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PR 2692 – Winters Ende

PR 2692 – Winters Ende

Titel: PR 2692 – Winters Ende
Autoren: Leo Lukas
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gesamte Vorgang von Mitarbeitern des Terranischen Residenten Reginald Bull überwacht.
    Yugen traute dem vorgeblichen Heilsbringer nur bedingt. Aber daran, dass auf Bully Verlass war, glaubte er felsenfest.
    Letztlich hatte seine Neugier den Argwohn besiegt. Yugen hatte einen Blick riskiert.
    Und das Paradies geschaut ...
     
    *
     
    Das Paradies ist ein heller, lang gestreckter Raum mit himmelblauen Vorhängen. Wände, Decke, Boden und Möbel sind überwiegend elfenbeinweiß.
    Gegenüber einem offenen Kamin steht ein riesiges, fast fünf Meter breites Sofa. Eine junge, blonde, vollbusige Frau in weißem Abendkleid sitzt zwischen zwei auf sehr unterschiedliche Weise attraktiven Männern.
    Der eine lächelt, dass die makellosen Zähne blitzen. Er strahlt Macht und Souveränität aus.
    Der andere verfügt ebenfalls über reichlich Charisma, wirkt jedoch zurückhaltender, dafür sportlicher. Dass beide die wunderschöne Frau lieben und sie ihrerseits in beide verliebt ist, lässt sich nicht übersehen.
    »Ein wenig kitschig«, befand Yugen Estmon-Winter, »und ziemlich unrealistisch. Dieses Zusammentreffen, meine ich. Marilyn zwischen Joe DiMaggio und JFK? Wann soll das gewesen sein?«
    »Wir sind in keiner Zeit«, sagte Delorian, dessen Anzug sich perfekt in die geschmackvolle, weil stilsichere Art-déco-Einrichtung einfügte. Verschwörerisch zwinkernd spottete er: »Zeitreisen sind verboten. Wie war das noch? Eins, zwei, drei – kommt die Zeitpolizei!«
    »Verstehe. Alles spielt sich nur in meinem Kopf ab.«
    »Natürlich!« Delorian lachte dröhnend. »Aber spielt sich nicht überhaupt alles nur in deinem Kopf ab? Ist nicht die ganze Realität letztlich deine Realität?«
    »Ich weiß nicht. Diese Szene habe ich mir jedenfalls nie bewusst vorgestellt. Obwohl ... Vielleicht wünsche ich mir ja tatsächlich etwas in der Art ...« Yugen fühlte sich irgendwie ertappt.
    »Jeder sieht, was er am meisten begehrt.«
    »Alle gleichzeitig, dein gesamtes Publikum? Respekt vor der Maschinerie deines Schiffes.«
    Delorian machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Im Ernst: Was ist das für ein magisches Gerät?« Als Positronik-Informatiker musste Yugen einfach nachbohren.
    »Ja, wie heißt es gleich?« Delorian tat, als überlege er. Einige Atemzüge verstrichen.
    Dann tippte er Yugen leicht mit Zeige- und Mittelfinger gegen die Schläfe. »Ich denke, man nennt es Gehirn. Oder Gedächtnis. Ich würde andere Bezeichnungen vorziehen. Ich bin da ein bisschen altmodisch, weißt du. Ich würde sagen: der Geist. Der Geist, der wir sind und der begehrt, glücklich zu sein.«
    »Alle gleichzeitig«, wiederholte Yugen, unfähig, sich der Faszination zu entziehen. »Und jeder und jede Einzelne sieht dabei dich als Begleiter?«
    »Ich habe gelernt, vielfältig zu sein.«
     
    *
     
    Links vom Eingang zum Paradies befindet sich das Esszimmer. Es ist voller Persönlichkeiten aus derselben Epoche, deren Höhepunkt die erste Mondlandung bilden sollte.
    Aber nur Juri Gagarin sitzt am überreich gedeckten Tisch, keiner der US-amerikanischen Astronauten. Der russische Raumfahrtpionier scherzt mit Groucho Marx und Ella Fitzgerald.
    Am gegenüberliegenden Ende des Foyers liegt das Musikzimmer. Dort stehen ein klobiger, altertümlicher Bildschirm und ein Konzertflügel, an dem rauchend ein dürrer Mann mit dunkler Sonnenbrille lehnt.
    Die Musik und der unverkennbare Gesang dringen jedoch aus einem anderen Raum, dessen Tür, zwischen der großen Treppe und dem Kamin, halb offen steht.
    »Nur zu«, sagte Delorian. »Geh ruhig hinein. Du bist willkommen. Du bist hier zu Hause.«
    »In Graceland?« Yugen schüttelte den Kopf. Das kam ihm anmaßend vor.
    »Es ist dein Paradies. Komm schon!«
    Mit Mühe überwand Yugen seine Befangenheit, ging zur Tür, die Delorian ihm aufhielt, und trat ein. Scheu, ehrfürchtig sah er sich um.
    Der »Jungle Room« ist mit Tropenhölzern ausgekleidet. Polynesische Schnitzereien verzieren das Mobiliar; Sessel, Couchs und Barhocker sind mit Kunstfellen tapeziert.
    Die Band ... rockt, man kann es nicht anders ausdrücken. Dabei fläzen sich alle Musiker entspannt auf den diversen Sitzgelegenheiten. David Briggs greift in die Tasten, Ronnie Tutt rührt mit lockerem Handgelenk die Trommeln, Jerry Scheffs Bass legt ein verlässliches Fundament.
    Gleich drei Leute spielen Gitarre: James Burton, John Wilkinson ... und der Mann im Zentrum, der, um den sich alles dreht.
    Elvis singt: »I'm so hurt / to things that you lied to
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