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PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS

PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS

Titel: PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS
Autoren: Michael Marcus Thurner
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alles?«
    »Nein.«
    Ich drehe mich um und bemühe mich, meine Freude nicht allzu offen zu zeigen. Sichu ist doch gekommen! Und sie hat Kempo Doll'Arym im Schlepptau.
    »Unserem Freund hier geht es den Umständen entsprechend gut«, sagt sie. »Er hat sich bereit erklärt, sich trotz der Nähe zum Allesfehlen von seinem multifunktionellen Projektor zu entfernen.«
    Ich betrachte den Piloten. Er bietet einen armseligen Anblick. Seine Mundwinkel zucken unkontrolliert, die Hände zittern. Und doch ist seine Stimme klar, als er sagt: »Dieses Nichts ist anders als jenes, das uns Piloten geschwächt hat. Womöglich handelt es sich um eine Art Irrläufer.« Er schweigt und schöpft Atem. »Es hat eine Spur von Hyperstruktur in sich.«
    Sichu winkt einen wartenden Medo-Roboter herbei, redet leise auf den Strukturpiloten ein und streift ihm – mit einer Zärtlichkeit, die mich irritiert – einige Haare aus dem Gesicht.
    Sie überlässt Kempo der Obhut des Roboters und tritt dann näher zu mir. Sie hält mehr Abstand als in den Tagen zuvor. Mein abweisendes Verhalten hat sie tief getroffen.
    »Kempos Ahnungen haben einen realen Hintergrund«, sagt sie. »Wir haben das Vorhandensein höherenergetischer Konstanten angemessen. Ganz im Gegensatz zu allen anderen Bereichen des Allesfehlens gibt es allerdings Spuren von hyperstrukturellen Überbauten.«
    »Inwiefern hilft uns das weiter?«
    »Ich möchte einen Vorschlag machen. Er klingt etwas ungewöhnlich, aber ...«
    »Nur raus damit.«
    Sie blickt mich prüfend an, bevor sie mir ihren Plan unterbreitet. Anfangs zögerlich, dann mit immer mehr Enthusiasmus erzählt sie von ihren Gedanken zum Allesfehlen, von seiner nicht vorhandenen Struktur – und wie man diesen Nichtzustand bereinigen könnte.
    »Du bist verrückt, weißt du das?«, frage ich, nachdem sie geendet hat.
    »Und wenn es funktioniert?«
    »Ich halte das für ausgeschlossen«, mischt sich Iris Shettle ein. »Was für ein hanebüchener und gefährlicher Unsinn!«
    Shaline Pextrel kommt ihr augenblicklich zu Hilfe, mit mehreren dicht beschriebenen Folienblättern in der Hand und eine Reihe von Datenholos hinter sich herziehend.
    Ich höre den beiden erfahrenen Wissenschaftlerinnen nicht zu. Ich habe bloß Augen für Sichu Dorksteiger. Ich betrachte sie mit der Erfahrung des Spielers. Ich ahne, dass sie sehr viel riskiert. Sie könnte sich lächerlich machen und ihren Ruf für alle Zeiten beschädigen, sie könnte das Vertrauen ihrer Kollegen verlieren.
    Doch sie nimmt dieses Risiko auf sich. Weil sie ihrer Intuition folgt.
    »Einverstanden«, sage ich und nickte Sichu zu. »Gehen wir's an.«
    Proteste hageln von allen Seiten auf mich nieder, es kümmert mich nicht. Ich lächle. Ein guter Spieler weiß ganz genau, wann er alles auf eine Karte setzen muss.
    Sichu ist eine gute Spielerin.
     
    *
     
    Wir nähern uns dem Allesfehlen auf Schleichfahrt.
    Mein Herz schlägt rascher; der Zellaktivator versucht mich zu beruhigen.
    »Weiter kann ich's beim besten Willen nicht verantworten«, sagt Tristan Kasom und gibt dem Posbi-Piloten Saaroon den Befehl, das Schiff in gleichbleibendem Abstand zum Rand des Allesfehlens dahintreiben zu lassen.
    »Das sollte reichen.« Ich wende mich Ella Abro zu, der Leiterin der Abteilung Schiffsverteidigung. »Du weißt, was du zu tun hast?«
    Die Plophoserin leckt sich über die Lippen. Auch ihr ist nicht ganz wohl bei der Sache.
    »Ich erwarte, dass Sie meinen Befehl befolgen, Oberstleutnant!«
    Ella nickt und setzt jenes Gesicht auf, das ihr den Ruf eingebracht hat, ein eiskalter Engel des Todes zu sein. Ihre Finger streicheln die Tastfelder ihres Pults. Ruhig und mit zärtlich wirkenden Bewegungen gibt sie die Waffensysteme frei und visiert ihr Ziel an. »Aktion eingeleitet«, sagt sie ruhig.
    Ich fühle und sehe nichts. Bloß auf einigen Datenholos wird die Heftigkeit der sich entwickelnden Gewalten dargestellt. Mich fröstelt.
    MVH-Überlicht-Geschütze. Paratronwerfer. Dissonanz-Geschütze. Hyperpulswerfer. Golfbälle, die eine Hyperkatapult-Wirkung verursachen ...
    Wir setzen alle verfügbaren Waffen der JV-1 ein, die starke Hyperstrahlungen emittieren.
    Wir füllen das Allesfehlen. Wir verpassen ihm einen ausreichend großen Energieschub, um es wieder zum Bestandteil unseres Universums werden zu lassen.
    Es ist Wahnsinn. Wir unternehmen einen unkoordinierten Vorstoß in einen Bereich, über den wir so gut wie nichts wissen. Es kann unmöglich funktionieren.
    »Es funktioniert«,
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