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PR NEO 0052 – Eine Handvoll Ewigkeit

PR NEO 0052 – Eine Handvoll Ewigkeit

Titel: PR NEO 0052 – Eine Handvoll Ewigkeit
Autoren: Rüdiger Schäfer
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Hände abzählen.
    »Ich habe Ihren Bericht eingehend studiert.«
    Der Satz, vom Regenten wie beiläufig hingeworfen, traf da Teffron wie ein Faustschlag. Augenblicklich waren das Misstrauen und die Angst wieder da. Nach seiner Rückkehr aus dem Untergrund des Planeten und der bitteren Erkenntnis, dass die von seinem Landsmann Atlan da Gonozal erschossene Person nur ein perfekter Doppelgänger des Herrschers gewesen war, hatte er den Regenten angelogen. Er hatte ihm die Existenz des Zweistromlands verschwiegen und das, was in den Tiefen von Artekh 17 geschehen war, nicht wahrheitsgetreu wiedergegeben. Nach dem Desaster im Tatlira-System, dem Diebstahl der VEAST'ARK und den auf Palor entflohenen Menschen – alles Ereignisse, für die er die Verantwortung trug – war ihm das Eingeständnis eines weiteren Fehlschlags unzumutbar, ja geradezu lebensgefährlich erschienen.
    Der Tod seines Doppelgängers hatte den Regenten nicht im Mindesten berührt. Er hatte die entsprechende Nachricht ebenso gleichgültig zur Kenntnis genommen wie die Huldigungen der Massen während seiner öffentlichen Auftritte auf Ghewanal. Nach Stiqs Bahroff, der im Zweistromland ebenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit ums Leben gekommen war, fragte er gar nicht erst.
    Das alles hätte da Teffron noch verstanden. Das Ziel der Mission war schließlich die Bergung der Pläne der geheimnisvollen Konverterkanone gewesen, einer Waffe, die den ersten Krieg gegen die Methans zugunsten der Arkoniden entschieden hatte und dann spurlos verschwunden war. Wenn dabei Kollateralschäden zu verzeichnen waren, musste man sie eben in Kauf nehmen.
    Doch selbst diesen Fehlschlag, ein Versagen auf ganzer Linie, hatte der Regent geradezu stoisch registriert und dann mit einer unwilligen Handbewegung abgetan, eine Reaktion, die Sergh da Teffron noch immer nicht einordnen konnte.
    Wozu also die vermeintlich achtlos hingeworfene Bemerkung über den schriftlichen Report, den da Teffron über seine Erlebnisse abgefasst hatte? Hatte der Herrscher etwas gemerkt? War der Bericht fehlerhaft gewesen? Wies er Unstimmigkeiten auf, die dem Herrscher aufgefallen waren und die er nun zur Sprache bringen wollte?
    Es kostete Sergh da Teffron alles, was er an Selbstbeherrschung aufzubringen vermochte, um sich nichts anmerken zu lassen.
    Der Regent war neben ihn getreten und hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Schweigend sah er durch das Panoramafenster auf den Platz hinunter. In der Ferne blitzten die Positionslichter eines Transportschiffs, das rasch an Höhe gewann und schließlich zwischen den grauschwarzen Wolken verschwand.
    Da Teffron blieb ebenfalls stumm. Wenn der Regent tatsächlich etwas ahnte, durfte er nicht den ersten Schritt machen, durfte nicht übereifrig oder gar defensiv wirken.
    »Ein trostloser Ort, finden Sie nicht?« Der Herrscher brach nach einer gefühlten Ewigkeit das Schweigen.
    »Ja, Herr«, stimmte Sergh da Teffron zu. »Doch der Krieg schert sich nicht um den äußeren Schein.«
    »Wahr gesprochen. Arkons Glanz strahlt in unseren Herzen. Man erkennt ihn im Blick der Soldaten, bevor diese ausziehen, um mit ihrem Leben für den Nimbus des Imperiums einzustehen. Er manifestiert sich in den Worten und Taten jedes Bürgers, der im Geist unserer glorreichen Vorfahren spricht und handelt. Wir leben in wahrhaft bedeutsamen Zeiten.«
    Sergh da Teffron wagte es, den Kopf leicht zur Seite zu drehen und das Profil des Herrschers aus dem Augenwinkel zu betrachten. Zwanghaft fixierte er die kaum merkliche Erhebung auf der Brust des Regenten, die die Position des Zellaktivators markierte. Der Schock darüber, dass im Garten Crysalgiras nicht der echte Herrscher, sondern lediglich ein Doppelgänger getötet worden war, saß noch immer tief. War es möglich, dass er es – Aktivator hin oder her – erneut mit einem Double zu tun hatte? Das würde zumindest die unnatürliche Herzlichkeit erklären.
    »Sie haben getan, was in Ihrer Macht stand«, fuhr der Regent scheinbar zusammenhanglos fort. »Falls Sie glauben, dass ich Sie aufgesucht habe, um Ihnen Vorwürfe zu machen, können Sie beruhigt sein. Ich weiß, dass mich viele für ein Ungeheuer halten. Für einen skrupellosen Despoten ohne Werte und Moral. Pragmatismus wird leider oft mit Gewissenlosigkeit verwechselt.«
    Sergh da Teffron hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen, doch er brachte kein Wort heraus. Einen bizarren Moment lang glaubte er, dem Regenten direkt in die Seele schauen zu können,
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