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PR TB 246 Expedition Ins Totenreich

PR TB 246 Expedition Ins Totenreich

Titel: PR TB 246 Expedition Ins Totenreich
Autoren: Perry Rhodan
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verbracht haben wie Sayla die letzten
Minuten seit ihrem Erwachen? Dieses grausige Bewußtsein, alles
schon zu kennen, alles schon erlebt zu haben, dieses Gefühl,
einem Zwang zu unterliegen, Objekt eines unabänderlich
ablaufenden, vorherbestimmten Prozesses zu sein? Erklärte dies
den Fatalismus, mit dem er im Gasthaus zum Weinenden Gott gesprochen
hatte, seine bedingungslose Unterwerfung, seine Resignation im
Angesicht des scheinbar Unvermeidlichen? Wenn ja, dann mußte
das Leben des Präkogs die Hölle gewesen sein; für
Skimmish war der Determinismus nicht nur eine philosophische
Weltanschauung, sondern Wirklichkeit. Er besaß keine
Möglichkeit, das Schicksal zu beeinflussen. Er sah die
Zukunftslinien, und selbst wenn es ihm auf irgendeine Weise gelang,
die Wahrscheinlichkeit der für ihn positivsten Linie zu erhöhen,
war dies dennoch kein Akt des freien Willens. Im besten Fall konnte
er das Schema, in das ihn seine Visionen preßten, erweitern,
aber er konnte es nicht verändern. Und er wußte, was
geschehen würde. Genau wie Sayla die weiteren Worte der
Stahlhand bereits kannte, weil sie sie zuvor schon gehört hatte.
    »In der Scheibe«, sagte die Stahlhand. »Deck
Zwanzig. In unmittelbarer Nähe der Gesetzlosen Zone. Ich weiß
es nicht. Die künstlichen Gärten sind freies Gebiet. Er ist
nicht verpflichtet, meine Fragen zu beantworten, solange er nicht die
Grenze zu deinem privaten Anwesen überschreitet. Ich habe ihn
gefragt. Er hat gesagt, daß er Zeit verkauft.«
    Sayla griff nach ihrem Overall und streifte ihn über.
Merkwürdig, dachte sie. Es kann sich um keine vollkommene
Zeitschleife handeln. Troy wiederholt die Worte, die er an jenem
Morgen gesagt hat, aber der Effekt ist mehr der eines Tonbands. Ganz
gleich, wie ich agiere oder reagiere, ob ich antworte oder Fragen
stelle, er bemerkt es nicht. Er sagt, was er gesagt hat, ohne sich
auch nur dem tatsächlich geführten Dialog anzunähern.
Ich.
    Der Pavillon löste sich auf. Es geschah lautlos und schnell.
Die Stahlhand, das Bett, der Pavillon - alles verschwand von einem
Moment zum anderen und hinterließ nur grenzenloses Grau.
Dämmerige Leere, dunstig in der Ferne, die von keinem Horizont
eingeengt wurde, und in diesem grauen Nichts erblickte Sayla sechs
verschwommene Gestalten. Ihre Umrisse hatten sich der entstofflichten
Unendlichkeit angepaßt und waren unscharf; zwischen den grauen
Schattengestalten und dem grauen Raum existierte keine deutliche
Trennung. Sie gingen allmählich ineinander über, waren
eins, ähnelten dunklen Tupfern in einem Meer der Farblosigkeit.
Sayla kannte diesen Raum. Es ist die Sphäre, dachte sie, die
Sphäre, die ES errichtet hat, um uns zu den Seelenfischern zu
schicken. Und diese Gespenster dort sind meine Begleiter auf dem Weg
ins Totenreich. Die Erkenntnis war so schmerzhaft wie ein
körperlicher Schlag. Wir sind noch nicht zurückgekehrt,
sagte sich Sayla. Die Expedition der Toten ist noch lange nicht zu
Ende. Eine unsichtbare Kraft wirbelte die Gestalten durcheinander.
Für einen
    entsetzlichen Moment tauchte Tayaner Bhans Gesicht vor ihr auf. Es
war leichenblaß und von kreatürlicher Angst entstellt. Der
Tefroder öffnete den Mund, doch ehe er etwas sagen konnte, griff
jene Kraft auch nach Sayla und wirbelte sie davon, ein welkes Blatt
im Herbststurm.
    Die Veränderung kam abrupt.
    Bhans Antlitz wich dem elfenbeinernen Gesicht des Weinenden
Gottes. Tränen tropften aus seinen riesigen, menschlich
wirkenden Augen und versickerten in der borstigen Behaarung der
Wangen. Wie jedesmal, wenn Sayla vor diesem trauernden Götzenbildnis
stand, überkam sie tiefes Mitgefühl und eine Ahnung des
Kummers, der den Weinenden Gott schon seit Jahrtausenden bedrückte.
Sie legte den Kopf in den Nacken und blickte hinauf zu der Wölbung
der Energieblase, zu den Flimmerfeldern, die wie bunte
Weihnachtskugeln durch das Gasthaus tanzten, und sie entdeckte
B'laal, den Gastwirt, der mit ausgebreiteten Fledermausschwingen aus
dem Ballett der bunten Kugeln zu ihr herabschwebte.
    Déja-vu, dachte Sayla bitter. Und schlimmer noch, es ist
nicht nur das Gefühl, eine Situation schon einmal erlebt zu
haben, es ist tatsächlich die Wiederholung der Vergangenheit.
Aber eine Wiederholung, die Fehler aufweist. Eine Anwandlung
schwarzen Humors erfaßte sie. »Hallo, Dracula«,
sagte Sayla zu dem Gastwirt. »Wieviel Tage sind seit unserem
letzten Umtrunk bei frischem Blut und Kerzenschein vergangen?«
    Sie kannte B'laals Antwort bereits.
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