters vermittelte wenigstens ein bisschen Normalität.
Jason Moor suchte die Hygienezelle auf und ließ die achteckige Maschine
derweil Unrat beseitigen, Desinfektionsmittel versprühen und einwirken.
Bis er mit seiner eigenen Säuberung fertig war, hatte der HB8-FX die Oberflächen
gereinigt und tentakelte in Schubfächern, Regalen und anderen Behältern,
aus denen er weiteren Schmutz entfernte.
Langsam verflog Moors Brechreiz.
Die Wohnung glich einem Schlachtfeld, auf dem Wochen gekämpft worden war.
Allerdings erinnerte Moor sich nicht daran. Die Erinnerungslücke
wirkte wie ein Schwarzes Loch; jeder Gedanke an die Ursache der Verwüstung
wurde eingesaugt und verschwand rückstandslos. Nur eine ferne Ahnung von
etwas, das geschehen war, blieb als verblassende Erinnerung. Er bezweifelte,
ob dieses Schwarze Loch jemals wieder etwas von dem hergeben würde, was
es ihm gestohlen hatte.
Er warf einen Blick in den Wandspiegel der Hygienezelle. Ein Fremder starrte
ihn an, ein hohlwangiger Kerl mit dünnem schwarzem Haar, das trotz der
soeben erfolgten Reinigung fettig und strähnig wirkte. Den verwilderten
Bart hatte er sich leidlich sauber abrasiert – von Hand, um die Notenergieversorgung
nicht über Gebühr zu beanspruchen. Lediglich der Augenfarbe hatte
die Zeit nichts antun können. Entsetzt dachte Jason Moor an das verschmierte,
schmuddelige Hemd, das mittlerweile auf dem Boden der Hygienezelle lag, und
den Aufwand, den es gebraucht hatte, die graubraunen Hände wieder manierlich
zu machen, samt der Fingernägel und der rauen Haut.
Das war nicht er gewesen, und er war es doch. – Als hätte jemand ihn
für ein Trivid zurechtgemacht.
Er drehte sich um und lauschte den Geräuschen der Wohnung. Irgendwo gluckerte
und klopfte es. Das war Luft im Leitungssystem. Wie lange hatte wohl im Omega-Tower
des Barranka-Luna-Quartiers keiner mehr Wasser
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