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PR 2540

PR 2540

Titel: PR 2540
Autoren: Unter dem Schleier
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amüsiere er sich angesichts des Chaos, das er hinterlassen hatte. »Bei all den anderen bin ich mir nicht sicher, ob sie die nötige Konsequenz besitzen, so zu handeln, wie es die Situation erfordert.«
    »Du willst tatsächlich die Hälfte aller ...«
    »Ich will gar nichts. Und noch ist es ohnehin nicht so weit. Aber wenn der Zeitpunkt kommt, dürfen wir nicht erst anfangen, über unangenehme Schritte nachzudenken. Wir müssen dann längst so weit sein, ohne weiteren Zeitverlust Entscheidungen zu treffen.«
    Kardo Tarba packte den Alten und zwang ihn dazu, stehen zu bleiben. Sein Ziel, der Eingang in das Wespenschiff, in dem sein Quartier lag, befand sich nur noch wenige Schritte entfernt. »Wir werden es nicht tun.«
    »Bist du dir so sicher?«
    »Noch nie in der Geschichte unseres Volkes hat es etwas Derartiges gegeben!«
    Wieder dieses Schnabelklappern. »Es gab auch noch nie eine Situation wie diese. Zumindest meines Wissens, das durchaus als begrenzt angesehen werden muss.«
    »Ich kenne eine andere Möglichkeit, das Problem zu lösen«, versicherte Tarba.
    »Kapitulation? Uns in Gefangenschaft begeben, um unser erbärmliches Leben zu retten?« Vuran Khitar schüttelte Kardos Griff ab.
    »Erinnerst du dich nicht an das Barihch? Weißt du nicht mehr, wie wir die Immaterielle Stadt sicherten und dabei die Terraner in einem ehrlosen Gemetzel abschlachteten, als wären sie Tiere? Kein Gegner, der etwas auf sich hält, würde nach diesem Erlebnis eine Kapitulation unter annehmbaren Bedingungen akzeptieren! Was mich angeht, so würde ich lieber zu den anderen 44.000 gehören, als mich denen auszuliefern, deren Kameraden wir niedergemetzelt haben.« Der Alte ging weiter, würde bald den Antigravschacht betreten, um nach oben getragen zu werden.
    »Und wer soll es entscheiden?«, rief Kardo Tarba. »Wer trifft die Wahl, wer auf welche Seite der Linie gehört, die Leben von Tod trennt?«
    »Es gibt nützliche Jaranoc und solche, die weniger wichtig sind.«
    »Wie kannst du ...«
    Khitar blieb stehen, wandte sich um und bog den Schwanz seitlich neben den Körper.
    Unwillkürlich verstummte Kardo. Der Alte sah genau so aus wie damals, als er im Lehrsaal dozierte. Die vielen Jahre, die seitdem vergangen waren, schienen mit einem Mal verschwunden.
    »Es geht nicht um konkrete, lebende Soldaten. Nicht um Jaranoc, die mit uns unter der Kuppel gefangen sind. Es geht um ein Problem, das gelöst werden muss. Stell dir vor, wie ein Kriegshistoriker in hundert Jahren auf diese Situation zurückblickt. Wie er analysiert, wie die Entscheidungsträger von damals, wie wir hätten verhindern können, dass alle uns anvertrauten Soldaten sterben müssen.«
    Ein Gedanke blitzte in Kardo Tarba auf und setzte sich mit aller Macht in ihm fest. »Du hast gesagt, eine Kapitulation sei undenkbar. Ich stimme dir zu – aus vielen Gründen. Doch was ist mit dem umgekehrten Fall?«
    Khitar reckte interessiert den Kopf nach vorne.
    »Was«, fragte Kardo, »wenn wir den Stardust-Terranern anbieten, dass sie kapitulieren dürfen?«
    Der Alte trat näher an Kardo Tarba heran. »Du weißt, dass ich lange als Militärstratege gearbeitet habe. Ich habe Generationen von jungen Soldaten in taktischem Denken unterrichtet. Aber das, mein ehemaliger Schüler, das ist wirklich eine erstaunliche Idee.«
    Kardo verzichtete darauf, den Alten wieder einmal darauf hinzuweisen, dass er nicht nur Khitars ehemaliger Schüler, sondern später für einen viel längeren Zeitraum dessen Vorgesetzter gewesen war. Denn um seine Idee im Kreis der Verantwortlichen nicht nur vorbringen, sondern auch durchsetzen zu können, würde er Khitars Fürsprache benötigen.
    Es galt also, den Alten nicht gegen sich aufzubringen, sondern ihm Honigseim unter den Schnabel zu reiben.
    *
    »Ein Bluff«, sagte Kardo Tarba später. »Meine Idee besteht in nicht mehr und nicht weniger als einem äußerst gewagten Bluff. Und das in einer solchen Dimension, dass es schon wieder plausibel erscheinen könnte.«
    Sie standen in Vuran Khitars Privatquartier an Bord des Wespenschiffes. Der Raum war winzig und stellte dennoch einen Luxus dar: Khitar war einer von exakt vier Jaranoc an Bord, denen ein Einzelquartier genehmigt worden war.
    »Sprich!« Der Alte wies beiläufig auf einen Stoba-Konzentratriegel, der sich neben anderen im Regal an der Seitenwand stapelte. »Aber zuvor: Iss!«
    Kardo fragte sich, was der andere damit bezweckte. Nahrungsmittel stellten inzwischen das höchste Gut unter der
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