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Power and Terror

Power and Terror

Titel: Power and Terror
Autoren: Noam Chomsky
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Dämme zu zerstören, weil die Auswirkungen katastrophaler seien, die Leute Hunger leiden würden usw.
    Dennoch sei es taktisch besser, Lkws zu bombardieren, weil sie militärisches Material transportieren könnten, das
    amerikanischen Soldaten Schaden zufügen würde. Also sollten wir uns den Spaß schenken, Dämme zu sprengen und lieber Lastwagen angreifen. Interessanterweise war die Reaktion darauf absolut gleich null.
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    Ich möchte noch einen anderen Fall hinzufügen. Von allen Sachen, die ich geschrieben habe, hat ein Artikel den größten Zorn entfacht. Das war vor 35 Jahren, als ich in einem Kommentar meinte, in den USA stelle sich die Frage, was notwendig sei – Dissens oder Entnazifizierung. Junge, gab das einen Aufruhr! Es ging um folgendes:
    In der New York Times hatte sich ein kleiner Artikel mit einem Vorfall in Chicago befaßt. Das dortige Museum of Science, eine altehrwürdige Institution, hatte in einer Ausstellung ein vietnamesisches Dorf aufgebaut, eine Art von Diorama, darum herum Gewehre, mit denen Kinder auf das Dorf schießen konnten. Ein Spiel also. Einige Frauen hatten sich vor dem Museum zu einer Protestkundgebung versammelt, weil sie diese Art von Spiel ablehnten. Die New York Times tadelte die Frauen, weil sie es wagten, diese wunderbare Unterhaltung für Kinder zu stören. Und dazu meinte ich, man frage sich manchmal, was nötig sei: Dissens oder Entnazifizierung. Das ist durchaus zutreffend, denke ich.
    Was soll man denn sagen, wenn die führende Zeitung der Welt über Frauen herzieht, die gegen dieses herrliche Spiel protestieren, während in Vietnam tatsächlich Dörfer beschossen werden? Es wäre schon schlimm genug, wenn sich so etwas vor Hunderten von Jahren zugetragen hätte, aber es spielte sich direkt vor unseren Augen ab. Und wenn jemand zu protestieren wagt, wird er abqualifiziert.
    Ein weiterer Fall hat direkt mit Japan zu tun. Mitte der sechziger Jahre veröffentlichte die Rand Corporation, ein riesiges Forschungsinstitut mit Verbindungen zum
    Verteidigungsministerium, eine Übersetzung japanischer Antiguerilla-Dokumente aus der Mandschurei und Nordchina.
    Ich las sie und verglich sie in einem Artikel mit entsprechenden US-Dokumenten aus Vietnam. Sie waren sich sehr ähnlich – die gleiche Selbstgerechtigkeit, die gleichen Begründungen, Vorgehensweisen usw.
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    Der Artikel weckte natürlich keine Begeisterung, aber ich kenne nur einen Fall, in dem explizit darauf Bezug genommen wurde. Das war in einem wissenschaftlichen Aufsatz über japanische Greueltaten in der Mandschurei und Nordchina. In einer Anmerkung wurde erwähnt, es gebe da einen interessanten Artikel, der versuche, diese Greueltaten zu rechtfertigen, nämlich meinen. Und wie sah die Rechtfertigung aus? Ich hatte lediglich das, was die Japaner im Zweiten Weltkrieg taten, mit dem verglichen, was die Amerikaner in Vietnam anrichteten.
    Und da alles, was die Amerikaner tun, gut und gerecht ist, stellte mein Vergleich eine Rechtfertigung der japanischen Verbrechen dar.
    Der Autor war außerstande zu erkennen, daß möglicherweise das Gegenteil der Fall war, denn das würde ja bedeuten, daß auch wir bisweilen mal etwas falsch machen.

    Seit vielen Jahren weisen Sie auf diese Diskrepanzen hin. Wie sind Sie eigentlich politisch aktiv geworden?

    Das geht bis in meine Kindheit zurück. Ich weiß noch ganz genau, wann ich meinen ersten Artikel schrieb. Das war im Februar 1939, nach dem Fall von Barcelona [im Spanischen Bürgerkrieg]. Der Artikel drehte sich um die Ausbreitung des Faschismus in Europa. Ich war damals zehn Jahre alt und natürlich noch nicht politisch aktiv. Aber es ist seitdem immer mehr zu einem Teil meines Lebens geworden.
    Ende der fünfziger Jahre gab es eine Ruheperiode, als das ganze Land ruhig war. Aber zu Beginn der sechziger Jahre fing eine neue heiße Phase an, und ich wurde wieder aktiv, wenn auch, wie ich sagen muß, mit Bedauern und einigen
    Befürchtungen, weil man solche Sachen nicht halb tun kann.
    Wenn man erst einmal damit anfängt, kann es einen
    verschlingen, und ich hatte damals viele andere Dinge, die ich 17
    gern tat und nicht aufgeben wollte.

    Aber Sie haben sich dann doch entschieden.

    Irgendwie schon.

    Oder fühlten Sie sich dazu verpflichtet?

    Na ja, als der Vietnamkrieg begann, konnte man sich nicht mehr heraushalten.

    Wie reagierte man in dieser Zeit auf Ihre Aktivitäten?

    Zumeist mit völligem Unverständnis. De facto hatte der Vietnamkrieg für die Vereinigten
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